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Firmen fürchten „düstere Zukunft“ - Ergebnisse der IHK-Umfrage so schlecht wie noch nie

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Von: Sabrina Mehler

Eine Frau ist mit einem Mädchen während des verkaufsoffenen Sonntags mit Einkaufstüten unterwegs.
Die Energiekosten steigen, die Nachfrage sinkt: Die Unternehmen sind besorgt. © Daniel Bockwoldt/dpa

Die aktuelle Geschäftslage ist noch befriedigend, aber die Erwartungen der Unternehmen für die Zukunft sind „miserabel“: Das geht aus der jüngsten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Fulda hervor. So schlecht wie in diesem Herbst waren die Zahlen noch nie.

Fulda - „Ich habe zuerst gedacht, wir haben einen Fehler in den Daten“, sagte Michael Konow, Hauptgeschäftsführer der IHK, als er am Donnerstag den Konjunkturbericht für den Herbst 2022 vorstellte. Doch die Ergebnisse der Erhebung, für die 150 Unternehmen der Region befragt wurden, sind tatsächlich so schlecht, sogar historisch schlecht. „Die steigenden Energie- und Rohstoffpreise lassen die Konjunkturerwartungen über fast alle Branchen hinweg einbrechen“, sagt Konow.

Fulda: Firmen fürchten „düstere Zukunft“ - Prognose auf einem Allzeittief

Zwar bezeichnen knapp 64 Prozent der Firmen die aktuelle Geschäftslage als befriedigend. Wenn es aber um die Erwartungen für die nächsten zwölf Monate geht, dann rutschen die Zahlen in den Keller. „Zwei Drittel aller Unternehmen bewerten die Zukunft als düster und gehen von einer schlechteren Lage als aktuell aus.“ Nur 32 Prozent rechnen demnach mit einer konstanten Geschäftslage aus. Im Mai 2022, bei der letzten Konjunkturumfrage der IHK, lag diese Zahl noch bei 53 Prozent. (Lesen Sie hier: Sorge um Galeria in Fulda: Konzern kündigt Tarifvertrag und bittet Staat um Hilfen)

IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Konow bei der Vorstellung des Konjunkturberichts.
IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Konow bei der Vorstellung des Konjunkturberichts. © Patricia Reimer

Der aktuelle Geschäftsklimaindex, der als Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung sowohl auf die derzeitige als auch auf die erwartete Situation blickt, sinkt von 99,6 auf nur noch 69,5 Punkte. „Das ist der niedrigste je von der IHK Fulda gemessene Wert“, erklärte Konow. Das niedrige Niveau deute auf eine bevorstehende Rezession hin. Der Hauptgeschäftsführer fasste zusammen: „Wir beobachten eine gedämpfte, positive Geschäftslage verbunden mit einer miserablen Erwartung.“

Einen detaillierteren Blick warf Konow auf die beiden großen Branchen Industrie und Handel, die auch in der Region die größte Rolle spielen. Gefragt nach den größten Risiken für ihr Unternehmen, lautete die mit Abstand häufigste Antwort: die steigenden Energie- und Rohstoffpreise. 86 Prozent der Betriebe wiesen darauf hin. Es folgten in den Antworten der Fachkräftemangel (62 Prozent), höhere Arbeitskosten (58 Prozent), sich verschlechternde wirtschaftliche Rahmenbedingungen (57 Prozent) sowie eine schwindende Inlandsnachfrage (52 Prozent). (Lesen Sie auch: Bleiben bald die Öfen kalt? Explodierende Preise machen Bäckereien zu schaffen)

Unternehmen bewerten steigende Energie- und Rohstoffpreise als größtes Risiko

Es gibt allerdings größere Unterschiede zwischen Handel und Industrie: Vor allem die Industrie-Unternehmen, die häufig von Gas abhängig sind, klagen über die hohen Preise. Und der Handel sorgt sich über die Nachfrage, die derzeit einbricht. Waldemar Dombrowski, Chef der Agentur für Arbeit Bad Hersfeld-Fulda, der bei der Vorstellung des Berichtes ebenfalls anwesend war, erklärte: „Diese Sorge des Handels korreliert mit dem Angstsparen vieler Menschen: Viele halten jetzt ihre Spargroschen zusammen, was menschlich verständlich ist, aber für den Handel tödlich sein kann.“

Die Konjunkturerwartung wird sich vermutlich auch bei den Investitionen auswirken: Laut den Daten, die Konow vorstellte, werden die Unternehmen „voraussichtlich weniger investieren“ – und wenn, dann eher in Ersatzbeschaffungen als etwa in die Ausweitung ihrer Produktionskapazitäten.

Einen Lichtblick gibt es allerdings im Konjunkturbericht: Die Finanzlage der hiesigen Betriebe scheint nicht ganz so schlecht zu sein: 67,9 Prozent bezeichnen diese als „unproblematisch“. 2,5 Prozent der insgesamt 150 befragten Unternehmen sind von Insolvenz bedroht.

Video: Umfrage: Viele Mittelständler fürchten um ihre Existenz

Einen Hinweis darauf, wie die Wirtschaft mit den gestiegenen Kosten umgeht, gibt die IHK ebenfalls: 62 Prozent geben nämlich die hohen Preise an ihre Kunden weiter: In der Industrie ist das zu 77 Prozent der Fall, im Handel zu 50 Prozent. Eine weitere Frage, die die Industrie- und Handelskammer gestellt hat, betrifft die drohende Gasmangellage im Winter: Während fast 29 Prozent der Unternehmen angaben, dass sie kein Gas benötigen, erklärten immerhin 46,4 Prozent und damit fast die Hälfte, dass sie bei einer Drosselung des Gasverbrauchs ab 25 Prozent die Produktion einstellen müssten.

Konow erklärte: „Die regionale wirtschaftliche Entwicklung hängt stark davon ab, wie sich die Preise weiterentwickeln und wie treffsicher politische Stützmaßnahmen sind.“ Mögliche Einschränkungen durch die Corona-Pandemie könnten die Konjunktur zusätzlich negativ beeinflussen.

Konows Ansicht schloss sich Waldemar Dombrowski an: „Ich wünsche mir, dass das, was in Berlin entschieden wird, auch zügig umgesetzt wird.“ Denn falls den Unternehmen nicht schnell geholfen wird, „dann ist das für viele der Sargnagel“.

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