Forum der Sparkasse in Fulda: Wirtschaftsexperte sieht Globalisierung vor Wende

Die Deutschen müssen sich darauf einstellen, dass der Handel nicht mehr in dem Maße für Wohlstand sorgen wird wie in den vergangenen Jahrzehnten. Das war die Kernthese von Prof. Dr. Moritz Schularick am Mittwochabend vor 600 Zuhörern beim Forum der Sparkasse Fulda.
Fulda - Seit vielen Jahren lädt die Sparkasse Fulda Kunden zu einer Jahresauftakt-Veranstaltung ein. Nach der Corona-Pause veranstaltete das Institut, das zuletzt aufgrund eines höheren Volumens und eines besseren Ergebnisses zufrieden auf 2022 zurückblickte, jetzt wieder ein Sparkassen-Forum.
„Die Pandemie hat gezeigt, wie dünn das Eis ist, auf dem wir uns bewegen: Wie wenig selbstverständlich Gesundheit, Wohlstand und Frieden sind und in welch großen Abhängigkeiten unsere Volkswirtschaft agiert“, sagte Sparkassen-Chef Uwe Marohn in seiner Begrüßung.
Forum der Sparkasse in Fulda: Wirtschaftsexperte sieht Globalisierung vor Wende
Diese Abhängigkeiten beleuchtete der Referent des Abends, Prof. Dr. Moritz Schularick (47). Er ist aktuell einer der profiliertesten Volkswirte in Deutschland. Der Bonner Professor wird im Juni Präsident des renommierten Kiel Instituts für Weltwirtschaft. „Ich habe keine erfreulichen Nachrichten mitgebracht“, begrüßte der Ökonom das Publikum.
„Uns steht ein Wechsel der Rahmenbedingungen bevor, der in den Köpfen noch gar nicht angekommen ist.“ In den vergangenen Jahrzehnten habe sich die Wirtschaft weltweit vernetzt. Von der Globalisierung und dem Wachstums des internationalen Handels habe kein Land so sehr profitiert wie Deutschland.
Die Wirtschaftspolitik muss die Geo- und die Sicherheitspolitik stärker berücksichtigen.
„Die Handelsüberschüsse waren so hoch wie nie in Deutschlands Geschichte.“ Zugleich habe die Globalisierung für einen starken Rückgang der Armut in der Welt gesorgt. Seit 2010 wachse der Welthandel nicht mehr, berichtete Schularick. Vor allem aber ändere sich in den USA das politische Klima.
„Washington sieht vermehrt die politischen und wirtschaftlichen Kosten der Globalisierung: Die offene Weltwirtschaftsordnung hat die Welt nicht friedlicher gemacht. Zudem trug sie zu einem Aufstieg des Populismus in vielen Ländern bei und erhöhte Abhängigkeiten – etwa von Russland und China.“
Die USA wollten den Handel jetzt mehr einsetzen, um ihre außenpolitische Position zu verteidigen – vor allem gegenüber China. Amerika strebe an, selbst oder mit Partnern wie der Europäischen Union, die Kontrolle über die grüne Technik, die für die Energiewende gebraucht wird, und die Entwicklung neuer Computerchips zu behalten oder zu gewinnen.
Video: Wo Deutschland wirklich von China abhängig ist - und wo nicht
Was bedeutet das für Deutschland? „Die Wirtschaftspolitik muss die Geo- und die Sicherheitspolitik stärker berücksichtigen. Ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen, dass ein Unternehmen jetzt in China investiert, ohne dass man darauf schaut, welche Folgen das für die Stärke dieses Landes hat.“
Deutschland müsse auch früh klar machen, wo es in einem möglichen Konflikt zwischen China und Amerika stehe, an der Seite der USA nämlich. Nach Schularicks sorgenvoller Skizze beruhigte Landrat Bernd Woide (CDU) in seinem Schlusswort: Angesichts starker Unternehmen, guter Schulen und einer stabilen Sparkasse, die im April 2022 die Öffnungszeiten ihrer Filialen deutlich reduziert hatte, habe die Region allen Grund, mit Optimismus in die Zukunft zu blicken.