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Fotograf Michael Gutsche berichtet von Arktis-Expedition - 300 Zuhörer an der Hochschule Fulda

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Von: Daniela Petersen

Drei Monate lang war der Fuldaer Fotograf Michael Gutsche an Bord des Forschungsschiffs „Polarstern“. Vor etwa 300 Zuhörern berichtete er nun von seinen Erlebnissen. 
Drei Monate lang war der Fuldaer Fotograf Michael Gutsche an Bord des Forschungsschiffs „Polarstern“. Vor etwa 300 Zuhörern berichtete er nun von seinen Erlebnissen.  © Jonas Wenzel

300 Leser der Fuldaer Zeitung kamen am Freitagabend in den Genuss eines ganz besonderen Erlebnisses: Sie wurden Teil einer Reise zum Nordpol, die der Fuldaer Michael Gutsche als Mitglied der größten Arktis-Expedition aller Zeiten unternahm. Zudem wurden sie über neueste Erkenntnisse der Klimaforschung informiert. Expeditionsleiter Markus Rex aus Potsdam höchstpersönlich war auf Einladung unserer Zeitung nach Fulda gekommen und stellte sich bei der Veranstaltung den Fragen von FZ-Politikchef Bernd Loskant.

Fulda - Es waren nicht nur die beeindruckenden Fotos, die bei der Veranstaltung am Freitagabend für Staunen sorgten, sondern auch die spannenden Erzählungen, mit denen Michael Gutsche von dem wohl größten Abenteuer seines Lebens berichtete. Unter dem Titel „Das dünne Eis der Arktis – Meine Reise ins Epizentrum des Klimawandels“ sprach er in Halle 8 an der Hochschule Fulda von rauen Nächten auf See, Frostbeulen und dem Gefühl, sich auf einer Arche Noah zu befinden.

Fulda: Fotograf Michael Gutsche berichtet von Arktis-Expedition

Drei Aufgaben habe er im Team übernommen: als Fotograf, Kommunikationsmanager und – Eisbär-Wächter. „Immer wenn in den Forschungsstationen gearbeitet wurde, stand jemand draußen und hat die Umgebung nach Eisbären abgesucht“, erklärte Gutsche. Eine weitere Person habe auf der „Polarstern“ Wache geschoben. So sei es nie zu brenzligen Situationen gekommen – auch wenn insgesamt 60 Eisbären gesichtet worden seien. „Zwei Mal gab es direkte Begegnungen, aber es sind weder Eisbären noch Menschen zu Schaden gekommen“, sagte der Fotograf.

Dass er überhaupt Teil dieser Expedition sein durfte, verdankte er wohl auch seinem Durchhaltevermögen: Denn er musste zuvor ein Bewerbungsverfahren durchlaufen, Tests bestehen und sich körperlich vorbereiten. Diese Reise in die zwar wunderschöne, aber auch menschenfeindliche Welt verlangte ihm einiges ab. „Es war selten wärmer als minus 40 Grad“, erklärte er. Bei diesen Temperaturen zu fotografieren, das sei nicht nur für den Fotografen schwierig. Gutsche musste im Vorfeld zusehen, dass die Kamera-Ausrüstung funktionstüchtig bleibt und sich die Akkus nicht zu schnell entladen. „Ich habe mir deshalb eine Art Heizung in den Rucksack gebaut, und am Körper trug ich eine Powerbank als Unterstützung für die Akkus.“

Und noch etwas hatte Gutsche im Vorfeld bedacht: sich Tourenskier mitzunehmen. Dieser Umstand sorgte für seinen wohl schönsten Tag während der gesamten Expedition: An Ostern konnte Gutsche zusammen mit einem Norweger eine Skitour machen. Das sei unvergesslich gewesen. „Aber in jeder Minute waren wir auf der Hut vor Eisbären.“ Und Gutsche schilderte auch, dass ihm an diesem Tag sein Lieblingsfoto gelang: Es zeigt ein fünf Meter hohes Presseisstück und im Hintergrund die „Polarstern“. Mit einer anschließenden Frage brachte Gutsche das Klimaproblem auf den Punkt: „Wird es solche Fotos noch in 50 Jahren geben?“

„Unsere Generation kann das Eis noch retten“: Expeditionsleiter Markus Rex über den Klimawandel

Über den Klimawandel und dessen sichtbare Folgen sprach am Freitagabend auch Professor Dr. Markus Rex, der zu dem Thema ein Buch („Eingefroren am Nordpol“) geschrieben hat. Der Leiter der Expedition gab in der Fuldaer Hochschule einen Einblick über die wissenschaftlichen Erkenntnisse. 

„Bei der Expedition ging es darum, das Klimasystem besser zu beschreiben, um festzustellen, wie viel CO2-Freisetzung wir uns erlauben wollen.“ Die Arktis sei das Epizentrum der Erderwärmung. Das Eis schmelzen zu sehen, sei eine Tragödie, aber Rex betonte auch: „Unsere Generation kann das Eis noch retten.“

Drei Monate lang war der Fuldaer Fotograf Michael Gutsche an Bord des Forschungsschiffs „Polarstern“. Vor etwa 300 Zuhörern berichtete er nun von seinen Erlebnissen. 
n seinem Buch „Eingefroren am Nordpol“ beschreibt Professor Dr. Markus Rex eindrucksvoll die Folgen des Klimawandels. Darüber sprach er auch am Freitagabend in der Fuldaer Hochschule. © Jonas Wenzel

In einer Gesprächsrunde mit dem Leiter der Politikredaktion, Bernd Loskant, erklärte er, dass der Klimaschutz nur dann funktionieren könne, wenn er auch ökonomisch erfolgreich sei. Die Politik müsse Rahmenbedingungen und Anreize für Klimaschutz schaffen. „Wir brauchen Mehrheiten für den Klimaschutz“, betonte er. Protest – etwa wenn Aktivisten Gemälde beschädigen – hält er für schädlich. „So etwas ist denkbar ungeeignet, um Mehrheiten zu bekommen und rückt den Klimaschutz in die Spinnerecke. Das tut uns überhaupt nicht gut.“ Klimaschutz müsse frei von Ideologien sein. 

Eine Expedition wie diese ist in der heutigen Welt nicht vorstellbar. 

Expeditionsleiter Professor Dr. Markus Rex

Rex war 1992 das erste Mal in der Arktis. „Es packt einen, wenn man mal im Eis war“, sagte er und sprach von einer „brillanten Schwärze“, die sich in Polarnächten zeige. „Da fühlt man sich, als wäre man nicht mehr auf der Erde unterwegs.“ Im Laufe der Jahre habe er viele Expeditionen unternommen.

Bereits vor zehn Jahren sei die Idee entstanden, eine Forschungsmission wie „MOSAiC“ zu starten. Wissenschaftler aus 20 Ländern nahmen daran teil. Vor allem Russland habe einen wichtigen Beitrag geleistet und mit den stärksten Eisbrechern und den erfahrensten Kapitänen maßgeblich zum Erfolg beigetragen. „Eine Expedition wie diese ist in der heutigen Welt nicht vorstellbar. Das geht nur, wenn man mit Russland kooperiert“, bedauerte Rex.

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