Das half der Stadt nicht weiter. Also beauftragte sie den Marburger Historiker Alexander Cramer, die Rolle Danzebrinks und der Fuldaer Stadtverwaltung in einer Doktorarbeit zu untersuchen. Das Ergebnis liegt jetzt seit März – auch in einer englischen Übersetzung – öffentlich vor. Es kann im Internet von jedermann eingesehen werden. (Lesen Sie dazu: Aufarbeitung der NS-Zeit in Fulda - Wissenschaftliche Arbeit zu Danzebrink liegt jetzt vor)
Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld (CDU) erklärt: „Uns ist wichtig dass diese Untersuchung allen Interessierten zugänglich gemacht wird, damit sie sich eine eigene Meinung bilden können. Der komplette Text wird dauerhaft auf der städtischen Webseite abrufbar bleiben.“ Zur Frage, ob die Stadt die Dr.-Danzebrink-Straße nun umbenennen soll, äußert sich Historiker Cramer in seiner Arbeit allerdings nicht.
Am Montagabend sollen die Stadtverordneten entscheiden. Wenige Stunden zuvor, am Montagvormittag, tritt der Magistrat zusammen, um sich auf einen Vorschlag zu einigen. Das letzte Wort haben die Stadtverordneten.
OB Wingenfeld geht in die beiden Sitzungen mit einer klaren Haltung. „Uns allen, die wir das Glück haben, in Frieden und Freiheit aufgewachsen zu sein, steht es nicht zu, ein Urteil über das Verhalten Danzebrinks zu fällen. Wir wissen nicht, wie wir uns unter den damaligen Umständen verhalten hätten.“
Bei der aktuellen Debatte um Danzebrink gehe es aber nicht um Schuldzuweisungen, betont der Oberbürgermeister. „Vielmehr geht es um die Frage, ob insgesamt eine tragfähige Grundlage für eine Straßenbenennung als Ausdruck einer besonderen Ehrung der Person vorliegt.“
Wingenfeld will sich vor den beiden Gremiensitzungen nicht öffentlich festlegen, aber klar ist: Nach der Vorlage der historischen Studie von Cramer ist Danzebrink kaum eine Persönlichkeit, die von der Stadt besonders geehrt werden dürfte. Cramers Arbeit macht deutlich, dass Danzebrink ein wichtiger und williger Helfer des NS-Staates war. Der Straßenname dürfte kippen.
Die Stadtverordneten werden am Montag über die Umbennung der Dr.-Danzebrink-Straße entscheiden und darüber, ob die Stadt sein Portrait aus der Ehrengalerie entfernen soll.
Wie ist die persönliche Haltung Wingenfelds? „Es handelt sich um zwei unterschiedliche Themen. Bei der Benennung einer Straße nach einer Person handelt es sich um eine besondere Ehrung für diese Persönlichkeit, in der Regel für das Lebenswerk. Bei der Frage des Porträts geht es darum, wie wir als Stadt mit unserer Vergangenheit umgehen, welche Erinnerungskultur wir pflegen. Ich setze darauf, dass Magistrat und Stadtverordnetenversammlung die sensiblen Themen in würdiger Weise beraten.“