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Überwältigende Mehrheit im Stadtparlament: Danzebrink-Straße in Fulda wird umbenannt

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Von: Volker Nies, Sabrina Mehler

Die Fuldaer Stadtverordneten haben am Montag darüber entschieden, ob die Danzebrink-Straße in Fulda umbenannt wird.
Die Fuldaer Stadtverordneten haben am Montag darüber entschieden, ob die Danzebrink-Straße in Fulda umbenannt wird. © Daniela Petersen

Die Frage beschäftigt Fulda seit Jahren: Wie soll sie mit der Erinnerung an Dr. Franz Danzebrink umgehen, der während der zwölf Jahre der Nazi-Diktatur Oberbürgermeister war? Am Montag haben die Stadtverordneten entschieden.

Update vom 23. Mai, 20.02 Uhr: Die Fuldaer Stadtverordneten haben am Montagabend mit überwältigender Mehrheit dafür gestimmt, die nach dem früheren Oberbürgermeister benannte Dr.-Danzebrink-Straße umzubenennen.

Sein Porträt soll in der Galerie im Stadtschloss belassen werden, aber seine Rolle während der NS-Zeit durch eine Informationstafel beschrieben werden.

Fulda: Danzebrink-Straße wird umbenannt - Überwältigende Mehrheit

Die meisten Fraktionen waren sich in ihren Reden einig und bezogen sich auf die erstellte Studie, die Dr. Franz Danzebrink eine regimestabilisierende Bedeutung zuweist. Die AfD/Bündnis C-Fraktion enthielt sich ihrer Stimme, der Vertreter von Bürger für Osthessen stimmte dagegen.

Lesen Sie hier die Erstmeldung vom 23. Mai, 7.12 Uhr:

Fulda - Ein Artikel unserer Zeitung über Danzebrink war im April 2015 Auslöser der Debatte. Denn der Artikel rief in Erinnerung, dass die Stadt Fulda 1964 am Aschenberg eine Straße nach Dr. Danzebrink benannt hatte. Diskutiert wurde die Frage: Darf in einer demokratischen Stadt im 21. Jahrhundert eine Straße nach einem Oberbürgermeister der Nazi-Zeit benannt sein? Verbunden damit war die Frage, ob das Portrait-Gemälde Danzebrinks in der Ehrengalerie der anderen ehemaligen OBs bleiben darf.

Fulda: Danzebrink-Straße bald Geschichte? Stadtparlament entscheidet heute

Schon im Mai 2015 setzte die Stadt eine Expertenkommission ein, die das Wirken Danzebrinks untersuchen sollte. Doch die sechs Fachleute konnten sich auf kein gemeinsames Urteil einigen. Sie legten stattdessen im Frühjahr 2016 sechs einzelne Stellungnahmen vor. Im Ergebnis gab es damals drei Stimmen für eine Umbenennung der Dr.-Danzebrink-Straße und drei Stimmen dagegen.

Das half der Stadt nicht weiter. Also beauftragte sie den Marburger Historiker Alexander Cramer, die Rolle Danzebrinks und der Fuldaer Stadtverwaltung in einer Doktorarbeit zu untersuchen. Das Ergebnis liegt jetzt seit März – auch in einer englischen Übersetzung – öffentlich vor. Es kann im Internet von jedermann eingesehen werden. (Lesen Sie dazu: Aufarbeitung der NS-Zeit in Fulda - Wissenschaftliche Arbeit zu Danzebrink liegt jetzt vor)

Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld (CDU) erklärt: „Uns ist wichtig dass diese Untersuchung allen Interessierten zugänglich gemacht wird, damit sie sich eine eigene Meinung bilden können. Der komplette Text wird dauerhaft auf der städtischen Webseite abrufbar bleiben.“ Zur Frage, ob die Stadt die Dr.-Danzebrink-Straße nun umbenennen soll, äußert sich Historiker Cramer in seiner Arbeit allerdings nicht.

Oberbürgermeister Wingenfeld: Wissen nicht, wie wir uns damals verhalten hätten

Am Montagabend sollen die Stadtverordneten entscheiden. Wenige Stunden zuvor, am Montagvormittag, tritt der Magistrat zusammen, um sich auf einen Vorschlag zu einigen. Das letzte Wort haben die Stadtverordneten.

OB Wingenfeld geht in die beiden Sitzungen mit einer klaren Haltung. „Uns allen, die wir das Glück haben, in Frieden und Freiheit aufgewachsen zu sein, steht es nicht zu, ein Urteil über das Verhalten Danzebrinks zu fällen. Wir wissen nicht, wie wir uns unter den damaligen Umständen verhalten hätten.“

Bei der aktuellen Debatte um Danzebrink gehe es aber nicht um Schuldzuweisungen, betont der Oberbürgermeister. „Vielmehr geht es um die Frage, ob insgesamt eine tragfähige Grundlage für eine Straßenbenennung als Ausdruck einer besonderen Ehrung der Person vorliegt.“

Wingenfeld will sich vor den beiden Gremiensitzungen nicht öffentlich festlegen, aber klar ist: Nach der Vorlage der historischen Studie von Cramer ist Danzebrink kaum eine Persönlichkeit, die von der Stadt besonders geehrt werden dürfte. Cramers Arbeit macht deutlich, dass Danzebrink ein wichtiger und williger Helfer des NS-Staates war. Der Straßenname dürfte kippen.

Wird Danzebrink-Porträt aus Ehrengalerie entfernt? Stadtverordnete entscheiden heute

Die Stadtverordneten werden am Montag über die Umbennung der Dr.-Danzebrink-Straße entscheiden und darüber, ob die Stadt sein Portrait aus der Ehrengalerie entfernen soll.

Wie ist die persönliche Haltung Wingenfelds? „Es handelt sich um zwei unterschiedliche Themen. Bei der Benennung einer Straße nach einer Person handelt es sich um eine besondere Ehrung für diese Persönlichkeit, in der Regel für das Lebenswerk. Bei der Frage des Porträts geht es darum, wie wir als Stadt mit unserer Vergangenheit umgehen, welche Erinnerungskultur wir pflegen. Ich setze darauf, dass Magistrat und Stadtverordnetenversammlung die sensiblen Themen in würdiger Weise beraten.“

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