Hitzige Debatte um Verkauf der Franziskaner-Bibliothek: Experten nehmen Arbeit auf

Der Franziskanerorden und antonius äußern sich in einem Pressegespräch zum Verkauf der Bibliothek am Frauenberg in Fulda. Kritik aus den sozialen Netzwerken weist antonius zurück. Jetzt nimmt die Arbeitsgruppe der Stadt die Arbeit auf.
Update vom 18. Januar, 11.55 Uhr: Die von der Stadt Fulda geplante Arbeitsgruppe zur Frauenberger Klosterbibliothek hat sich formiert und nimmt ihre Arbeit auf. Das teilte die Magistratspressestelle mit.
Ziel sei die koordinierte Sichtung unter anderem durch Experten der Stadt und der Hochschul-, Landes- und Stadtbibliothek sowie die Bewertung der ehemaligen Bestände der Klosterbibliothek, die 2020 vom Franziskanerorden an einen Online-Buchhändler in Sachsen veräußert worden waren. Dabei soll auch ausgelotet werden, inwieweit wichtige und für Fulda relevante Bücher für die Region gesichert und erworben werden können.
Fulda: Arbeitsgruppe zur Klosterbibliothek am Frauenberg startet
Die Stadt dankt laut Pressestelle jenen, die sich in den vergangenen Wochen für die historischen Buchbestände eingesetzt haben. Teilweise gebe es private Bestrebungen, mit dem Buchhändler in Kontakt zu treten, um Bücher zu kaufen. „Dieses außergewöhnliche bürgerschaftliche Engagement zeugt von der großen emotionalen Bindung, die viele Fuldaerinnen und Fuldaer zum Kloster Frauenberg haben“, sagte Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld (CDU). Er empfehle jedoch allen, die sich für die Bibliothek einsetzen wollen, sich mit der Arbeitsgruppe in Verbindung zu setzen, um das Vorgehen zu koordinieren sowie den Erwerb zentral zu steuern. Die Arbeitsgruppe ist erreichbar über die Koordinatorin der Stadtverwaltung, Petra Hohmann-Balzer, unter Telefon (06 61) 1 02 10 24 oder per E-Mail.
Erstmeldung vom 13. Januar: Fulda - Zu Unrecht und unfair werde antonius in der Debatte um den Verkauf der Franziskaner-Bibliothek am Frauenberg in Fulda gerade in den „sozialen Medien“ angegangen, beklagt Stiftungsratsvorsitzender Rainer Sippel in dem Gespräch. Zuvor hatte bereits der Franziskanerorden Kritik zurückgewiesen. Auch Politiker hatten zum Verkauf der Bibliothek Stellung genommen.
Es gibt, so der langjährige antonius-Geschäftsführer, massive Vorwürfe in der Richtung, dass antonius am Frauenberg die Franziskaner-Bibliothek herausgedrängt und „Kulturgut verscherbelt“ habe. „antonius ist eine Bürgerstiftung, deren Auftrag es ist, die Idee der Inklusion, der Teilhabe behinderter Menschen, voranzubringen“, betont Sippel. Die Franziskaner am Frauenberg in Fulda seien beim Verfolgen dieses Ziels ein wichtiger Partner.
Fulda: Debatte um Verkauf der Franziskaner-Bibliothek geht weiter
Und gerade die franziskanische Tradition, die auch viel mit der bei antonius gepflegten Pädagogik zu tun habe, sei bedeutsam. Daher sei man froh, den Orden in Fulda zu haben und behalten zu können. Allerdings sei die Corona-Pandemie für die Arbeit mit behinderten Menschen an sich und für das Frauenberg-Projekt eine „existenzielle Bedrohung“.
Daher sei es wichtig klarzustellen, dass antonius in keiner Weise „treibende Kraft“ bei der Entscheidung des Ordens gewesen sei, die Bibliothek aufzugeben. Pater Cornelius und Sippel unterstrichen, man sei zuversichtlich, das Projekt auf dem Frauenberg gemeinsam weiterzuführen.
Private Rettungsaktion: Exil-Fuldaer kauft Buch aus ehemaliger Franziskaner-Bibliothek zurück

Exil-Fuldaer kauft Buch zurück
Auf ungewöhnliche Weise hat ein gebürtiger, im Ausland lebender Fuldaer auf die Nachricht vom Verkauf der Franziskaner-Bibliothek reagiert: Er kaufte kurzerhand das antiquarisch angebotene Buch, dessen Foto den Artikel illustrierte, zurück. Sofern es nicht in irgendeinem Depot verschwindet, möchte der 67-Jährige, der seinen Namen nicht öffentlich machen will, den Band als Dauerleihgabe der Stadt überlassen.
„Die besagte FZ hatte ich so gegen 7 Uhr am Morgen gelesen – und um 7.30 Uhr hatte ich das dort abgebildete Buch nach einer kleinen Such-Odyssee für Fulda gerettet“, schreibt der Mann. „Nach zwei Tagen konnte ich es in meinen Händen halten.“ Für die 1699 gedruckten „Curieusen und Historischen Reisen durch Europa“ hat er einen dreistelligen Euro-Betrag ausgegeben.
Arbeitsgruppe der Stadt Fulda will die wichtigsten Bücher zurückholen
„Die Kernfrage ist zu klären, was von den rund 140.000 Büchern vom Frauenberg, die in Löbnitz stehen, für Fulda wirklich wichtig ist.“ So skizziert Fuldas Kulturamtsleiter Dr. Thomas Heiler die Aufgabe der städtischen Arbeitsgruppe, die sich mit der Folge des Verkaufs der Franziskaner-Bibliothek befasst. Zu deren Kern-Team gehört neben Heiler die Leiterin der Hessischen Landesbibliothek, Dr. Marianne Riethmüller.
In einem Gespräch mit der Redaktion betonten Heiler und Dr. Alessandra Sorbello Staub, Leiterin der Bibliothek an der Theologischen Fakultät, der inzwischen auch als Excel-Tabelle digital vorliegende Katalog reiche für eine Beurteilung nicht aus: Eine „Autopsie vor Ort“ (Dr. Heiler) sei wichtig – aber angesichts eines Buchbestands mit rund 1,5 Kilometern Regallänge auch nicht einfach.
Es gebe ein gewisses Entgegenkommen beim Antiquariat bookfarm. „Die Excel-Tabelle gibt keine Hinweise auf die Herkunft eines Bands – und gerade eventuelle Anmerkungen machen ein Buch zum Individuum“, so Sorbello Staub. Sie habe bei einem ersten Ortstermin „rund 1500 Bände von Interesse“ entdeckt.
Weil in der wissenschaftlichen Debatte der freie Zugang („open access“) immer wichtiger werde, sei unbedingt eine Digitalisierung der wichtigen Werke anzustreben, betonte Heiler. Hier verfügten inzwischen sowohl das Stadtarchiv als auch die Bibliothek der Fakultät über Kapazitäten und Erfahrung.