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„Sie sind nicht böse, aber gefährlich“: 52-Jährige muss nach Brandserie in Psychiatrie

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Von: Marcus Lotz

Mehrere Fahrzeugbrände soll die Angeklagte gelegt haben.
Mehrere Fahrzeugbrände soll die Angeklagte gelegt haben. © Fuldamedia

Die 52-Jährige, die wegen sechsfacher Brandstiftung und versuchten Raubs vor Gericht stand, muss in ein psychiatrisches Krankenhaus. Das Landgericht sprach sie zwar wegen einer psychischen Erkrankung von jeglicher Schuld frei, aufgrund ihrer Schizophrenie sei sie jedoch für die Allgemeinheit gefährlich.

Fulda - Sechs Mal war in der Zeit vom 19. bis 21. April dieses Jahres in Fulda Feuer gelegt worden: An einer Baumaschine in der Nähe des Doms, an einem Eingang des Stadtschlosses, an zwei Fahrzeugen, die nahe der Jugendkulturfabrik abgestellt waren, an einer Aldi-Filiale in Fulda-Horas, an einem Corona-Testcenter an der Ochsenwiese und an einem Garagentor in der Baugulfstraße.

Fulda: Nach Brandserie - 52-Jährige muss in psychiatrische Einrichtung

Die mittlerweile 52-jährige Angeklagte hatte mit Ausnahme des Brandes an der Aldi-Filiale sämtliche Taten eingeräumt. Auch eine weitere Tat im Oktober 2020 hatte sie gestanden: Damals war sie mit einem Küchenmesser bewaffnet in die Tankstelle ihrer Schwester gegangen, hatte sie und ihren Ehemann bedroht und die Herausgabe der Tageseinnahmen gefordert.

Die sechste große Strafkammer kam am Dienstagnachmittag zu dem Ergebnis, dass die Angeklagte sämtliche Taten begangen hat – auch die Brandlegung an der Aldi-Filiale, die sie als einziges bestritt. „Das Vorgehen, der räumliche und zeitliche Abstand, das ganze Muster passt“, befand der Vorsitzende Richter Dr. Jochen Müller.

Die Taten habe sie zwar begangen, sei jedoch nicht dafür verantwortlich. Grund sei ihre Schizophrenie, eine schwere psychische Erkrankung. Ein Gutachter hatte zuvor ausgeführt, dass die Krankheit dazu führe, dass die 52-Jährige permanent das Gefühl habe, dass alle Menschen um sie herum ihr Böses wollen und ihr Steine in den Weg legen. Da die Krankheit jahrelang unbehandelt blieb, habe sich dieses wahnhaft-paranoide Denken mehr und mehr verfestigt. Die Erkrankung habe laut Gutachter zudem dazu geführt, dass die Angeklagte sich nicht unter Kontrolle hatte.

Dieser Einschätzung folgte letztlich auch die Kammer. „Das Unrecht, das Sie begangen haben, konnten Sie nicht steuern. Sie sind für diese Taten nicht verantwortlich. Es ist daher juristisch überhaupt nicht möglich, Sie schuldig zu sprechen“, erklärte Müller den Freispruch. Zwar habe die Angeklagte auch Wut empfunden – etwa gegen die Mitarbeitenden der Aldi-Filiale und der Jugendkulturfabrik, und auch mit den Corona-Maßnahmen sei die ungeimpfte Frau nicht immer einverstanden. Grundlegend für ihr Handeln sei trotzdem ihre Erkrankung gewesen.

„Das Unrecht, das Sie begangen haben, konnten Sie nicht steuern“

Der Freispruch bedeutet für die Frau aber nicht die Freiheit, denn die Kammer ordnete die Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus an. „Sie sind nicht böse, Sie sind nicht schuldig. Aber Sie sind gefährlich. Das ist bitter, weil Sie nichts dafür können“, stellte Müller fest und teilte damit erneut die Ansicht des Gutachters. Dieser hatte zuvor darauf hingewiesen, dass die Angeklagte eine Erkrankung vehement bestreite – was typisch für dieses Krankheitsbild sei.

Dadurch, dass sie keinerlei Einsicht zeige, sei jedoch auch nicht zu erwarten, dass sie sich freiwillig einer Behandlung unterziehe. Bleibe die Krankheit weiterhin unbehandelt, bleibe auch das Risiko, dass die Frau anderen schaden könnte. Eine stationäre Behandlung müsse daher zwingend erfolgen. Dasselbe hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung gefordert.

Auch für Müller war das die beste Lösung: „Das heißt nicht, dass Sie weggesperrt und vergessen werden.“ Jedes Jahr müsse geprüft werden, ob die Unterbringung weiter bestehen bleibe. „Sie freizulassen hätte vermutlich bedeutet, dass es so weitergeht. Aber wenn Sie dort mitarbeiten, haben Sie eine Perspektive.“

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