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Kleiner Ort, großer Widerstand: Drei von fünf Bürgern sind gegen neuen Funkmast

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Von: Marcus Lotz, Hartmut Zimmermann

Im Hosenfelder Ortsteil Schletzenhausen wehren sich die Bürger massiv gegen einen neuen Funkmast. Das Foto zeigt einen solchen Mast mit verschiedenen Antennen von Mobilfunkanbietern in Born (Mecklenburg-Vorpommern).
Im Hosenfelder Ortsteil Schletzenhausen wehren sich die Bürger massiv gegen einen neuen Funkmast. Das Foto zeigt einen solchen Mast mit verschiedenen Antennen von Mobilfunkanbietern in Born (Mecklenburg-Vorpommern). © Jens Büttner/dpa

Dass Bürgerinnen und Bürger gegen Funkmasten mobil machen, kommt vor. Im Hosenfelder Ortsteil Schletzenhausen hat dieser Widerstand kuriose Ausmaße angenommen: Rund 210 Menschen aus dem Ort stellen sich dort gegen den Bau - die Einwohnerzahl beträgt 327.

Hosenfeld - Das Schreiben, das Bürgermeister Peter Malolepszy (CDU) bei der jüngsten Sitzung des Ortsbeirates in Schletzenhausen (Kreis Fulda) überreicht wurde, klingt alarmierend: Von „gesundheitsschädlicher Strahlung“ ist die Rede, der alle ausgesetzt seien, die sich „im Funkfeuer“ des geplanten Mastes befänden. Die befürchteten Folgen: Langzeitschäden durch „krebserregende Mobilfunkstrahlung“. Das Projekt nehme „keine Rücksicht auf heimische Tierarten“.

Zudem würden durch die „massive Beeinträchtigung“ des Erscheinungsbilds der Ortslage „unzählige Wanderer und Erholungssuchende abgeschreckt“. Auch juristisch wird gewarnt: Wer vorsätzlich die Gesundheit eines anderen verletze, sei schadensersatzpflichtig. Für den Inhalt des Schreibens zeichnen der Ortsbeirat Schletzenhausen sowie die Bürgerinitiative (BI) „Kein Mobilfunkmast in Schletzenhausen“ verantwortlich.

Fulda: Kleiner Ort, großer Protest - Bürger wehren sich gegen neuen Funkmast

Dass das Thema viele Menschen bewegt, zeigte sich während der Sitzung: Circa 150 Personen waren laut dem Sprecher der BI, Helmut Frimmel, im übervollen Bürgerhaus anwesend. 250 Menschen hätten durch ihre Unterschrift zuvor kundgetan, dass sie gegen die Errichtung des Mastes sind. „Dass sich rund 40 Bürger aus Hosenfeld mit angeschlossen haben, zeigt, dass hier nicht zum Wohle des Volkes und Bürgerschaft seitens der Gemeinde und Bürgermeister entschieden wurde“, kritisiert Frimmel. (Lesen Sie auch: „Mobiler Datenverkehr im Kreis Fulda wächst rasant“: Vodafone nimmt erste Stationen für 5G+ in Betrieb)

Der Mobilfunkmast soll auf 250 Quadratmetern auf einem Privatgrundstück gebaut werden, das sich etwa 500 Meter vom südlichen Ortsrand sowie 500 Meter vom nordöstlichen Rand von Hosenfeld befindet. © Fuldaer Zeitung

Der Rathauschef bestätigt auf Nachfrage die Pläne für den Bau des Mastes seitens des Mobilfunkanbieters Vodafone, um die Erreichbarkeit im unterversorgten Gebiet im Bereich Schletzenhausen bis zum Ortseingang von Hosenfeld zu verbessern. Dieser soll laut Bürgermeister auf 250 Quadratmetern auf einem Privatgrundstück gebaut werden, das sich etwa 500 Meter vom südlichen Ortsrand sowie 500 Meter vom nordöstlichen Rand von Hosenfeld befindet.

Nach Angaben der Firma Vantage Towers, welche den Mast im Auftrag von Vodafone plant, soll dieser rund 50 Meter hoch werden. „Aktuell gehen wir davon aus, dass der Standort in der zweiten Jahreshälfte 2024 den Betrieb aufnehmen kann“, so ein Sprecher.

Vantage Towers teilt auf Nachfrage mit, dass die zuständige EU-Kommission sowie die Strahlenschutz-Kommission zu dem Schluss kommen, dass keine gesundheitlichen Auswirkungen durch Mobilfunkstrahlung zu befürchten sind. In Deutschland herrsche ein sehr hohes Schutzniveau durch streng überwachte Grenzwerte, so ein Sprecher des Unternehmens. „Was von Mobilfunk-Gegnern an Argumenten verbreitet wird, hält meist den Kriterien an einen wissenschaftlichen Nachweis nicht stand. Nach derzeitigem Kenntnisstand der Wissenschaft gibt es unterhalb der Grenzwerte keine Hinweise auf eine Gefährdung von Mensch, Tier und Natur.“

5G-Technik

Die Technik, die beim Mobilfunkstandard 5G eingesetzt wird, ist keine grundlegend neue, betont Anja Lutz, Pressereferentin beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Aus Sicht des Strahlenschutzes ist der neue Mobilfunkstandard gut vergleichbar mit früheren Standards wie 4G oder 3G. Dadurch lassen sich die Erkenntnisse aus relevanten Studien, die in die Risikobewertung des BfS einfließen, auch auf den Mobilfunkstandard 5G übertragen.

Die bisher einzige wissenschaftlich gesicherte gesundheitsrelevante Wirkung der elektromagnetischen Felder des Mobilfunks auf den Menschen ist eine Gewebeerwärmung. Die geltenden Grenzwerte schützen davor. Sie sind so bemessen, dass selbst unter ungünstigsten Bedingungen keine Gefährdung zu erwarten ist.

Es gibt in der Forschung zu Mobilfunk vereinzelte Hinweise, dass es auch Risiken unterhalb der bestehenden Grenzwerte geben könnte. Das BfS nimmt diese Hinweise ernst und geht ihnen wissenschaftlich nach. Bisher konnten sie durch Wiederholungsstudien nicht bestätigt werden.

Die stärkste Belastung entsteht im Alltag üblicherweise nicht durch Mobilfunkmasten, sondern durch das eigene Mobiltelefon, wenn es zum Telefonieren an den Kopf gehalten wird. Hier hat es jeder in der Hand, sich zu schützen – durch Verwendung der Freisprechfunktion oder eines Headsets. Außerdem kann man beim Kauf eines Mobiltelefon darauf achten, eines mit einem möglichst niedrigen Strahlungswert auszuwählen. Dazu gibt das BfS auf seiner Homepage ebenso Tipps wie zur weiteren Mobilfunk-Nutzung.

Wie der Bürgermeister mitteilt, seien nach Prüfung durch die Verwaltung zwei Alternativstandorte vorgeschlagen worden, die in südwestlicher Richtung weiter entfernt liegen. „Diese wurden allerdings von Vodafone abgelehnt, da sie das Suchgebiet nicht abdecken“, sagt Malolepszy.

Danach gingen die Meinungen in der Gemeinde auseinander. Der Ortsbeirat Schletzenhausen, der laut Ortsvorsteher Hermann Dentel auch eine Umfrage unter Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt hatte, lehnte den Standort ab. Der Ortsbeirat Hosenfeld stimmte zu. Auch der Gemeindevorstand erteilte seinen Segen, wie Malolepszy berichtet. Daraufhin gründete sich die BI, die aus rund 30 Mitgliedern besteht.

In der jüngsten Ortsbeiratssitzung habe er darauf hingewiesen, dass die Gemeinde keine rechtlichen Möglichkeiten zur Verhinderung des Projekts habe, berichtet Malolepszy. „Den ablehnenden Bürgerinnen und Bürgern stehen auch einige gegenüber, die ein Interesse an einer besseren Versorgung haben und die Errichtung des Mastes befürworten. Dies wurde auch vom Ortsbeirat bestätigt.“ (Lesen Sie auch: Schnelles Netz für Großenlüder: Telekom baut rund 1800 Glasfaser-Anschlüsse)

Video: Kein Interesse an 5G - Bittere Kunden-Klatsche für Vodafone, o2 & Telekom

Am Ende sei man so verblieben, dass sich die BI mit dem Eigentümer des betroffenen Grundstücks in Verbindung setzt, um eine Rücknahme der Bereitstellung der Fläche zu unterstützen, die der Eigentümer mittlerweile auch selbst anstrebe.

„Sollte dies gelingen, ist vonseiten der Gemeinde mit Vodafone über einen neuen Standort zu verhandeln. Die Ortsbeiräte sowie die BI sollen in die Suche mit einbezogen werden. Gleichzeitig werde ich die Gremien in deren nächsten Sitzungen über den Sachstand informieren und darüber beraten lassen“ kündigt Malolepszy an.

Zur Sitzung der Gemeindevertretung am Mittwoch (7. September) um 20 Uhr im Bürgerhaus Hosenfeld will die BI Präsenz zeigen.

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