Energiepreise und Vogelgrippe machen die Gans für den Braten teuer

Beim Gänsebraten in die (Brat-)Röhre schauen – das kann erfreulich sein. Doch möglicherweise wird so mancher, der gerne Gans genießen würde, in diesem Jahr im übertragenen Sinne in die Röhre schauen. Denn das Federvieh ist teuer geworden und nicht überall zu haben.
Fulda/Hünfeld - Wohl dem, der ein Langzeit-Verhältnis zur Gans und zum Gastwirt seines Vertrauens hat: „Angesichts der deutlich gestiegenen Preise beim Einkauf und der Energie haben wir bei unseren Stammkunden nachgefragt, wer auch in diesem Jahr kommen möchte“, berichtet Robin Walk vom Gasthof Zum Goldenen Stern in Eiterfeld-Soisdorf.
„Wer sich da gemeldet hat, der wird auch 2022 Gans bekommen.“ Für die 65 Zusagen habe er tatsächlich auch 65 Tiere von seinem langjährigen Lieferanten bekommen. Zum Preis der Tiere hält er sich bedeckt und sagt diplomatisch „zu fairen Konditionen“. Mehr Gänse werde er in diesem Jahr nicht als ganze Tiere servieren können, berichtet der Junior-Küchenchef.
Fulda: Energiepreise und Vogelgrippe machen die Gans für den Braten teuer
„Denn für weitere Tiere hätten wir so viel hinlegen müssen, dass wir mit Vorsuppe und Beilagen auf einen Endpreis von 230 oder 240 Euro hätten gehen müssen. Aber das passt dann nicht mehr in die Region“, sagt Walk. In guten Jahren habe er sonst 100 oder 110 Gänse auf den Tisch bringen können.
Aber das Fleisch, die Arbeit und nicht zuletzt die Energiekosten wollen bezahlt sein. „Wer jetzt noch ordern möchte, der ist zu spät dran“, betont Walk. Wem der Sinn nach ganzer Gans steht, der kann beispielsweise in der „Hessenmühle“ in Kleinlüder im Landkreis Fulda fündig werden. Für 170 Euro gibt es ein Vier-Gänge-Menü für vier Personen, berichtet Katharina Schneider vom Reservierungsteam.
Die Nachfrage sei gut, berichtet sie. Man habe die Gans trotz der Preissteigerungen auf der Karte gelassen. „Irgendwie gehört das Gericht doch zur Jahreszeit“, so Schneider. Eine verstärkte Nachfrage nach Gänsen aus Deutschland stellt Andreas Jahn vom „Landgasthof zum Stern“ in Poppenhausen fest.
Für seinen Betrieb sei der Einkauf in diesem Jahr schwierig, weil er mit seinem noch jungen Unternehmen – er ist seit 2018 Stern-Wirt – eben noch keinen Stammkunden-Status bei den Lieferanten habe. Die Preisentwicklung hänge aber nicht nur an Energie-, Futter- und Düngerkosten (lesen Sie auch hier: Das Kraut für die Gans - Beifuß macht fette Gerichte bekömmlich - und beruhigt nervöse Gemüter).
Es gebe 2022 einfach weniger Gänse, weil viele Länder wie Frankreich, Ungarn und Polen auch massive Einbrüche durch Vogelgrippe erlebt hätten. Nun gelte es, die Gäste zu überzeugen, dass es viele attraktive Alternativen zum Gänseschmaus gebe, sagt Jahn und verweist beispielsweise auf Wildgerichte.

Karsten Klauschke, Chef im „Grashof“ im Mittelkalbach, hat angesichts der Preisentwicklung bereits beim Gänse-Einkauf Vorsicht walten lassen und nur rund die Hälfte des Vorjahres-Bedarfs geordert. „Die Buchungen sind zögerlicher“, berichtet er. Viele Gäste, die erst einmal nach Gans fragten, würden zwar ihre Buchung aufrecht erhalten, sich aber für andere Gerichte entscheiden.
Und wenn eine Nachfrage-Welle kommt und das bestellte Kontingent schon „verbraten“ ist? „Dann sind wir gut vernetzt und helfen uns unter Kollegen aus“, ist Klauschke zuversichtlich. Das Festmahl mit der ganzen Gans ist für vier Personen kalkuliert und kostet insgesamt 150 Euro.
Das Reduzieren der Bestellmengen setzt sich fort: Weil man mit einem entsprechenden Verhalten der Gastronomen gerechnet hat, haben auch die Einkäufer beim Gastro-Großhändler Wehner-Groma es verhaltener angehen lassen, berichtet Maximilian Kopp von der Tiefkühl-Abteilung des Unternehmens. Die Nachfrage laufe aber „überraschend gut“, urteilt er.
Durch die Vogelgrippe ist in vielen Ländern der Bestand an Gänsen geschrumpft.
Die heimischen Gänsezüchter haben auf große Preissprünge verzichtet: „Der Preis für das Kilo ist um einen Euro gestiegen“, berichtet Beatrix Zintl vom gleichnamigen Geflügelhof in Leibolz. Dort sind für das Kilo Gans in diesem Jahr 15,90 Euro zu zahlen. Im Betrieb von Herbert und Alexandra Bleuel in Hofbieber sind es 14,90 Euro.
Bei einem Gewicht von viereinhalb bis fünf Kilo ist man dann rasch bei 80 Euro pro Tier. Die Erhöhung, so erläutert deren Tochter Lisa Bleuel, habe eine Ursache auch im extrem trockenen Sommer 2022: „Weil so wenig Gras auf unseren Wiesen gewachsen ist, mussten wir viel mehr anderes Futter bereitstellen.“
Video: Vegane Gans - lecker und fleischlos für Weihnachten kochen
Im Betrieb der Bleuels werden 2500 Gänse gehalten. Die Tiere aus Leibolz und Hofbieber werden zwar im Freiland gehalten und vorzugsweise mit hier erzeugten Futter versorgt, erfüllen aber nicht den Bio-Standard. Wer den möchte, der muss beim Preis noch einmal knapp 100 Prozent hinzurechnen (lesen Sie auch hier: Die vegane Beilage zum Fest - gefüllter Butternut-Kürbis mit Cranberries).
Wer sich für die Adventszeit oder Weihnachten selbst eine Gans aus der Region zubereiten möchte, der sollte mit dem vorbestellen nicht mehr lange warten: „Noch sind nicht alle Tiere vorgemerkt, aber erfahrungsgemäß geht das Ende November/Anfang Dezember recht schnell – dann sind alle Gänse fest vergeben“, sagt Beatrix Zintl.