In den Gemeinden, die weitere Geflüchtete aufnehmen müssen, reichen die freien Wohnungen nicht mehr aus. In Hofbieber, Eichenzell und Dipperz sind die Kapazitäten so erschöpft, dass die Gemeindeverwaltungen bereits untersuchen, wie man Flüchtlinge in Bürgerhäuser unterbringen könnte. „Wir haben Probleme: Es gibt keine freien Wohnungen. Wenn die Zuweisungen anhalten, müssen wir uns mit dem Gedanken beschäftigen, Bürgerhäuser zu nutzen“, sagt Bürgermeister Klaus-Dieter Vogler (parteilos). „Das geht aber nicht kurzfristig, und es wäre eine gewaltige Belastung für die Vereine.“
Auch der Eichenzeller Bürgermeister Johannes Rothmund (CDU) räumt ein: „Wenn die Zuweisungen andauern, werden wir gezwungen sein, Bürgerhäuser zu nutzen.“ Bei den Fastnachtsvereinen gibt es nach FZ-Informationen schon Unmut. In Hofbieber hat die Gemeinde mehrere Dorfgemeinschaftshäuser unter die Lupe genommen. Welches DGH zuerst genutzt werden würde, ist offen, berichtet Hofbiebers Bürgermeister Markus Röder (parteilos). Im Ortsteil Elters sind Geflüchtete im Vereinsheim der Trachtenkapelle untergekommen. „Die Elterser haben gute Beziehungen in viele Teile der Welt. Da lag es für sie nahe, Flüchtlingen eine Heimat zu bieten“, erklärt der Rathauschef.
„Es ist unglaublich schwierig. Man muss viel Überzeugungsarbeit leisten, um genug Wohnraum zu mobilisieren“, sagt auch Großenlüders Bürgermeisters Florian Fritzsch (SPD). „Im Frühjahr gab es noch viele private Initiativen, aber ihre Plätze sind mittlerweile alle genutzt.“ (Lesen Sie auch: Anzahl der Geflüchteten nimmt zu: Main-Kinzig-Kreis fühlt sich von Politik im Stich gelassen)
Im Landkreis Fulda sind im Februar und März insgesamt – selbst angereist oder über das Land Hessen zugewiesen – rund 1800 Menschen aus der Ukraine angekommen, berichtet der Landkreis unserer Zeitung. Im April waren es 380, im Mai 240, im Juni 150, im Juli 180, im August 220 und im September 100. Hinzu kamen seit Februar monatlich im Schnitt rund 45 weitere Zuweisungen anderer Staatsbürger über das Land Hessen. Das Land hat festgelegt, dass der Landkreis 4,25 Prozent der dem Land zugewiesenen Flüchtlinge aufnehmen muss. Wiesbaden teilte dem Landkreis mit, er solle sich auf 35 bis 45 Flüchtlinge (inklusive ukrainischer Flüchtlinge) pro Woche einstellen. Wie viele es tatsächlich werden, ist aktuell nicht abzuschätzen.
„Ich halte die Grenzen der Belastung für Bevölkerung, Kommunen und Kreis erreicht“, sagt Landrat Woide. Die Herausforderungen für die Bürger seien – anders als in der Flüchtlingskrise 2015 – derzeit sehr hoch, sagt der Landrat: Inflation, Energiekrise und viele weitere Unsicherheiten beschäftigen die Menschen derzeit sehr. „Ich sehe deshalb – wie andere Kreise und die kommunalen Spitzenverbände auch – Probleme bei der weiteren Aufnahme von Flüchtlingen.“ (Lesen Sie auch: Ukraine-Krieg und die Folgen: Wer Flüchtlinge aufnimmt, bekommt Zuschuss vom Staat)
Ob Turnhallen oder Bürgerhäuser genutzt werden müssen, hänge davon ab, wie sich die Lage weiter entwickelt. Da die Gemeinschaftsunterkünfte stark ausgelastet sind, ist der Landkreis bereits seit längerem auf der Suche nach weiteren geeigneten Gemeinschaftsunterkünften, erläutert der Fuldaer Landrat. Gemeinschaftsunterkünfte werden bereits unter anderem in Poppenhausen und Künzell genutzt. „Wir haben in den größeren Unterkünften in Dietershausen und Pilgerzell sogar noch etwas Platz“, sagt Künzells Bürgermeister Timo Zentgraf (parteilos). Die Unterkunft in Poppenhausen hingegen ist fast voll, berichtet Bürgermeister Helfrich.
In der Stadt Hünfeld will Bürgermeister Benjamin Tschesnok (CDU) vermeiden, dass Bürger- und Vereinshäuser genutzt werden. „Wir wollen das gesellschaftliche Leben in unserer Stadt nicht einschränken“, erklärt er. Derzeit sind in Hünfeld 400 Geflüchtete unterschiedlicher Nationalitäten untergebracht, meist in privaten Unterkünften und Wohnungen. Dies gilt insbesondere für Geflüchtete aus der Ukraine. „Die Zahlen steigen und die Kapazitäten in den vorhandenen Einrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften stoßen bald auch in Hünfeld an ihre Grenzen“, warnt der Bürgermeister.
Das größte Problem bleibe die Schaffung und Vermittlung von Wohnraum. Bei der Vermittlung leisteten DRK, Pro Integrationstreff und Ehrenamtliche hervorragende Arbeit, die auch von der Stadt Hünfeld unterstützt werde. „Allerdings bereiten wir unschon darauf vor, notfalls kurzfristig weitere Unterbringungsplätze zu aktivieren“, erklärt Tschesnok und warnt: „Niemand kann voraussagen, wie sich die Lage vor allem angesichts des mörderischen Bombenterrors in der Ukraine weiter entwickeln wird.“