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Nach Tötung mit 33 Stichen: Beide Seiten fordern Unterbringung in Psychiatrie

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Von: Sabrina Mehler

Fulda: Nach tödlichem Messerangriff - Täter soll in Psychiatrie
Der 27-jährige Beschuldigte (Zweiter von links) soll im Mai 2022 einen Bekannten mit 33 Messerstichen getötet haben. © Marcus Lotz

Im Fall des mit 33 Messerstichen getöteten 45-Jährigen gehen Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung in ihren Plädoyers von der Schuldunfähigkeit des 27-jährigen Beschuldigten aus. Die Nebenklage folgt dieser Einschätzung jedoch nicht uneingeschränkt.

Fulda - Dass der 27-Jährige im Mai des vergangenen Jahres seinen Bekannten während eines Streits in einem Mehrfamilienhaus in Fulda mit 33 Messerstichen getötet hat, stehe außer Frage, wie Staatsanwalt Andreas Hellmich ausführte. Schließlich habe der Beschuldigte die Tat in der Form gestanden, dass sie mit den Ergebnissen der Ermittlungen übereinstimmte.

Fulda: Nach tödlichem Messerangriff - Täter soll in Psychiatrie

Unzweifelhaft sei auch, dass der Beschuldigte spätestens seit 2017 an einer paranoiden Schizophrenie leide. In der Verhandlung hatte der Mann angegeben, „böse Teufelsstimmen“ hätten ihn zu der Tat getrieben. Damit einher gingen laut Hellmich zudem Verfolgungsängste, Gewaltfantasien und auch eine gesteigerte Gewaltbereitschaft. Der Mann habe zeitweise geglaubt, ein Wolf, Vampir oder Auftragskiller zu sein.

Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Symptome der Krankheit durch die Einnahme von Medikamenten seit 2021 „weitgehend unterbunden“ wurden, so Hellmich. Das habe sich ab Dezember 2021 geändert, als der Beschuldigte begann, seine Medikamente unregelmäßig zu nehmen, bis er sie im Monat vor der Tat schließlich gänzlich absetzte. „Die Folge war das Wiederaufleben des vollen Symptombildes“, schilderte Hellmich.

Vor diesem Hintergrund hatte eine Gutachterin die Schuldunfähigkeit des Mannes attestiert. „Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln“, befand der Staatsanwalt. „Der Gedanke, dass der Beschuldigte durch das eigenmächtige Absetzen der Medikamente trotzdem mitschuldig ist, erscheint zunächst nicht abwegig“, räumte Hellmich ein. Er verwies jedoch erneut auf die Aussage der Gutachterin, wonach auch dieses Absetzen durch die Erkrankung beeinflusst worden sei. „Es handelte sich um eine krankheitsbedingte Fehleinschätzung“, sagte Hellmich.

Die Sachverständige war ebenfalls zu der Einschätzung gelangt, dass auch in Zukunft das Risiko besteht, dass der Beschuldigte „wesensgleiche Taten“ bis hin zur Tötung eines Menschen begehen könnte. Der Staatsanwalt beantragte daher die Unterbringung des Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus. Dem schloss sich Rechtsanwalt Knut Hillebrand, der die Schwester des Opfers vertritt, an. „Sie hat große Angst vor weiteren Taten des Beschuldigten.“

Rechtsanwalt Rudolf Karras, der die Kinder des Opfers in der Nebenklage vertritt, sah die Frage der Schuldunfähigkeit zwar „klar beantwortet“; Er stellte jedoch infrage, dass der Beschuldigte trotz des Absetzens der Medikamente keine Mitschuld trage. „Aus den Chatverläufen geht hervor: Er wusste, was passieren würde. Er hat genau gewusst, was seine Medikamente bewirken, dass er sie nicht nimmt und dass er diesen konkreten Menschen umbringen würde. Wenn das kein Vorsatz ist, dann weiß ich auch nicht“, argumentierte der Jurist. Die Erkrankung habe es ihm nicht unmöglich gemacht, die Medikamente zu nehmen. Dass der 27-Jährige diese direkt nach der Tat wieder einnahm, sei zudem ein Beleg dafür, „dass die Entscheidungsfähigkeit selbst im psychotischen Zustand gegeben war“. (Lesen Sie auch: „Meine Tat ist unentschuldbar“: Vater getöteter Kinder sagt im Mordprozess unter Tränen aus)

Karras forderte deshalb, das aktuell laufende Sicherungsverfahren in ein Strafverfahren überzuleiten. Hintergrund ist, dass es bei einem Sicherungsverfahren gegen einen schuldunfähigen Beschuldigten lediglich um Maßnahmen geht, die künftige Taten verhindern sollen. In einem Strafverfahren hingegen wäre der 27-Jährige laut Karras wegen Totschlags zu verurteilen und anschließend in ein psychiatrisches Krankenhaus unterzubringen.

Plädoyers nach Messerangriff: Schizophrener Täter hatte Medikamente abgesetzt

Verteidiger Egon Schütz hielt dagegen: „Die Sachverständige hat eindeutig gesagt, dass die Absetzung der Medikamente dem Krankheitsbild entspricht. Wir sind alle keine Experten, wir sollten uns darauf verlassen.“ Die Einnahme der Medikamente nach der Tat sei zudem maßgeblich vom Vater des Beschuldigten initiiert worden. Dennoch plädierte auch Schütz für die Unterbringung: „Angesichts des Risikos weiterer Taten sehe ich kein milderes Mittel.“

Das letzte Wort nutzte der 27-Jährige, um sich zu entschuldigen: „Mir tut es wirklich sehr leid und ich habe daraus gelernt.“ Das Urteil wird am Montag (30. Januar) um 12 Uhr verkündet.

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