Gemeinsam mit Dr. Christoph Kind – als Vorsitzendem der St. Lioba-Stiftung – leistete die Unternehmerin, die in Herborn bis 2010 erfolgreich ein Modehaus führte, unermüdlich Überzeugungsarbeit und gewann zahlreiche bekannte und einflussreiche Fuldaer Persönlichkeiten als Mitstreiter, darunter auch den jetzigen Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Elf Personen gründeten dann 1998 die Antonius-Stiftung – eine zweite Stiftung neben der eigentlichen Trägerstiftung. „Der Beginn unserer Erfolgsgeschichte”, so Sippel. (Lesen Sie hier: Perspektiva hilft durch Corona-Zeit: Positive Bilanz bei Beschäftigung Schwerbehinderter)
Und diese Erfolgsgeschichte lässt sich heute in allen Broschüren und Publikationen von antonius schwarz auf weiß nachlesen. Neun erfolgreiche und innovative Großprojekte wurden seither umgesetzt, darunter beispielsweise die Frühförderung „Zitronenfalter”, die Ausbildungsinitiative „Startbahn” oder die Weiterentwicklung des Haupthauses unter dem Projektnamen „Lebensbaum”. „Unser erstes großes Projekt war der Bau des Kinderhauses auf dem heutigen Campus-Gelände”, blickt Sorg zurück.
Damals ein einmaliges Wohnangebot in Hessen. Überhaupt hatten die Projekte die Gemeinsamkeit, dass sie bis dahin allesamt einzigartig waren. „Bei jeder der Initiativen haben wir Hauptamtlichen leidenschaftlich mit den Mitgliedern der Stiftung gerungen. Wir haben diskutiert – etwa unter kaufmännischen, medizinischen oder auch geisteswissenschaftlichen Gesichtspunkten. Die Stiftung ist bis heute eine echte Schmiede für Innovation. Das ist einer der Gründe, warum ich antonius so liebe”, ist Sippel nach wie vor begeistert.
„Am Anfang ging es vor allem darum, das verlorene Vertrauen in der Bürgerschaft Fuldas zurückzugewinnen.” Und es war von Anfang an unser Ziel, die Bürger zu antonius zu bringen – und antonius zu den Bürgern. Bis heute ein Erfolgsfaktor der Stiftung. „Frau Sorg hat schon vor fast 30 Jahren Inklusion vorgelebt. In einer Zeit, in der sonst noch niemand dieses Wort überhaupt gekannt hat”, sagt Sippel. „Ich habe viele Menschen aus der Region aktivieren können, die die Projekte von antonius unterstützt haben. Darüber freue ich mich sehr”, sagt Gertraud Sorg.
So dankbar die Menschen bei antonius auf das jahrzehntelange Engagement von Gertraud Sorg schauen, so dankbar blickt die Stifterin umgekehrt auch auf die Begegnungen rund um den Campus zurück. „Antonius war ganz klar eine Bereicherung für mein Leben. Ich habe Bewohner und Mitarbeiter kennen und schätzen gelernt, Vinzentinerinnen bewundert, die Mütter für viele Kinder waren, und eine Geschäftsführung, die aus einem eher trist wirkenden Antoniusheim eine moderne, innovative Begegnungsstätte geformt haben“, sagt sie.
„Es macht mich glücklich und zufrieden, dass diese engagierten Menschen – allen voran der geschäftsführende Vorstand Rainer Sippel – dem damals schlingernden Schiff eine so großartige Entwicklung ermöglicht haben. Und ich danke auch den indischen Schwestern für ihre hingebungsvolle Tätigkeit.”
Dass sie in den 27 Jahren unzählige Stunden ihrer Freizeit und auch eine ordentliche Summe Geld für das Gemeinwohl investiert hat, ist für Sorg eine Selbstverständlichkeit. „Für mich war das ganz normal. Ich habe mich damals für antonius und seine Bewohner entschieden – mit allem, was dazugehört.”
Aber auch unabhängig davon empfindet Gertraud Sorg es als Bereicherung, sich für andere zu engagieren. „Daher kann ich es nicht verstehen, wenn Menschen sagen, ihnen sei langweilig. Denn es gibt so viele sinnvolle soziale Projekte, die man unterstützen kann, zum Beispiel mit einem Ehrenamt.”
Und so wird es auch für Gertraud Sorg in Zukunft nicht langweilig. Zum einen wird sie – auch ohne Posten im Stiftungsvorstand – antonius eng verbunden bleiben. Zudem engagiert sie sich bereits für Maalula – einen Verein, der sich für Verfolgte und Christen im Nahen Osten einsetzt. (Von Tobias Farnung)