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„Eine Stimme für die Pflege sein“ - Gianina Zimmermann will in den Bundestag

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Von: Jessica Baier

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Gianina Zimmermann will nach Berlin. Neben Klimaschutz sind Gesundheit und Pflege sowie Gleichberechtigung ihre Herzensthemen. © Jessica Vey

Das ist neu in Fulda: Der Grünen-Kreisverband hat für den Bundestagswahlkreis niemanden aus den eigenen Reihen, sondern eine Kandidatin aus dem Main-Taunus-Kreis nominiert. Gianina Zimmermann (50) erklärt, warum das für sie kein Nachteil ist.

Kelkheim/Fulda - Feministin, Optimistin, Pragmatikerin, Familienmensch. Mit diesen Worten beschreibt sich Gianina Zimmermann auf ihrer Internetseite. Die Krankenschwester aus Kelkheim ist in der Region für die meisten eine Unbekannte. Immerhin lebt sie gut anderthalb Autostunden von Fulda entfernt, aber in die Barockstadt kommt sie ohnehin meist mit dem grüneren Verkehrsmittel – dem Zug.

Dennoch hat sie sich dem Grünen-Kreisverband als Kandidatin für die Bundestagswahl angeboten, da sie nach eigener Aussage viele und gute Kontakte nach Fulda hat. Sie weiß, dass sie erst einmal Vertrauen gewinnen muss. Aber die Mutter zweier Töchter ist überzeugt, dass sie durch Unvoreingenommenheit und mit ihrer offenen Art, auf Menschen zuzugehen, punkten kann.

Fulda: Gianina Zimmermann tritt als Bundestags-Direktkandidatin an 

Auf Menschen zugehen – das tat sie auch im Haustürwahlkampf: „Viele haben sich gefreut und gesagt: ‚Zu uns hat sich noch niemand der Kandidaten verirrt.‘“ Seit Juni ist sie im Fuldaer Land und im Vogelsberg unterwegs. „Ich habe meinen kompletten Jahresurlaub für den Wahlkampf investiert. Ausgeschlafen wird erst wieder am 27. September“, sagt sie und lacht.

Doch für was steht die quirlige 50-Jährige, die im Bundestag die Region vertreten will? Ihr Lebenslauf verrät viel über ihre politischen Ziele. Mit 19 ist sie von Rumänien nach Deutschland gekommen. Sie ist gelernte Krankenschwester und als Frauenbeauftragte des Klinikums Frankfurt-Höchst tätig. Außerdem engagiert sie sich als frauenpolitische Sprecherin des Landesverbandes der Grünen.

Serie zur Bundestagswahl

In einer Serie zur Bundestagswahl 2021 stellt die Redaktion die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten im Wahlkreis Fulda (174) vor. Heute: Gianina Zimmermann. In Teil eins ist Michael Brand (CDU) porträtiert worden, in Teil zwei Birgit Kömpel (SPD), und in Teil drei Jürgen Lenders (FDP).

Demnach sind ihr – neben dem großen Schwerpunkt Klimaschutz – besonders die Themen Pflege und Gesundheit sowie Gerechtigkeit und Gleichberechtigung wichtig. Im Gesundheitswesen sieht sie viele Baustellen: „Die Gesundheit wird zur Ware gemacht“, kritisiert sie. „Wir brauchen ein ganz anderes Abrechnungssystem. Das, was wir haben, richtet sich zu sehr nach der Behandlung der Krankheiten und nicht nach der Förderung der Gesundheit. Wir müssen die Menschen gesund halten, Krankheiten vorbeugen und nicht erst reagieren, wenn es schon zu spät ist.“

Das fange bereits bei der Ernährung an – auch bei Kindern, die immer öfter Allergien entwickeln. „Wir brauchen gentechnikfreie Nahrung, sauberes Wasser und gute Luft“, fasst die 50-Jährige angesichts vieler Umweltbelastungen in dem Industrieland Deutschland zusammen. Auch die Gesundheitserziehung in Kindergarten und Schule müsse stärker gefördert werden.

Zimmermann: „Im Bundestag sitzen 70 Prozent Männer. Ist das gerecht?“

„Als Krankenschwester liegt es auf der Hand, dass ich der Pflege eine Stimme geben möchte. Zwar wurde in der Pandemie für uns geklatscht. Aber wirkliche Wertschätzung muss sich in besserer Bezahlung und besseren Bedingungen niederschlagen“, betont die Kelkheimerin. „Wir dachten, dass sich durch die Pandemie etwas ändert.“ Aber selbst die Corona-Prämie hätten viele nicht bekommen.

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, solle man unter anderem auch auf Zuwanderung setzen, sagt die gebürtige Rumänin. Schon jetzt gehe in der Branche ohne Zuwanderer nichts, betont sie. (Lesen Sie hier: Grünen-Chef Habeck wirbt in Fulda um Stimmen)

Als Frau möchte sich die Mutter zweier Töchter außerdem für mehr Gleichberechtigung einsetzen: „Ja, wir Frauen bekommen Kinder. Na und? Dadurch darf uns kein Nachteil entstehen.“ Auch ist sie stolz darauf, dass die Grünen jede zweite Stelle ihrer Landeslisten mit Frauen besetzen. „Im Bundestag sitzen 70 Prozent Männer, die die Gesetze machen. Ist das gerecht?“

Zur Person

Gianina Zimmermann ist 50 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Töchter (17 und 19). Geboren wurde sie in Rumänien. Sie besitzt mit der rumänischen und der deutschen zwei Staatsangehörigkeiten. Zimmermann lebt in Kelkheim. Sie ist Krankenschwester, Gesundheits- und Sozialökonomin sowie Mediatorin und als Frauenbeauftragte am Klinikum Frankfurt-Höchst tätig.

Politisch war sie 2011 zunächst fünf Jahre lang Stadtverordnete in Kelkheim, von 2015 bis 2019 Kreisvorsitzende der Grünen im Main-Taunus-Kreis und seit 2016 Kreistagsabgeordnete. 2019 wurde sie frauenpolitische Sprecherin des Landesverbandes. Dem Landesvorstand gehört sie als Beisitzerin an.

Auch wenn ihre Partei bundesweit nach dem Höhenflug im Frühjahr nach aktuellen Umfragen wieder auf 16 Prozent und damit an dritter Stelle steht, so sei dies dennoch „das Doppelte von dem Ergebnis vor vier Jahren“. Für sie auf Listenplatz 23 würde es angesichts dieser Zahlen nicht reichen. Und das Direktmandat erreicht nur der Kandidat mit den meisten Stimmen – hier weiß Gianina Zimmermann in der CDU-Hochburg um ihre starke Konkurrenz bei der Bundestagswahl. Der Grünen-Direktkandidatin ist es bewusst, dass im Wahlkreis 174 – der Fulda und einige Städte und Gemeinden im Vogelsberg umfasst – schwer wird.

Gianina Zimmermann will als Krankenschwester „der Pflege eine Stimme geben“

Doch sie sei mit voller Leidenschaft dabei. Die 50-Jährige bezeichnet sich als mutig und als zuversichtlich. Zimmermann werde bis zum Schluss um jede Stimme kämpfen. Und wenn sie es tatsächlich schafft? Dann würde sie mit Sack und Pack nach Fulda umziehen, „das ist doch klar“. Ob es kein zu großer Verlust für sie wäre, ihren Job im Krankenhaus und ihren Wohnort Kelkheim aufzugeben? „Die Frage ist nicht, was man verliert, sondern was man gewinnt“, entgegnet sie.

Und wenn es nicht reicht? Darauf sagt sie: „Ich mache das fürs große Ganze. Und jeder Prozentpunkt, den ich insgesamt für meine Partei erreichen kann, bedeutet Freude und Zufriedenheit. Ich spüre eine Aufbruchstimmung. Das macht Mut.“

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