Green Pioneers vor Gericht - Hanfshop aus Fulda kritisiert Behörden

2021 standen sie noch im Halbfinale des Hessischen Gründerpreises, nun stehen sie vor dem Amtsgericht: Der ehemaligen Geschäftsführung der Firma Green Pioneers aus Fulda wird fahrlässiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vorgeworfen.
Fulda - „Wir möchten die Gelegenheit nutzen, Stellung zu den Vorwürfen zu beziehen“, erläuterte Philipp Gärtner, PR-Manager von Green Pioneers und früherer Geschäftsführer, die Einladung zu einem Pressegespräch, das am Mittwoch in den Räumlichkeiten der Firma aus Fulda stattfand.
Die Staatsanwaltschaft Fulda wirft der Geschäftsführung des Unternehmens das fahrlässige Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vor. Die Geschäftsführung habe – so der Vorwurf – geduldet, dass einzelne der von der Firma verkauften Produkte einen zu hohen Gehalt des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) hatten.
Fulda: Green Pioneers nun vor Gericht - Hanfshop aus Fulda kritisiert Behörden
Dieser sei dazu geeignet gewesen, einen Rauschzustand zu erzeugen. „Ein Missbrauch zu diesem Zweck durch die Käufer“ sei möglich, so die Staatsanwaltschaft. Die Firma vertreibt Hanf enthaltene Lebensmittel, Kosmetik und Kleidung. Gärtner zufolge bezieht sich die Anklage auf das von Green Pioneers vertriebene Hanf-Extrakt.
Der Anklage vorausgegangen war unter anderem eine Durchsuchung im April 2021 durch Polizei und Staatsanwaltschaft, laut Gärtner damals noch wegen des Verdachts auf bandenmäßigen Drogenhandel in nicht geringer Menge. „Dieses Vorgehen schädigte unsere Firma nicht nur weit stärker als die Corona-Pandemie“, sagte der Unternehmer.
„Wir fanden uns zudem mit Kriminalpolizei, Anwälten und Justiz konfrontiert. Diese Erfahrung hat Spuren in unserer Psyche hinterlassen.“ Er berichtete von Angststörungen und Panikattacken, an der er seitdem leide und die dazu geführt hätten, dass er seinen Posten als Geschäftsführer räumte. Alleiniger Geschäftsführer ist derzeit Marc Graf.
Nach diesen Durchsuchungen sei das mühsam aufgebaute Vertrauen mit Geschäftspartnern „größtenteils zerbrochen“. Immerhin: „Das hessische Landeslabor hat bestätigt, dass unsere Produkte die Grenzwerte einhalten. Zuvor beschlagnahmte Teeprodukte mussten daraufhin von den Behörden zurückgegeben werden“, sagte Gärtner.
Wir hoffen, dass mit einem Urteil Rechtssicherheit geschaffen wird
Ein Gutachten habe zudem zur Folge gehabt, dass die Anklage der Staatsanwaltschaft zunächst abgewiesen worden sei. Weil die Staatsanwaltschaft dagegen Widerspruch eingelegt habe, finde nun am 9. Februar 2023 der Prozess vor dem Amtsgericht statt.
Gärtner beklagt, dass von den Behörden immense Mittel für das „juristische Martyrium“ eingesetzt würden. „Wir haben das Glück, dass wir viele Unterstützer haben, die uns keinen monetären Druck machen.“ Dennoch sei der Umsatz im Zuge der Ermittlungen um rund 70 Prozent eingebrochen.
Das schmerzt Gärtner auch, weil die Firma für ihn ein Herzensprojekt ist. „Wir haben unsere Berufe aufgegeben und Kredite aufgenommen, um die Version einer grüneren Zukunft zu realisieren“, erklärt er und zeigt sich überzeugt, dass die Hanfprodukte „das Potenzial haben, die Gesundheit von Menschen zu unterstützen und zu fördern“.
Video: Lauterbach verteidigt Cannabis-Pläne
Bei der Gründerveranstaltung Anfang 2019 sei das Projekt bei einer Präsentation noch von vielen verlacht worden. Mit viel Mühe habe man die erste legale Nutzhanf-Ernte in Osthessen nach über 60 Jahren durchgeführt, 14 Produkte aus Nutzhanf geschaffen und das Halbfinale des Hessischen Gründerpreises erreicht.
Die Verhandlung findet am Donnerstag (9. Februar) um 14 Uhr statt. Gärtner kündigte an, die Firma wolle notfalls durch weitere Instanzen gehen. „Wir hoffen, dass mit einem Urteil Rechtssicherheit geschaffen wird.“
Hintergrund: THC und CBD - Wo liegt der Unterschied?
Die Cannabinoide Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) sind Substanzen der Cannabispflanze. THC führt zur Ausschüttung von Dopamin und ist deshalb für die berauschende Wirkung von etwa Marihuana verantwortlich.
CBD wiederum zeigt keine psychoaktive Wirkung. Laut eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. November 2020 gilt es deshalb auch nicht als Betäubungsmittel. CBD wird sogar eine Reihe positiver Eigenschaften zugeschrieben, so wirke es etwa entzündungshemmend und entkrampfend.
Grundsätzlich gelten alle Formen von Cannabis in Deutschland als illegal – eine Ausnahme stellt der sogenannte Nutzhanf dar, welcher mit einer besonderen Lizenz angebaut werden darf. Marihuana und THC fallen jedoch unter das Betäubungsmittelgesetz. Da laut Verbraucherschutzministerium viele CBD-Öle zu hohe THC-Werte (größer 0,2 Prozent) enthalten, rät dieses vom Konsum dringend ab. Die Weltgesundheitsorganisation hingegen stuft CBD als unbedenklich ohne Abhängigkeitspotenzial ein. (sar)