„Problemhunde“ füllen Tierheime - Initiativen-Gründer geben Tipps für den richtigen Umgang mit den Tieren

Gemeinsam mit der Volkshochschule (VHS) Fulda hat Tierschützerin Monica Bubenheim die Initiative „Erst der Kurs und dann der Hund“ gegründet. Kursleiter wie Reinhard Spies bringen Teilnehmern bei, wie sie richtig mit Hunden, besonders solchen mit aggressivem Verhalten, umgehen.
Welche Inhalte sollen den Teilnehmern vermittelt werden?
Spies: „Am Anfang des Kurses frage ich immer, wer Erfahrungen im Umgang mit einem Hund hat – das sind oft die meisten. Für mich ist es wichtig, den Teilnehmer zu erklären, dass der Kurs keine Hundeschule ist, sondern andere Schwerpunkte setzt. Die Teilnehmer sollen am Ende des Kurses wissen, welcher Hund am besten zu ihnen passen könnte, welches Futter sie kaufen sollten und wie sie richtig mit dem Hund umgehen.“
Bubenheim: „Wir vermitteln unseren Teilnehmern sachlich und nicht geschönt, was mit einem Hundekauf alles auf sie zukommt. Dazu gehört auch, dass sie mal dreckig werden können. Erst am Praxisabend im Tierheim geht es darum, direkt mit einem Hund zu arbeiten. Hier sollen die Teilnehmer erste Erfahrungen im Umgang mit einem Hund machen können. Zum Beispiel, wie man richtig eine Leine anlegt.“
Die Tierheime sind rappelvoll: In Fulda gibt es eine Warteliste, auf der 80 Hunde stehen, die noch abgegeben werden sollen. Woran liegt das?
Bubenheim: „Viele geben ihren Hund vorschnell ab. Sie kaufen sich einen Hund, und merken, dass sie doch nicht mit dem Tier zurechtkommen. Besonders die Corona-Pandemie hat zur schlimmen Lage in den Tierheimen beigetragen.“
Spies: „Die Leute waren zwei Jahre im Home-Office, haben sich vielleicht einsam gefühlt und einen Hund gekauft, der ihnen Gesellschaft leistet. Jetzt müssen alle wieder arbeiten, aber wo kommt der Hund hin? Er ist es weder gewohnt, noch hat er gelernt, alleine zu sein. Viele merken, dass ein Hund nicht in ihr Leben passt. Die erste Lösung ist leider das Abgeben in ein Tierheim, dabei sollte das die letzte Lösung sein.“ (Lesen Sie hier: 23 abgegebene Tiere in nur einer Woche: Tierheimleiterin sieht gesellschaftliches Problem).
Besonders „Problemhunde“, die etwa aggressives Verhalten zeigen, werden in ein Tierheim abgegeben. Gibt es Alternativen, anstatt das Tier abzugeben?
Spies: „Ein Hund lernt ein Leben lang, es ist immer möglich, mit ihm zu trainieren. Auch ein Besuch in einer Hundeschule kann eine Lösung sein. Hier muss man aber darauf achten, dass nicht jede für einen geeignet ist. Am besten, man macht vorher eine Schnupperstunde und schaut, ob es passt.“
Bubenheim: „Die Hundehalter sollten sich informieren, was der Grund für das Verhalten ist oder sein könnte. Danach sollte versucht werden, mit dem Hund – soweit möglich – an den ‚Problemen‘ zu arbeiten. Gerade bei plötzlichen Wesensveränderungen des Hundes sollte untersucht werden, ob nicht etwas Schwerwiegendes vorliegt. Krankheiten können Auslöser für plötzliches aggressives Verhalten sein.“
Woran kann es liegen, dass ein Hund zu einem sogenannten „Problem-Hund“ wird?
Spies: „Ein Hund wird nicht als Problemhund geboren. Die Probleme können im Welpenalter anfangen, wenn in der Prägezeit die Erziehung und die Arbeit mit dem Tier schleifen gelassen werden. Hunde handeln nach Instinkten und Erfahrungen. Wie der Mensch mit ihm umgeht, spielt eine große Rolle. Ein Hund kann Verhaltensauffälligkeiten haben, aber zum ‚Problemhund‘ wird er durch die Menschen.“ (Lesen Sie hier: Immer mehr „Problem-Hunde“? Tierheime beobachten beunruhigenden Trend).
Bubenheim: „Der größte Fehler, den man bei der Erziehung und dem Umgang mit dem Hund machen kann, ist, das Tier zu vermenschlichen, ihm menschliches Denken zuzuschreiben.“
Video: Das solltest du beachten, bevor du dir einen Hund zulegst
Sind einmal abgegebene „Problemhunde“ zu einem Leben im Tierheim verdammt, oder haben sie eine Chance, wieder vermittelt zu werden?
Spies: „Ein als ‚Problemhund‘ eingestufter Hund ist nicht gleich ein verlorener Hund. Wenn man mit Tier und zukünftigem Halter an die Situation angepasst und unter Anleitung arbeitet sowie Zeit hineinsteckt, kann viel erreicht werden. Es ist eine Frage der Kommunikation und des Aufwands, den man bereit ist, zu investieren.“
Ist das Ziel der Kurse, dass sich jeder Teilnehmer am Ende für einen Hund entscheidet und damit die Tierheime entlastet werden?
Spies: „Nein, das Ziel der Kurse ist es nicht, am Ende allen Teilnehmern einen Hund aus dem Tierheim zu vermitteln und auf Zwang die Lage der Tierheime zu verbessern. Wenn man nach dem Kurs merkt, man ist (noch) nicht bereit für einen Hund, ist das in Ordnung. Wer gerne Zeit mit einem Hund verbringen möchte, sich dem Halten eines eigenen Hundes nicht gewachsen fühlt, der kann die Tierheime entlasten, indem er mit einem Hund von dort Gassi geht.“ (Lesen Sie hier: Hohe Nachfrage: Wer eine Pension für sein Tier braucht, sollte sich früh um einen Platz kümmern).
Bubenheim: „Wenn sich Teilnehmer nach dem Kurs nicht für einen Hund entscheiden, haben wir etwas erreicht: Es wird sich kein Hund gekauft, dem man am Ende nicht gewachsen ist.“