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„Konzept beispiellos aus der Zeit gefallen“: Umweltverbände kritisieren Pläne für grünen Kaliberg

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Von: Volker Nies

 Mit der mindestens zehn Meter mächtigen Dickschicht-Abdeckung würde der Neuhofer Kaliberg erheblich breiter werden. Nach Einschätzung der Umweltverbände nähme die Übererdung mehr als 100 Jahre in Anspruch.
Mit der mindestens zehn Meter mächtigen Dickschicht-Abdeckung würde der Neuhofer Kaliberg erheblich breiter werden. Nach Einschätzung der Umweltverbände nähme die Übererdung mehr als 100 Jahre in Anspruch. © Zeichnung: K+S

Das Unternehmen K+S will seinen Kaliberg in Neuhof über mehrere Jahrzehnte hinweg mit einer mindestens zehn Meter dicken Schicht aus Erde und Bauschutt abdecken. Gegen diese Pläne wehren sich drei Umweltverbände mit ihren Stellungnahmen.

Neuhof - Kali und Salz steht mit seinen Plänen noch ganz am Anfang. Der Kaliberg in Neuhof soll begrünt werden. Dafür will K+S den Berg im Kreis Fulda mit mehreren Millionen Tonnen Material abdecken – mit Bodenaushub und Bauschutt, die aus einem Umkreis von 100 Kilometern angeliefert werden sollen.

Fulda: Grüner Kaliberg - Umweltverbände kritisieren K+S-Pläne

Zu diesen Plänen haben sich der Bund Umwelt und Naturschutz (BUND), die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) sowie der Landesjagdverband geäußert. Ihre Stellungnahmen sind identisch. Sie lehnen das Vorhaben rundweg ab: Die Dickschicht-Abdeckung bedeute einen massiven und unnötigen Eingriff in die Natur.

Aufgrund der vorläufigen Angaben von K+S berechnen die Umweltverbände, dass es 105 Jahre dauern wird, bis die Halde abgedeckt ist. Das Unternehmen selbst lehnt solche Berechnung aufgrund des frühen Planungsstandes ab.

Basis der Berechnung der Umweltverbände: K+S plant, dass der Recyclingplatz zur Aufnahme und Aufbereitung der Materialien im Jahr 850.000 Tonnen aufnimmt, was bei einer Gesamtkapazität der Abfalldeponie von angenommen 89 Millionen Tonnen zu einer rechnerischen Gesamtabdeckdauer von 105 Jahren im aktiven Deponiebetrieb führe. Bei einem angenommenen Baubeginn 2027 werde erst 2077 eine 50-prozentige Abdeckung der Haldenoberfläche erreicht. So könne man die Salzabwässer nicht schnell reduzieren.

Die Umweltschützer werfen K+S vor, seine Pläne seien vor allem aus finanziellen Gründen entstanden. Kali und Salz gehe es vor allem darum, über Jahrzehnte Böden und Bauschutt zu deponieren und damit Geld zu verdienen. „Die Belange der betroffenen Umwelt und der Bevölkerung werden gänzlich hintangestellt“, klagen die Verbände.

Ein sehr großer Umweltschaden soll durch einen noch größeren Umweltschaden ersetzt oder vermeintlich kompensiert werden.

Umweltverbände zu den Plänen von K+S

„Ein sehr großer Umweltschaden – nämlich die Entstehung von salzhaltigen Haldenwässern, die in die Werra und Fliede geleitet werden –, soll durch einen noch größeren Umweltschaden ersetzt oder vermeintlich kompensiert werden“, kritisieren die Naturschützer.

Und weiter: „In Zeiten des Klimawandels und der Wasserknappheit ist ein Vorhaben, das auf dem Gedanken beruht, die Salzwasser-Problematik einer bestehenden Kali-Rückstandshalde („Ewigkeitslast“) durch ein jahrzehntelanges Auftragen von Erdaushub, Bauschutt und weiteren Abfallstoffen mit all ihren ökologischen Konsequenzen noch massiv zu verschärfen, als ein beispiellos aus der Zeit gefallenes Konzept zu sehen“.

Grundsätzlich sei es gut, dass K+S versuche, seine salzhaltigen Abwässer zu reduzieren, loben die Naturschützer. Die gewählte Dickschicht-Abdeckung lehnen sie aber ab. K+S habe die Dünnschichtabdeckung als Alternative nicht ausreichend geprüft. Bei einer Abdeckung der Halde mit einer Kunststoffschicht und der Verbringung der Abwässer unter Tage werde viel weniger Fläche verbraucht. Auch der sogenannte „Recyclingplatz“ – eine Steinbrecheranlage mit Umschlagsplatz und Gleisausbau – werde dann unnötig.

„Problematisch – und die Wurzel allen Übels – ist die Tatsache, dass 70 Prozent der Menge der untertägig gewonnenen Rohsalze nach dem Aufbereitungsprozess als Rückstände anfallen und derzeit ausschließlich aufgehaldet werden, obwohl deren intensivere Ausbeutung und die Verbringung von Abraum nach unter Tag technisch machbar wären“, bemängeln die Verbände.

Die Verbände werfen K+S vor, es wolle in den ersten Jahrzehnten zunächst die Ostflanke der Halde abdecken – den Bereich, in dem augenscheinlich noch verwertbare Salze (Kieserit, erkennbar an der hellen Färbung der Halde) in einer Größenordnung von vermutlich mehreren Millionen Tonnen lagern würden. K+S solle versuchen, diesen Rohstoff durch die elektrostatische Aufbereitung (ESTA) einer Verwertung zuführen. Sollte die Ausbeute technisch machbar und ökonomisch vertretbar sein, müsse die Nutzung der vorhandenen Ressourcen Vorrang vor der Übererdung haben. Die Pläne zum grünen Kaliberg wurden übrigens auch in der jüngsten Folge unseres Nachrichten-Podcasts auFZeile besprochen.

Grüner Kaliberg: Verbände glauben, dass 105 Hektar Wald zerstört werden

Die Verbände rechnen vor, dass das Vorhaben 105 Hektar Wald zerstören werde – das entspreche der Fläche der heutigen Halde –, nämlich: 67 Hektar durch die Haldenflächenerweiterung, 19 Hektar durch einen Infrastrukturstreifens um die Halde und 10,2 Hektar durch den Recyclingplatz. Hinzu kämen zehn Hektar für die Verlegung der Landesstraße 3206 Neuhof-Giesel, den Ausbau der Gemeindestraße und der Gleise.

Die betroffenen Wälder seien sehr hochwertig. Im betroffenen Naturraum lebten viele geschützte Tierarten. Sie alle gingen durch Haldenabdeckung verloren. Dazu gehörten Schwarzstorch, Wildkatze, Biber und Fischotter, Reptilien wie Kreuzotter und Kreuzkröte, Fledermäuse sowie besonders geschützte Insektenarten. Auch Rotwild werde beeinträchtigt. Zudem werde eine wichtige Naherholungszone zerstört.

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