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„Die Politik lässt uns im Regen stehen“ - Ärzte-Demo in Fulda angekündigt

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Arztpraxis
In Hessen bleiben am Mittwoch zahlreiche Arztpraxen geschlossen. (Symbolbild) © Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild

Um ein Umdenken in der aktuellen Gesundheitspolitik zu erreichen, schließen am Mittwoch erneut zahlreiche hessische Haus- und Facharztpraxen. Zudem sind öffentliche Protestveranstaltungen in Fulda und Gießen geplant.

Fulda - Die Protestveranstaltung in Fulda wurde vom Gesundheitsnetz Osthessen (GNO) initiiert. „Die Politik lässt uns im Regen stehen“, erklärt Ralph-Michael Hönscher, Vorstandsvorsitzender des GNO, im Gespräch mit der Fuldaer Zeitung. „Aber es geht uns bei der Demonstration nicht nur um uns. Wenn unsere Leistungen gekürzt werden, dann haben die Patientinnen und Patienten das Nachsehen. Denn dann werden Kassenärzte keine neuen Patienten aufnehmen oder Ärzte geben auf und Arztsitze bleiben frei.“

Fulda: Ärzte demonstrieren - „Die Politik lässt uns im Regen stehen“

Er sieht „schwere Zeiten“ auf die Menschen zukommen. „Wenn es durch die finanziellen Nachteile weniger Ärzte gibt, dann wird das die Krankenhäuser zusätzlich belasten. Und die Wartezeiten in der Notaufnahme belaufen sich ohnehin schon auf mehrere Stunden. Wer dann mit Husten dorthin geht, weil er keinen Hausarzt hat, der kann dann gleich sein Köfferchen mitnehmen, um dort zu übernachten“, betont Hönscher, der selbst als Hausarzt in Petersberg tätig ist.

Er hofft deshalb, dass sich der Demonstration, die am Mittwoch um 16 Uhr am Bahnhofsvorplatz startet, auch Patienten anschließen. „Auch sie sollten mit uns gemeinsam ein Zeichen setzen, dass das so nicht geht“, so Hönscher. „Die Sparmaßnahmen der Politik gehen auf Kosten der Menschen.“ Er hofft, dass sich am Mittwoch alle hiesigen Arztpraxen der Demonstration anschließen. „Das Zeichen muss ganz oben ankommen. Die Politik muss wachwerden!“

Die gleiche Wirkung sollen auch die Praxisschließungen haben. „Weil wir auch in Zukunft für unsere Patientinnen und Patienten da sein möchten, protestieren wir mit den Praxisschließungen gegen die aktuelle Gesundheitspolitik“, wird Armin Beck, Hausarzt aus Hofheim und Vorsitzender des Hausärzteverbands Hessen (HÄVH) in einer Mitteilung des Verbands zitiert. (Lesen Sie hier: Mehr Respekt und bessere Bedingungen: Niedergelassene Ärzte demonstrieren auf dem Uniplatz)

„Die bewährte zeitnahe und wohnortnahe ambulante medizinische Versorgung durch niedergelassene Haus- und Fachärzte ist massiv gefährdet“, mahnt Beck. „Wenn es so weitergeht, gibt es bald keine freie Arztwahl mehr. Die Qualität der medizinischen Versorgung der Bevölkerung wird drastisch abnehmen und die anonyme Konzernmedizin wird an der Tagesordnung sein.“

Mit der Verabschiedung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes ist ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht worden, das unter anderem die Streichung der Neupatientenregelung vorsieht. „Die Folge werden längeren Wartezeiten und Aufnahmestopps in den Praxen sein“, befürchtet Dr. Ralf Moebus, Landesvorsitzender des BVKJ.

Video: Praxen bleiben zu: Hamburger Ärzte demonstrieren gegen Lauterbachs Sparpläne

Hinzu kämen die Sparpläne der Krankenkassen, die die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mit einer Honorarerhöhung von zwei Prozent abspeisen und in den beiden kommenden Jahren Nullrunden ansetzen wollen. „Die Honorarentwicklung deckt die steigenden Lohn-, Hygiene- und Energiekosten nicht annähernd ab. Wenn die Kosten weiter steigen, werden viele Praxen ihr Angebot reduzieren müssen“, so Moebus. 

Die geplanten „Gesundheitskioske“, in denen durch nichtärztliches Personal der Zugang in die ärztliche Versorgung gesteuert werden soll, seien „ein Affront gegen die ambulante Medizin“: „Diese Sparmaßnahmen bedeuten erhebliche Einbußen an Qualität und gefährden letztlich die Gesundheit unserer Patientinnen und Patienten. Ein skandinavisches System ist auf ein Land wie Deutschland nicht übertragbar“, erklärt Beck.

„Wir fordern daher Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf, sein Qualitäts-Versprechen zu halten und dafür zu sorgen, dass die Arbeit in einer Arztpraxis wieder attraktiv wird – für jüngere Ärzte, die sich niederlassen möchten, ebenso wie für medizinische Fachangestellte“, so Beck. 

Der Hausärzteverband Hessen, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Landesverband Hessen (BVKJ), sowie weitere Berufsverbände unterstützen die beiden Protestveranstaltungen am 30. November. (ah, jeb)

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