Reinhard Schwab, Landesvorsitzender des Hessischen Philologenverbandes, sagt zwar, dass die Neuregelung der Eingangsbesoldung den Grundschullehrern gegönnt sein möge, da sich „ihre wichtige Basisarbeit“ aufgrund herausfordernder Unterrichtssituationen – die sich etwa durch Integrationsprobleme oder mangelhafte Deutschkenntnisse ergeben – als schwieriger gestaltet. (Lesen Sie auch: Lehrermangel an Schulen - Verband widerspricht Aussage des Schulamts)
Allerdings würden diese „Verschärfungen im Arbeitsumfeld“ auch die weiterführenden Schulen betreffen. Außerdem umfasse dort der zu vermittelnde Lernstoff ein Vielfaches dessen, was in der Grundschule zu leisten sei. Deshalb fordert er, die Besoldung für das gymnasiale Personal konsequenterweise auf A14 zu erhöhen. Eine einheitliche Besoldung für gleichermaßen wertvolle, aber unterschiedliche Arbeit sei nicht zu legitimieren.
Cornelia Barby, Mitglied des Vorsitzendenteams des Kreisvorstandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Fulda, kann die Forderung des Philologenverbandes nicht unterstützen. In ihren Augen ist die Arbeit der verschiedenen Lehrämter nicht grundsätzlich unterschiedlich viel wert. Sie alle seien Lehrkräfte, die gemeinsam für eine bestmögliche Bildung der Kinder verantwortlich sind – weshalb sie das gleiche Gehalt verdienen.
Wir Grundschullehrer legen die Grundlagen für den ganzen weiteren schulischen Verlauf der Kinder.
Für Cornelia Barby kam die Nachricht, dass die Grundschullehrkräfte in Hessen zukünftig nach A13 bezahlt werden sollen, überraschend. „Denn noch im November vergangenen Jahres zeigte unser Kultusminister wenig Bewegung in diese Richtung.“ Nichtsdestotrotz begrüßt sie die Neuregelung und hält sie für „absolut gerechtfertigt“. Es sei nicht nachvollziehbar, dass Grundschullehrkräfte im Jahr etwa anderthalb Monatsgehälter weniger verdienten. In dem Beschluss der Landesregierung sieht Barby eine Anerkennung und Wertschätzung der Arbeit von Grundschullehrern.
Außerdem findet sie, dass mit einer angemessenen Bezahlung der Beruf – womöglich auch für männliche Lehrkräfte – attraktiver werden dürfte. Die Bezahlung allein löse das Problem des Lehrkräftemangels jedoch nicht. Es gebe weitere Punkte, wie etwa ausreichende Studienplätze ohne Zugangsvoraussetzung, angepasste Studieninhalte und ein Überdenken der Pflichtstundenzahl, die angegangen werden müssen.
Anne-Karin Koch, Konrektorin der Ahornschule Lütter, fügt hinzu, dass man bei all der Freude über mehr Geld beachten müsse, dass die Umsetzung bis 2028 dauert. „Ich kann mir vorstellen, dass viel Organisatorisches mit der Neuregelung zusammenhängt. Die Aufstockung muss nicht von heute auf morgen stattfinden, aber etwas kürzere Schritte wären wünschenswert“, findet die 39-jährige Grundschullehrerin. Dennoch sieht auch sie in der Neuregelung eine Anerkennung und Wertschätzung ihres Berufs. „Wir Grundschullehrer legen die Grundlagen für den ganzen weiteren schulischen Verlauf der Kinder“, sagt sie.
Natürlich sei der Korrekturaufwand an den weiterführenden Schulen ein größerer, stimmt Koch den Aussagen des Hessischen Philologenverbands zu. Dennoch findet sie es in Ordnung, dass Grundschullehrer jetzt auf einer Stufe mit den Lehrern der weiterführenden Schulen stehen. Denn wie sie erklärt, ist die Bandbreite der Fächer, in die man sich als Grundschullehrer einarbeiten muss, groß: Obwohl sie die Fächer Deutsch, Englisch und katholische Religion studiert hat, unterrichtet sie auch Mathematik, Kunst und Musik.
Koch stimmt Barby zu, dass der Beruf mehr Nachwuchs braucht. Besonders im Hinblick auf männliche Kollegen gebe es einen Mangel. „Ich hoffe, dass sich durch die Neuregelung mehr Männer dazu entscheiden, Grundschullehrer zu werden. Denn die Kinder brauchen auch in der Schule männliche Bezugspersonen.“
Für das Schulamt spielt die Besoldungserhöhung ebenso besonders im Hinblick auf die Neugewinnung von Lehrkräften eine wichtige Rolle. Laut der Fuldaer Schulamtsleiterin Marion VanCuylenburg werde die geplante Besoldungserhöhung dabei helfen, den Lehrerberuf an Grundschulen attraktiver für junge Menschen zu gestalten. Außerdem findet VanCuylenburg es gut, dass mit der Anhebung die wichtige gesellschaftliche Aufgabe der Lehrkräfte aufgewertet und mehr Anerkennung erfährt. Denn in den Grundschulen werde die Basis für die gesamte Schullaufbahn gelegt.
Zu der Kritik des Hessischen Philologenverbands sagt die Schulamtsleiterin, dass es vermieden werden sollte, eine Vergleichsdebatte zu führen, ob die Arbeit einer Gymnasiallehrkraft mehr oder weniger wert ist als die einer Grundschullehrkraft – oder umgekehrt. Es brauche für alle Lehrämter „motivierte und qualifizierte Kolleginnen und Kollegen, sie sollten nicht im Vergleich zueinander stehen“.