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Götter wohnen im Mietshaus: Auftakt von „Leseland Hessen“ mit Schriftstellerin Katharina Adler

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Von: Anja Hildmann

Schriftstellerin Katharina Adler zog die Zuhörer mit dem Roman „Iglhaut“ in ihren Bann.
Schriftstellerin Katharina Adler zog die Zuhörer mit dem Roman „Iglhaut“ in ihren Bann. ©  Anja Hildmann

Die Literaturreihe „Leseland Hessen“ ist am Dienstagabend offiziell in der Aula der Alten Universität eröffnet worden. Schriftstellerin Katharina Adler las aus ihrem stachelig schönen Roman „Iglhaut“.

Fulda - Zum 19. Mal beteiligt sich die Stadt Fulda an der Literaturreihe „Leseland Hessen“, bei der Bücherfans die Gelegenheit haben, Schriftstellerinnen und Schriftstellern beim Lesen aus ihren neuen Büchern zu lauschen.

Dieses Jahr gibt es sechs öffentliche Leseabende in Fulda. Den Anfang machte Katharina Adler: Knapp 50 Besucherinnen und Besucher nutzten die Chance, mehr über ihren neuen Roman „Iglhaut“ zu erfahren.

Fulda: Katharina Adler liest aus ihrem Roman „Iglhaut“

Iglhaut, das ist der Name der Protagonistin, die in einem Münchner Mietshaus wohnt und im Hinterhof ihre Holzwerkstatt unterhält. Die Romanheldin, die schlechte Backenzähne, Geldsorgen und eine Vorliebe für Whiskey-Cocktails hat, will vor allem ihre Ruhe haben. Doch sie verstrickt sich immer wieder ohne eigenes Zutun in nachbarschaftliche Angelegenheiten. Um den Zuhörerinnen und Zuhörern einen Einblick in die Nachbarschaft zu geben, las Adler aus dem ersten Kapitel „Glück“ vor.

Schnell zeigte sich: Iglhauts unverblümte Art sorgt im Zusammenspiel mit ihren Nachbarn für faszinierende, aber auch urkomische Dialoge. Denn die Zuhörerinnen und Zuhörer lauschten nicht nur gebannt, sondern brachen auch immer wieder in amüsiertes Gelächter aus. Kein Wunder: Adler schaffte es beim Lesen, die Figuren, die unterschiedlicher nicht sein könnten, lebendig werden zu lassen. Bei ihnen handle es sich um Menschen, die in der Gesellschaft häufig übersehen werden, erklärte die Schriftstellerin. Der Roman feiere den Alltag dieser Menschen, ohne ihre Schwierigkeiten zu verschweigen.

Adler verriet außerdem, dass sie ihre Figuren wie griechische Götter betrachtet und das Mietshaus wie ihren Olymp. Aus diesem Grund sei jedes kleinste Detail für sie von Bedeutung - zum Beispiel wie eine Zigarette zu Boden fällt. Im Alltag der Figuren spielen allerdings auch politische Themen eine wichtige Rolle, sagte Adler. Es geht unter anderem um Solidarität in der Gesellschaft, Wohnungsnot und Ungleichheit der Geschlechter.

Katharina Adler erklärt: Darum heißt ihre Protagonistin „Iglhaut“

Letzteres spielte bereits im ersten Roman der 42-Jährigen eine zentrale Rolle. „Ida“ erzählt die Geschichte ihrer Urgroßmutter, die unter dem Pseudonym „Dora“ als Patientin von Sigmund Freud berühmt geworden ist. In Iglhaut sehe sie eine Fortsetzung der Figur, betonte Adler. Denn so wie die Urgroßmutter der Autorin zeichnet sich auch Iglhaut durch ihre Unabhängigkeit und Rauheit aus. Auch wenn sich seit den 1920ern vieles getan hat, will Adler mit „Iglhaut“ zeigen, dass die Situation der Frauen auch heute noch verbesserungswürdig ist. Aus diesem Grund wird ihre Protagonistin nur bei ihrem Nachnamen genannt. Eine Praktik, die normalerweise Männern vorbehalten ist.

Der Name Iglhaut verrät zudem, um was für eine Frau es sich handelt: So wie der Igel ist auch die Romanheldin etwas „stachelig“, denn sie hat mehr für Tiere übrig als für Menschen. Das fehlende „e“ soll zeigen, dass Iglhaut nicht perfekt ist. Die „Haut“ verrät allerdings, dass die Protagonistin auch eine zärtliche Seite hat, so die Schriftstellerin.

Natürlich lässt es sich Adler nicht nehmen, die Zuhörerinnen und Zuhörer in ein spannendes Kapitel hineinzuziehen, nur um dann beim Auftauchen einer geheimnisvollen Nachricht abrupt zu stoppen. So bleibt das Publikum neugierig und hungrig auf mehr zurück.

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