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Klimatisierte Räume für alle Bürger? Gemeindevertreter debattieren über Hitzeaktionsplan

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Von: Sabrina Mehler

Sollen Rathaus oder Bürgerhäuser an heißen Tagen für die Öffentlichkeit öffnen?
Sollen Rathaus oder Bürgerhäuser an heißen Tagen für die Öffentlichkeit öffnen? © Luis Noel Tolle, Frank Rumpenhorst/dpa

Auch wenn aktuell eher die Frage pressiert, wie das Land mit möglichst wenig Energie durch den kalten Winter kommt, haben die Künzeller Gemeindevertreter kürzlich darüber debattiert, ob die Gemeinde ihren Bürgern und Bürgerinnen bei Hitzewellen im Sommer klimatisierte Räume anbieten sollte.

Künzell - Sollen an besonders heißen Tagen Räume im Rathaus, im Gemeindezentrum oder in den Bürgerhäusern geöffnet werden, um von Hitze bedrohten Bürgern und Bürgerinnen kühle Plätze zur Verfügung zu stellen? Das zumindest war der Vorschlag der FDP-Fraktion in der jüngsten Gemeindevertretersitzung in Künzell (Kreis Fulda).

Fulda: Klimatisierte Räume für alle Bürger? Debatte über Hitzeaktionsplan

Vorsitzender Jürgen Plappert erinnerte an den Sommer in diesem Jahr, der gezeigt habe, dass innerhalb weniger Tage die Temperaturen auf bis zu 40 Grad klettern können, und erklärte: „Symptome wie Kreislaufbeschwerden, Erbrechen oder Kopfschmerzen können vor allem bei älteren Menschen oder bei Menschen mit Vorerkrankungen auftreten und eine Gesundheitsgefährdung anzeigen.“

Die eigene Wohnung oder das Haus könnten häufig nur begrenzt kühl gehalten werden. Daher müssten kommunale Angebote bereitgestellt werden, damit Bürger vor extremer Hitze geschützt werden, appellierte die FDP und forderte einen Hitzeaktionsplan für Künzell. (Lesen Sie hier: Apfelernte in der Region: Wie der Hitze-Sommer die Erträge beeinflusst)

Hitze

Hitzewellen zählen zu den Extremwetterereignissen, die durch den fortschreitenden Klimawandel häufiger auftreten und damit eine zunehmende Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung darstellen, erklärt das Bundesministerium für Gesundheit.

Heiße Tage mit Lufttemperaturen über 30 Grad Celsius und Tropennächte, in denen die Lufttemperatur nicht unter 20 Grad fällt könnten für den menschlichen Organismus eine große Belastung darstellen, insbesondere, wenn zudem eine hohe Luftfeuchtigkeit herrscht und wenig oder gar kein Wind geht. Denn bei hohen Temperaturen muss das körpereigene Kühlsystem vermehrt Anstrengungen unternehmen, um die normale Körpertemperatur von circa 37 Grad Celsius zu halten. Diese zusätzlichen Belastungen des Herz-Kreislaufsystems sowie ein möglicher Flüssigkeitsmangel durch verstärktes Schwitzen können zu hitzebedingten Erkrankungen wie Hitzeerschöpfung, Hitzekrämpfen, einem Hitzschlag oder Austrocknung führen, die zum Teil lebensbedrohlich sind.

Hitze wirkt sich auf die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden aller Menschen aus. Besonders gefährdet bei Hitze sind Menschen, die bereits unter Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems oder Atemwegserkrankungen leiden, Menschen über 65 Jahre, Babys und Kleinkinder sowie Menschen, die sich etwa berufsbedingt viel im Freien aufhalten.

Bürgermeister Timo Zentgraf (parteilos) war in dieser Frage jedoch eher zwiegespalten. Zwar machte er ein durchaus überraschendes Angebot und sagte: „Wem es zu heiß ist und mal zwei Stunden ins Rathaus kommen will, der ist jederzeit gerne eingeladen. Es gibt auch einen Kaffee oder ein Kaltgetränk dazu.“

Ob die Gemeinde aber weitere gekühlte Räume zur Verfügung stellen könne, betrachtete er skeptisch – auch weil es dabei viele Fragen zu beantworten gebe: „Sollen wir auch Schlafplätze anbieten? Müssen wir ältere Bürger transportieren? Was müssen wir gesundheitstechnisch beachten?“ Zudem sei er ohnehin der Meinung, dass jeder selbst vorsorgen muss: „Wer bei hohen Temperaturen Probleme hat, der muss ein Stück weit selbst entsprechende Investitionen tätigen und den Geldbeutel öffnen.“

Diese Ansicht erschien dem SPD-Fraktionschef Dieter Lachnit allerdings zu einfach. Er erinnerte, dass insbesondere ältere Menschen häufig eine zu geringe Rente beziehen, um selbst vorsorgen zu können. Er betonte, dass Hitzewellen ein Thema seien, mit dem sich die Gemeinde beschäftigen müsse: „Wir müssen darüber sprechen, wie unsere Gemeinde kühler werden kann.“

Video: „Massive Häufung von Hitzewellen“: Zahl heißer Tage in Deutschland verdreifacht sich

Christof Erb, Fraktionsvorsitzender der CDU, berichtete, dass das Land Hessen bis Frühjahr nächsten Jahres einen Hitzeaktionsplan aufstellen wird. „Dazu gehören klimatisierte Räume, aber dazu gehört noch viel mehr – zum Beispiel die Frage, wie man mit Gebäuden umgeht und ob man die Bevölkerung vor Hitzewellen warnt.“ Erb plädierte dafür, erst den Plan aus Wiesbaden abzuwarten, bevor die Gemeinde tätig wird. „Und dann müssen wir darauf achten, dass nicht unnötig viel Energie verbraucht wird und die Temperaturen nicht mit Energie nach unten gedrückt werden. Stattdessen braucht es zum Beispiel eine sinnvolle Bauweise.“

Es sei prüfenswert, ob in den Bürgerhäusern der Ortsteile zumindest in Teilbereichen Klimaanlagen eingebaut werden könnten, fand derweil Bernd Eckart, Vorsitzender der Grünen-Fraktion. Dies sei eine Aufgabe, die auch die Gemeinde Künzell leisten könne.

Angesichts der vielen Meinungsbeiträge während der Sitzung schlug Bürgermeister Zentgraf vor, den Antrag in den Bauausschuss zu verweisen: „Dann könnten wir in einem Brainstorming überlegen, welche Ideen es für Hitzeschutzmaßnahmen in der Gemeinde gibt.“ Dem stimmten die Gemeindevertreter einmütig zu.

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