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Lage bleibt angespannt: Noch viele Kinder mit Grippe- und RS-Virus in Behandlung

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Von: Volker Nies

Ein Fieberthermometer, Nasenspray und eine Tasse Tee stehen vor einem Bett, in dem ein Kind mit Kuscheltier sitzt und auf ein Tablet schaut.
Auch nach Weihnachten bleibt die Lage bei Kinderärzten und in der Kinderklinik des Klinikums Fulda weiter ernst. Viele Kinder sind teils schwer an Grippe und dem RS-Virus erkrankt. Medikamente fehlen. (Symbolbild) © Annette Riedl / dpa

Vor Weihnachten war die Lage bei Kinderärzten und in der Kinderklinik extrem angespannt. Viele Kinder waren teils schwer an Grippe und dem RS-Virus erkrankt. Jetzt ist die Lage ist nicht mehr extrem angespannt, aber weiter ernst. Medikamente sind weiter Mangelware.

Fulda - Bevor die Fuldaer Kinderärzte Dr. Cornelia Langer und Prof. Dr. Jens-Oliver Steiß in ihrer Praxis am Heinrich-von-Bibra-Platz morgens anfangen, Patienten zu behandeln, rufen sie erst einmal in den umliegenden Apotheken an und fragen, welche Antibiotika und Fiebersäfte verfügbar sind. „Die Versorgungslage ist nach wie vor schwierig. Medikamente, die es gerade nicht gibt, wollen wir auch nicht verschreiben“, sagt Steiß. (Lesen Sie auch: Immer mehr Medikamente werden knapp: Fuldaer Apotheker schlagen Alarm)

Fulda: Viele Kinder mit Grippe- und RS-Virus im Krankenhaus

Vor den Feiertagen arbeiteten die Kinderärzten in Praxen und Krankenhäusern bis am Anschlag. Hauptgrund war die hohe Zahl an Atemwegsinfekten. „Bundesweit war die Zahl der Kinderarztbesuche wegen Atemwegsinfekten fünfmal so hoch wie in der Coronazeit“, erläutert Steiß. Jetzt berichten Ärzteverbände, die Lage habe sich ein wenig entspannt. Jens-Oliver Steiß würde diese Aussage nicht unterschreiben. „Mit solchen Meldungen muss man vorsichtig sein. Aus meiner Sicht ist die Welle an Infektionen noch nicht gebrochen.“ Einzig bei Schulkindern habe die Zahl kranker Kinder etwas nachgelassen – vermutlich einfach deshalb, weil viele schulpflichtige Kinder jetzt zuhause seien und sich die Infektionen wo langsamer verbreiteten.

Bei kleineren Kindern mit Atemwegsinfektion sei der Zahl der Patienten unverändert hoch. „Wir versuchen, die ganz Kleinen oft zu sehen, möglichst alle zwei Tage. Wenn man sie so eng begleitet, können sie zu Hause bleiben, und die Krankenhäuser werden entlastet“, berichtet Steiß. (Lesen Sie auch: Weniger Babys im Kreis Fulda als in den Vorjahren - Klinikum knackt Allzeit-Rekord)

„Insgesamt ist die Belastung unserer Praxis unverändert sehr hoch“, sagt der Kinderarzt. „Das kann aber zum Teil auch daran liegen, dass andere Kinderarztpraxen noch geschlossen sind und wir die Vertretung machen. Zudem bin ich der einzige Kinder-Pneumologe, also Kinder-Lungenarzt“, berichtet Steiß.

Seine Praxis gehört zu den Überwachungspraxen, die regelmäßig anonymisiert Abstriche von Kindern mit Atemwegsinfekten an das Robert-Koch-Institut schicken. Damit kann das Institut einen Überblick gewinnen, welche Infekte aktuell das Hauptproblem sind. „Derzeit sind Influenza und das RS-Virus die größten Probleme“, berichtet der Kinderarzt. (Lesen Sie auch: Kitas ächzen unter Krankheitswelle: Gruppen werden geschlossen oder zusammengelegt)

Die Kinderklinik des Klinikums Fulda hingegen verzeichnet seit dem Jahreswechsel einen deutlichen Rückgang der Welle von Atemwegsinfektion mit RSV und Influenza. Chefarzt Dr. Reinald Repp berichtet:„Hatten wir bis Weihnachten noch jeden Tag über 30 Kinder in der Klinik mit RSV oder Influenza, so sind es heute ,nur’ noch 10.“ Woran das liege, könne man nicht ganz genau sagen. „Vermutlich wirken die Weihnachtsferien in den Schulen und den Kitas für die beiden Viren wie ein kleiner ‚Lockdown‘, und die Wahrscheinlichkeit der Übertragung von Infizierten auf Gesunde wird dadurch deutlich vermindert.“ Vor Weihnachten habe es zwar in der Klinik schon leichte Schwankungen in der Zahl der mit beiden Viren infizierten Kinder und Jugendlichen gegeben, aber keinen abfallenden Trend.

Repp erklärt: „Im Vergleich zu den Praxen wirken sich die Infektionswellen in der Klinik immer erst mit ein paar Tagen Verzögerung richtig aus, da ja nur Kinder mit Komplikationen oder sehr schwerem Verlauf in der Klinik behandelt werden müssen und sich diese Schwere der Erkrankung meist erst im Verlauf mehrerer Tage entwickelt.“

Video: Krankenhäuser warnen vor Belastung des gesamten Gesundheitssystems

Eine Prognose zum weiteren Verlauf der RSV- und Influenza-Infektionen lasse sich noch nicht ableiten. Der Chefarzt erläutert: „Nach den vielen Infektionen während der vergangenen Wochen haben wir sicher jetzt eine höhere Grundimmunität gegenüber den beiden Viren bei den Kindern und Jugendlichen, sodass wir nach Schulbeginn wahrscheinlich nicht gleich wieder mit so hohen Erkrankungszahlen rechnen müssen, wie wir sie in den vergangenen sechs Wochen hatten. Vielleicht bekommen wir aber im Spätwinter noch einmal einen deutlichen Anstieg, in der Zeit, in der die beiden Viren vor der Covid-Pandemie in der Regel die meisten Infektionen verursacht hatten.“

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