Kleine Besonderheiten sorgten beim Durchsehen der vielen Dokumente auch für Amusement: Die Grenzänderungsverträge waren teilweise sehr übersichtlich, doch im Keuloser Investitionsplan war vermerkt: Die Unkrautspritze bleibt im Ort.
Moderatorin Sabine Räth interviewte dann die ehemaligen Bürgermeister Hermann Brück (1986 – 2003) und Peter Meinecke (2003 – 2015). „Die Egoismen müssen verdrängt werden und wir brauchen eine Region, die sich gegenseitig stärkt“, so Brück zum Zusammenleben der Kommunen im Kreis.
Nach den Daten und Fakten war die Zeit für Emotionen gekommen. In einer 25-minütigen Diashow wurden über 300 Fotos aus den letzten 50 Jahren Künzell gezeigt, wobei viele für Lacher sorgten. Schließlich wurden die Menschen auf die Bühne gebeten, die als Zeitzeugen die Gebietsreform miterlebt haben.
Allen voran Thomas Grünkorn, Ortsvorsteher von Pilgerzell und Urgestein der Künzeller Kommunalpolitik, der die Stimmung nach der Gebietsreform zusammenfasste: „Kleinere Orte mussten ihre Straßennamen abgeben, das frustrierte. Hinzu kam die Postreform, wobei die Ortsteilnamen verschwanden, die Leute hatten das Gefühl, sie kommen in der neuen Gemeinde nicht richtig an und sind Bürger zweiten Grades.“
Wenig hilfreich war da das Ereignis am 31. März 1972, als ein Unwetter über das Gemeindegebiet zog. „Es war ein Tag vor der Eingliederung, und da fiel in Pilgerzell die alte Dorflinde um. Da wollte selbst die Linde nicht zu Künzell gehören“, witzelte Grünkorn.
Josef Kremer, Alfred Klüber und der „Rebell“ Norbert Maierhof aus Dietershausen erzählten von der Unterschriftenaktion, mit der sie verhindern wollten, künftig zu Weyhers zu gehören. Warum man zum Telefonieren zum Bürgermeister gehen musste, erzählte Helmut Vogler aus Dassen.
Oskar Leitsch aus Wissels erinnerte sich, dass man einst zu Dipperz gehören sollte, da die Kinder dort in den Kindergarten gingen: „Als Dipperz gemerkt hat, dass wir da nicht hinwollen, haben sie uns die Kindergartengebühr hochgesetzt. Wir haben uns vergeblich beim Landrat beschwert, darum haben wir unsere Kinder dann aus dem Kindergarten rausgenommen.“
Margitta Möller und Karin Schultheis aus Bachrain plauderten ebenso wie Eberhard Meffert und Herbert Ritz aus Engelhelms aus dem Nähkästchen. Bernhard Schickling und Walter Schreck aus Keulos haben auch positive Entwicklungen beobachtet. Grünkorn fasste zusammen: „1972 war es eher eine Zwangsehe, aus heutiger Sicht eine Vernunftehe und in 50 Jahren wahrscheinlich eine Liebesheirat.“
Für den Bundestagsabgeordneten Michael Brand (CDU) als Engelhelmser ist es wichtig, dass die Ortsteile und ihre Vereine stark zusammenstehen. Auch Landrat Bernd Woide (CDU) gratulierte zum Jubiläum. (von Alisa Kim Göbel)