Wo sind die 34.000 Euro? Ex-Rathauschef will in zweiter Instanz Freispruch

Was ist mit den 34.000 Euro passiert, die der ehemalige Kalbacher Bürgermeister Florian Hölzer (parteilos) vom Konto eines Rentners aus Petersberg abhob? Diese Frage will jetzt das Landgericht Fulda klären. Nach der Anhörung von zehn Zeugen bleiben viele Fragen offen.
Fulda - „Ich will, dass die Wahrheit ans Licht kommt“, rief Hölzer aus, nachdem ihm Richter Dr. Jochen Müller nahegelegt hatte, es beim Urteil des Amtsgerichts Fulda vom Februar 2022 zu belassen. Das Gericht hatte Hölzer wegen Untreue zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung und zur Rückzahlung der 34.000 Euro verurteilt.
Die Summe habe Hölzer von Januar bis Juni 2020 vom Konto eines inzwischen verstorbenen, zuletzt dementen 90-Jährigen abgehoben, dessen Betreuer er war. Der Verbleib des Geldes ist ungeklärt. Hölzer will in der zweiten Instanz nun einen Freispruch.
Fulda: Wo sind die 34.000 Euro? Ex-Rathauschef will Freispruch
Er erklärte dem Landgericht, der mit ihm befreundete Rentner habe ihn beauftragt, das Geld von dessen Konto abzuheben, weil dieser kein Vertrauen in die Banken und den Staat gehabt habe und die Scheine der Tochter in den USA schicken wollte – die allerdings eine Kontovollmacht hatte und sich das Geld hätte überweisen können.
Bei ihr ist nie Geld angekommen. Zur Tatzeit war Hölzer Bürgermeister in Kalbach. Wie sich zeigte, fuhr er in den rund fünf Monaten der Tat 34 mal zur Sparkassenfiliale nach Petersberg und hob dort jeweils 1000 Euro vom Konto des Rentners ab. Nach seiner Darstellung sammelte er mehrere solcher Abhebungen.
Dann brachte er sie zum Eingang des Petersberger Seniorenheims, um sie einem Mitarbeiter zu übergeben – in Schokolade versteckt, wie er zuerst der Polizei erklärte, oder in weißen Papiertüten mit einer Rolle Kekse, wie er am Mittwoch äußerte (lesen Sie auch hier: Retter mit dem Rad - Klaus Mouchlias stoppt Schockanruf-Betrüger).
Vier Mitarbeiter des Heims berichteten, sie wüssten von keinem Fall, in dem auch nur eine einzige Tüte für den Rentner abgegeben wurde, und von keinem Fall, in dem der Rentner Briefe – etwa mit Geld – verschickt habe. Eine Mitarbeiterin am Eingang des Heims berichtete von einem ungewöhnlichen Besuch durch Hölzer Anfang 2022 an ihrer Privatadresse.
Da sie abwesend war, habe er ihrem Vermieter erklärt, da er Bürgermeister sei, dürfe er ihre Telefonnummer erfragen. Dann habe er sie angerufen und ihr erklärt, dass bald eine Verhandlung gegen ihn anstehe. Ob sie sich denn nicht an die weißen Papiertüten erinnere, die er abgeben habe? Sie habe das Gespräch beendet.
Als der Rentner im Juni 2020 von der Abhebung der 34.000 Euro erfuhr, sagte er der Polizei, er habe niemanden beauftragt, für ihn Geld zu holen. Als das Pflegeheim Hölzer als den zuständigen Betreuer über das Verschwinden der Summe informierte, sagte dieser, er habe keine Erklärung für den Verlust.
Fotos vom Geldautomaten zeigten dann allerdings, dass Hölzer das Geld abgehoben hatte. Ein Freund und die Ehefrau des Angeklagten sagten, sie seien jeweils einmal dabei gewesen, wie Hölzer Geld abhob und es am Heim abgab. Der Freund sagte, er habe gesehen, wie der Rentner kurz nach der Abgabe ein Zeichen am Fenster gegeben habe.
Das Zeichen habe er erkannt, obwohl er den Mann nur schemenhaft gesehen habe. Die Ehefrau erklärte auf die Frage, warum die Transaktionen aufhörten: „Wir wollten nicht mehr, weil uns die Sache zu heiß wurde.“ Einen Beweis, dass die 34.000 Euro auf Hölzers Konto landeten, hat die Kripo nicht, sagte eine Beamtin.
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Betrachte man dessen Konten allerdings insgesamt, zeige sich – etwa durch über Monate ausbleibende Bar-Abhebungen – eine unerklärliche Verbesserung der Finanzlage um 25.000 Euro. Hölzer begründete das am Mittwoch damit, dass seine Mutter ihm 15.000 Euro in bar geschenkt habe.
Auf die Frage von Richter Müller: „Warum haben Sie das nicht früher gesagt?“, zuckte Hölzer mit den Schultern: „Das weiß ich nicht.“ Die Verhandlung wird in zwei Wochen fortgesetzt.