„Nach der Krise ist vor der Krise.“ Mit dieser Aussage begann Woide im Gemeindezentrum Künzell am Montag seine Haushaltsrede vor dem Kreistag. Alle hätten gehofft, die Corona-Pandemie hinter sich lassen zu können, sagte der Landrat. Jetzt träfen die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine Europa und Deutschland mit voller Wucht: „Die Inflation steigt auf ein für uns in den letzten Jahrzehnten unbekanntes Niveau, die Zinsen steigen, Lieferketten sind gestört und bringen unsere Wirtschaft in große Probleme, die Verbraucherpreise steigen und die Migration nach Deutschland erreicht wieder das Niveau der Jahre 2015/2016“, sagte Woide. Viele Menschen machten sich Sorgen um ihre berufliche und private Zukunft.
Auf diese Sorgen müsse der Staat reagieren – auch der Landkreis Fulda. Die Reaktionen müssten aber anders ausfallen als bisher. Die Menschen hätten sich daran gewöhnt, dass der Staat auf fast jede auftretende soziale, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Problemlage mit finanziellen staatlichen Leistungen reagiert. Das zeige sich in der Entwicklung der Sozialetats – auch im Landkreis Fulda. Bislang sei das gut gegangen, weil der Staat die wachsenden Sozialausgaben habe stemmen können. „Nach allem Anschein ist es damit aber bald vorbei. Deutschland gerät mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine Rezession, die zwangsläufig Finanzspielräume auf allen staatlichen Ebenen verringern oder sogar beseitigen wird“, warnte Woide.
Es sei deshalb an der Zeit, dass die Bürger ihr Verhältnis zum Staat überdenken. Die Bürger dürften ihren Staat nicht weiter als „Versicherungsinstitution ansehen, die jede persönliche, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Problemlage löst“, sagte der Landrat. Der Staat sei längst an die Grenzen seiner finanziellen und verwaltungsmäßigen Leistungsfähigkeit angekommen. Der Staat müsse sehen, dass seine Bürger nicht nur Rechte haben, sondern auch Pflichten.
Vier Millionen Euro fehlen dem Landkreis 2023 auf der Einnahmenseite, weil das Land die Stadt Fulda sowie die Gemeinden Petersberg, Künzell, Eichenzell, Neuhof und Flieden im Landesentwicklungsplan nicht mehr als ländlicher Raum einstuft. Über den Streit zwischen der Region und der Landesregierung hat unsere Zeitung mehrfach berichtet. „Ich hoffe, dass der hessische Verwaltungsgerichtshof der Klage des Landkreises und der beteiligten Kommunen stattgibt und den Landesentwicklungsplan in den angegriffenen Teilen für rechtswidrig erklärt“, sagte Woide.
2,7 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr gibt der Kreis für Personal aus. Die Summe deckt Besoldungserhöhungen ab, aber auch 19 zusätzliche Mitarbeiter. „Der zusätzliche Stellenbedarf resultiert vor allem aus gesetzlichen Veränderungen wie Bürgergeld, Wohngeld, Chancen-Aufenthaltsrecht und Migration in den Landkreis Fulda“, erläuterte der Landrat. (Lesen Sie dazu: Hohe Ausgaben für abgelehnte Asylbewerber: Kreis Fulda bleibt auf immer mehr Kosten sitzen)
Wie in diesem Jahr enthält der Haushalt vier Millionen Euro für den Kreisausgleichsstock. Diese Mittel werden für Projekte insbesondere aus den Bereichen Kindergärten und Feuerwehr ausgegeben, die die Städte und Gemeinden beim Kreis anmelden. Woide betonte, dass der Landkreis die Städte und Gemeinden mit drei weiteren Fördertöpfen unterstütze: 250.000 Euro für die innerörtliche Entwicklung, 300.000 Euro für Schwimmbäder und rund eine Million Euro für Radwege.
Woide sagte, der Landkreis könne nicht jedes persönliche oder wirtschaftliche Problem lösen. Der Kreis solle aber ein verlässlicher Partner für die Menschen, die Unternehmen und die Vereine und Verbände der Region sein.
Der Haushalt wird jetzt in Ausschüssen und Fraktionen beraten. Am 13. Februar 2023 wird der Kreistag über das Zahlenwerk entscheiden.