Und das, was er schrieb, schmeichelte Louisa. Oft erwischte sie sich dabei, wie sie in sich hineingrinste. Aber sie wusste eben, dass es dieses „Love-Scamming“ gibt. Im Polizeipräsidium Osthessen sind im vergangenen Jahr insgesamt 31 „Love-Scamming“-Fälle angezeigt worden – die Dunkelziffer dürfte höher sein, weil nicht jeder Fall bei der Polizei landet. „Bei den angezeigten Fällen ist ein Vermögensschaden von rund 250.000 Euro entstanden“, sagt Kriminalhauptkommissar und Pressesprecher Dominik Möller.
„Wenn er mit mir schreibt, schreibt er mit keiner anderen, die womöglich drauf reinfällt“, hat Louisa gedacht. Nach acht Wochen kam dann die Nachricht, mit der die Fuldaerin eigentlich schon viel früher gerechnet hatte: „Julien schrieb mir, dass in sein Auto eingebrochen wurde. Er habe alle seine Konten sperren lassen müssen, und es war irgendwie eine Woche lang Drama“, erzählt die 34-Jährige.
Schließlich habe sich auch seine Art und Weise zu schreiben geändert und er bat sie, ein Konto für ihn zu eröffnen. „Und jetzt ist’s passiert“, dachte Louisa. „Lass uns heute Abend mal facetimen“, schrieb sie ihm und stellte zwei Fragen: „Ich wollte von ihm wissen, ob er mich jemals angelogen hat und wer er wirklich ist.“ Julien habe erst eine Menge Ausflüchte gesucht. „Aber dann hat er die Wahrheit gesagt und mir vieles von dem System erzählt, mit dem er arbeitet.“
Julien komme eigentlich aus Ghana. Dort lebe er zusammen mit zehn anderen Männern in einem Haus – und ihr Job ist der Internetbetrug. Der Typ auf den Fotos bei Instagram sei nicht er, sondern sein Boss, der in Großbritannien lebe und von da aus eine Menge Profile zum Betrügen in den Sozialen Netzwerken unterhalte. Bespielt würden sie von den Männern, die in Ghana für ihn arbeiten und deren Aufgabe sei eigentlich nicht das Love-Scamming, das Julien versucht hatte anzuwenden, sondern Betrug mit Kryptowährung.
„Der Chef gibt den Jungs also den Auftrag, über das Internet Menschen dazu zu bewegen, in sie zu investieren. Und das machen viele aufgrund der scheinbar wohlhabenden Typen, die sie da anschreiben.“ Betrug mit Kryptowährung ist schon lange nicht mehr neu. Die Akteure bitten ihre Opfer darum, sogenannte Bitcoins an sie zu überweisen, die sie daraufhin später mit dem doppelten Wert zurückgezahlt bekommen würden. Louisa geht davon aus, dass der Mann, mit dem sie geschrieben hat, wohl dachte, dass er auch Zeit in eine Frau investieren könne, wenn er sowieso schon damit beschäftigt sei, Betrugsmaschen zu inszenieren.
Mit dem, was Louisa aus Fulda auf ihrem Instagram-Account Anfang des Jahres erlebt hat, will sie andere Frauen wachrütteln. „Eigentlich habe ich nie verstanden, wie jemand auf so etwas reinfallen kann.“ Aber jetzt habe sie Verständnis dafür, dass jemand, der sich danach sehnt, dass da jemand ist, der sich einfach nur nach einem erkundigt, auf einen solchen Betrug hereinfällt.