Malteser aus Fulda berichten von letzten Wünschen sterbenskranker Menschen

Mit dem Herzenswunsch-Krankenwagen der Malteser werden ganz besondere Wünsche erfüllt. Nämlich letzte. Es sind Wünsche von sterbenskranken Menschen. Solche, die sie sich womöglich allein nicht mehr hätten erfüllen können.
Fulda - Der Mann wollte zum letzten Mal seine Frau in die Arme nehmen, neben ihr einschlafen. Und die ältere Dame wollte diese Welt nicht verlassen, ohne bei der Hochzeit ihrer Enkeltochter dabei gewesen zu sein. Bei anderen ist es eine letzte Tasse Kaffee im ehemaligen Stammcafé oder ein letzter Nachmittag im eigenen Garten.
Es sind meist kleine, aber für die Personen selbst große Wünsche, die die fast 50 Ehrenamtlichen mit dem Herzenswunsch-Krankenwagen der Malteser erfüllen. Finanziert wird die Erfüllung des letzten Wunsches mit Spenden und noch mehr Liebe. Denn das, was sich Menschen, die wissen, dass ihre Zeit auf Erden zu Ende geht, wünschen, ist selten mit viel Geld zu bezahlen.
Fulda: Malteser berichten von letzten Wünschen sterbenskranker Menschen
Wenn Menschen wissen, dass sie nicht mehr lange zu leben haben, dann bekommen Wünsche und Träume eine ganz andere Dimension. Ein letzter Augenblick mit der Liebsten oder die letzte Rückkehr an einen besonderen Ort ist wertvoller und mit Geld nicht aufzuwiegen, wissen die Rettungssanitäter und Wunscherfüller Jürgen Diegelmann und Anna-Lena Klüber.
Der Blick desjenigen, dessen Wunsch in Erfüllung gegangen ist, sei Gold wert, das findet auch Kristina Schmidt. Die 41-Jährige koordiniert die Fahrten des Herzenswunsch-Krankenwagen und war zum Beispiel dabei, als eine ältere Dame liegend zu ihrem Ehemann ins Krankenhaus transportiert wurde, damit sie sich ein letztes Mal sehen können, während er in ihren Armen starb.
Der Moment, in dem sich die beiden ein letztes Mal in den Armen gelegen haben, habe bei allen den Atem stocken und Tränen in die Augen schießen lassen. Schmidt, die die Fahrten für die Diözese Fulda organisiert, erinnert sich daran, wie es zu dem Gefährt gekommen ist.
Wir wissen, dass wir die Menschen, die wir transportieren, nicht retten können. Aber wir können ihnen einen letzten Herzenswunsch erfüllen.
„Wir haben den Herzenswunsch-Krankenwagen kurz vor dem Corona-Lockdown, also im März 2020, ins Leben gerufen“, sagt sie. Anlass dafür sei gewesen, dass die Malteser viele Anfragen erreichten, in denen jemand den Wunsch äußerte, ein letztes Mal etwas bestimmtes zu tun oder zu sehen, was ansonsten vermutlich nicht möglich gewesen wäre.
Schwerkranke Menschen können oft nicht allein das Bett verlassen, in dem sie tagein, tagaus liegen. Sie sind auf Hilfe angewiesen. Und diese Hilfe wollen ihnen die mehr als 40 Ehrenamtlichen der Malteser geben. Sie alle sind hauptberuflich im Rettungsdienst tätig. Jürgen Diegelmann sogar schon seit ungefähr 30 Jahren.
Als Kristina Schmidt 2020 mit der Anfrage kam, ob jemand im Wünsche-Krankenwagen aktiv werden wolle, war die Antwort darauf nicht schwer zu geben. Ähnlich sieht es heute aus, wenn Schmidt fragt, ob jemand eine Fahrt mit dem Wünsche-Krankenwagen machen kann. „Da dauert es oft keine halbe Stunde und mindestens ein Ehrenamtlicher hat sich gemeldet.“
Spenden
Die Fahrt mit dem Herzenswunsch-Krankenwagen ist für den Betroffenen und eine Begleitperson kostenfrei. Die Fahrt wird ausschließlich durch Spenden finanziert. Spenden kann man hier: DE68 3706 0193 4006 4700 20. Stichwort: Herzenswunsch
Vier bis sechs Fahrten werden im Jahr von den Wunscherfüllern auf Rädern gemacht. „Anfragen haben wir aber mindestens doppelt, wenn nicht dreimal, so viele“, sagt Schmidt und hält dann kurz inne. Denn der Grund, warum sie nicht zustande kommen, ist nicht schön: Die Menschen, die einen letzten Wunsch hatten, sind gestorben.
Als Rettungssanitäter haben die Ehrenamtlichen das Ziel, Menschenleben zu retten. Das, was sie nun als Wunscherfüller tun, sei etwas ganz anderes, sagt Klüber: „Wir wissen, dass wir die Menschen, die wir transportieren, nicht retten können. Aber wir können ihnen einen letzten Herzenswunsch erfüllen.“ Und das zu tun, sei mehr als ergreifend, sagt der 55-jährige Diegelmann.
Die Wunscherfüller geben ihre Gästen letzte Glücksmomente mit auf die Reise
Aber einfach sei es nicht immer, denn: „Wie soll man mit jemandem umgehen, der genau weiß, dass er bald stirbt“, fragen die beiden. Sie haben aber eine Antwort darauf gefunden: „Es ist wichtig, dass wir den Gästen – so nennen wir die Menschen, die mit uns fahren – ein Gefühl der Normalität vermitteln. Das Medizinische soll bei den Fahrten nicht im Vordergrund stehen“, sagt Diegelmann.
Oft kommen dabei sehr intensive Gespräche auf, denn der Gast und der Erfüller seines Wunsches sehen sich zum ersten und letzten Mal im Leben. Daher haben die Fahrgäste meist auch nicht so große Hemmungen, über ihre Sorgen und Ängste zu sprechen, wie sie es bei der eigenen Familie hätten. Genau so normal, wie mit den Sterbenden umgegangen werden soll, sind auch ihre Wünsche.
„Man denkt ja irgendwie, dass wir Wunscherfüller jeden Tag am Meer oder einem anderen schönen Ort sind.“ Tatsächlich sei es aber so, dass sterbende Menschen gern an Plätze fahren, mit denen sie etwas verbinden und von denen sie Abschied nehmen wollen. Zum Beispiel haben die Ehrenamtlichen mal eine ältere Dame in ein Café gebracht, in das sie früher immer mit ihrem Ehemann gegangen ist.
Video: „Wünschewagen“ erfüllt letzte Wünsche
„Sie wollte gern noch ein einziges Mal dorthin und einen Kaffee trinken“, erinnert sich Schmidt. Als ihr der Wunsch erfüllt wurde, sei sie unendlich dankbar gewesen. Genau wie der Herr, in dessen Krankenzimmer die Ehrenamtlichen mit viel Mühe seine Frau aus einem Seniorenheim gebracht haben, damit sich die beiden noch ein letztes Mal sehen können.
„Meistens sind es tatsächlich ganz gewöhnliche letzte Wünsche, die unsere Gäste haben“, sagt Schmidt. Aber auch, wenn es keine Reise nach St. Peter Ording ist: Auch mit dem Erfüllen der ganz alltäglichen Wünsche schaffen es die Wunscherfüller der Malteser immer wieder, ihre Gäste zu berühren und dabei zu helfen, ihnen einen ihrer letzten Glücksmomente mit auf die Reise zu geben.