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Fall Matiullah J.: Internet-Kritik an Fuldaer Polizei bleibt straffrei

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Von: Volker Nies

Der 19-jährige Matiullah wurde am 13. April 2018 vor einer Bäckerei von einem Polizisten erschossen.
Unscharf formulierte Kritik an dem tödlichen Polizeieinsatz im April 2018 vor einer Bäckerei im Münsterfeld kann von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt sein, entschied das Amtsgericht. © Torsten Gossmann

Drei Kritiker des Polizeieinsatzes vom April 2018, bei dem der afghanische Flüchtling Matiullah J. von einem Polizisten in Notwehr erschossen wurde, bleiben mit ihrer im Internet geäußerten Kritik straffrei. Das hat das Amtsgericht Fulda entschieden.

Fulda - Der Polizeieinsatz in den frühen Morgenstunden des 13. April 2018 im Münsterfeld sorgt für Emotionen – bis heute: Der 19 Jahre alte Matiullah hatte um kurz nach vier Uhr morgens vor einer Bäckerei einen Lieferwagenfahrer mit einem Stein am Kopf verletzt, randaliert, die herbeigerufenen Polizisten angegriffen, einem von ihnen während eines Handgemenges sogar den Schlagstock abgenommen. Es kam zu einem Gerangel zwischen Matiullah und einem Beamten. Der Polizist gab zwölf Schüsse ab, zwei davon waren tödlich.

Fulda: Matiullah J. - Rassismus-Vorwürfe gegen Polizei im Internet

Das Landeskriminalamt kam zu dem Schluss, der Beamte habe in Notwehr gehandelt. Auch die Staatsanwaltschaft Fulda bewertete die Ereignisse so. Sie stellte die Ermittlungen ein. Doch immer wieder gab es Rassismus-Vorwürfe gegen die Fuldaer Polizei.

Über diese Vorwürfe berichtete das überregionale Forum Belltower-News. Ein Jahr nach den Ereignissen schrieb das Forum, Matiullah sei „mit zwölf Schüssen getötet worden“. Der Polizeipräsident erstattete Anzeige gegen die Autoren wegen übler Nachrede: Die Darstellung lasse „das Tatgeschehen als Hinrichtung erscheinen“. Denn tatsächlich feuerte der Polizist zwölf Schüsse ab, allerdings hätten nur vier Matiullah getroffen und nur zwei seien tödlich gewesen.

In dem Verfahren am Montag dieser Woche waren sich das Amtsgericht, die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger einig: Die Formulierung „mit zwölf Schüssen getötet“ sei zwar unscharf und sachlich nicht zutreffend gewesen, aber auch eine unscharfe Formulierung sei von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt. (Lesen Sie auch: Bruder des getöteten Afghanen fordert Wiederaufnahme der Ermittlungen)

Keine üble Nachrede: Amtsgericht Fulda spricht Polizei-Kritiker frei

Das berichten die Verteidiger in einer Pressemitteilung und Ulrich Jahn als Sprecher des Amtsgerichts auf Anfrage unserer Zeitung. Jahn verweist auch darauf, dass der Vorwurf einer Hinrichtung im weiteren Artikel nicht weiter erhoben worden sei. Die Angeklagten wurden freigesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft kann noch Rechtsmittel einlegen.

Verteidiger Dr. Jannick Rienhoff warf der osthessischen Polizei in seinem Plädoyer vor, sie habe versucht, Kritiker ihrer Arbeit mit Strafanzeigen einzuschüchtern.

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