Auch Eugen Roth, Apotheker in der Hirsch-Apotheke in Hünfeld, mutmaßt: „Die Krankenkassen haben mit ihrer Preispolitik sicher ihren Teil zum Problem beigetragen.“ Einen Fiebersaft herzustellen sei „keine Hexerei“: „Wäre das lukrativ, würden sich mehrere Unternehmen darum bemühen.“ Doch mittlerweile gibt es mit Ratiopharm nur noch ein einziges Produkt, und der Hersteller 1a Pharma kommt mit Produktion und Lieferung nicht mehr hinterher.
Insgesamt sei der Markt „sehr, sehr angespannt“, erklärt Roth. Glücklicherweise sei man in der Lage, Alternativen anzubieten: „Das kommt aber auch darauf an, wie flexibel die Kunden sind.“ Wer darauf besteht, ein Medikament eines bestimmten Herstellers zu erhalten und wer nicht auf ein anderes Mittel trotz gleicher Wirkstoffe und Dosierung umsteigen möchte, für den wird es schwierig. Beispielsweise kann der Hünfelder Pharmazeut darüber berichten, dass Penicillin-Tabletten nur schwer zu bekommen sind: „Aber dann können wir auf andere Antibiotika ausweichen.“
Auch wenn Roth daher Entwarnung gibt, sagt er: „Für ein hochindustrielles Land wie Deutschland ist das eine Katastrophe.“ Impfstoffe in Milliardenzahl könnten hergestellt werden, aber am Fiebersaft scheitere es. „Wer soll denn das glauben?“, fragt Roth.
Auch er berichtet von einer erheblichen Mehrarbeit, denn fast immer sei eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erforderlich, wenn ein anderes, ähnliches Produkt angeboten werde: „Und das klappt auch nicht immer sofort.“ An all diesen Bemühungen verdiene die Apotheke nichts. „Man macht das nur, um seine Patienten ordnungsgemäß versorgen zu können.“
Eine erfreuliche Nachricht kommt immerhin aus der Fuldaer Pacelliallee: „Im Klinikum sind wir aktuell nicht von Lieferengpässen bei Medikamenten betroffen“, sagt Prof. Dr. Roland Radziwill, Direktor der Krankenhaus-Apotheke. „Nicht zuletzt aufgrund langfristig vorausschauender Planungen können wir die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten vollumfänglich sicherstellen.“
Auch Radziwill erklärt, dass auf wirkungsgleiche Arzneimittel anderer Firmen ausgewichen werden könne, sollten bestimmte Präparate von bestimmten Firmen nicht zur Verfügung stehen. „Auch Präparate, die bei der Therapie von Schlaganfall und Herzinfarkt eingesetzt werden, können durch eine strikte und vorausschauende Kontingentierung immer in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden“, beruhigt Radziwill.