Während der bisherigen Verhandlung hatte es immer so ausgesehen, als sei der 53-Jährige seinetwegen eifersüchtig gewesen, habe das Aus der Beziehung mit seinem Opfer nicht akzeptieren wollen.
Die Aussagen von Jöckel warfen ein neues Bild auf die Tat: Seinen Worten nach habe der Angeklagte bei seiner ehemaligen Lebensgefährtin lediglich sexuelle Befriedigung gesucht. „Eigentlich wollte er nichts von ihr und hat lediglich aus Mitleid mit ihr geschlafen“, sagte der 51-Jährige. Zudem ist der Angeklagte verheiratet. In der Beziehung mit seiner Ehefrau habe es jedoch Streitigkeiten gegeben, das Paar habe aber wieder zusammenziehen wollen, wenn die Tat im September nicht passiert wäre, wegen der er nun vor Gericht steht.
Diese habe sich wohl unter anderem deswegen zugetragen, weil das Opfer des Angeklagten ihn auf das Annäherungsverbot aufmerksam gemacht hat, das gegen ihn bestand, und ihn damit verärgert habe. „Er ist generell nicht gewaltbereit“, so Jöckel, der in Nordhessen als Facharzt für Psychiatrie in einer Klinik für die Behandlung psychisch kranker Straftäter arbeitet.
Er hält den 53-jährigen Angeklagten in vermindertem Maße für schuldfähig, weil er zum Tatzeitpunkt unter Alkoholeinfluss gestanden habe. „Wäre er nicht berauscht gewesen, dann hätte er die Tat nicht begangen“, ist sich Jöckel sicher.
Verteidiger Rudolf Karras stellte jedoch in Frage, ob der Angeklagte nicht vielleicht unter einer Paranoia oder einem Verfolgungswahn gelitten habe, weil er Angst gehabt habe, vom neuen Freund seiner ehemaligen Lebensgefährtin bedroht zu werden. Beides sah Jöckel nicht. Allenfalls eine Übersprunghandlung könne er sich vorstellen. Demnach habe der Angeklagte nicht seine Ex-Freundin, sondern ihren neuen Freund verletzen wollen.