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Prozess um versuchten Totschlag in Fulda: Freunde des Opfers verwickeln sich in Widersprüche

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Von: Marcus Lotz

Fulda: Prozess um versuchten Totschlag - Messerstecherei
Der 35-Jährige (links) soll sein Opfer mit einem Taschenmesser verletzt haben. © Marcus Lotz

Im Prozess um den wegen versuchten Totschlags angeklagten 35-Jährigen haben drei Freunde des Opfers ausgesagt. Diese verwickelten sich in zahlreiche Widersprüche. Verteidiger Thomas Scherzberg ist zudem überzeugt: Die Aussagen waren abgesprochen.

Fulda - Dem Angeklagten wird vorgeworfen, einen 32-Jährigen am 19. Februar dieses Jahres während eines Streits in der Künzeller Straße in Fulda mit einem Messer lebensgefährliche Verletzungen zugefügt zu haben. Der Angeklagte hat die Tat gestanden, jedoch angegeben, aus Notwehr gehandelt zu haben. Die Verteidigung fordert daher Freispruch. Ganz anders sehen das Staatsanwaltschaft und Nebenklage, die drei Jahre und neun Monate Haft verlangen. Sie gehen übereinstimmend davon aus, dass die Aggression von dem Angeklagten ausging.

Fulda: Messerstecherei in Künzeller Straße - Zeugen äußern Widersprüche

Nachdem beide Seiten bereits Anfang November ihre Plädoyers gehalten hatten, wurde am Freitag (11. November) nun doch noch kein Urteil gesprochen, sondern weitere Zeugen gehört. Dabei ging es vor allem um die Frage, ob der Geschädigte betrunken zum Tatort gefahren war. Geladen waren daher drei Freunde des Opfers, die aussagten, wenige Stunden vor der Tat mit dem späteren Opfer Karten in einem Café gespielt zu haben.

„Wir haben das regelmäßig gemacht, es war ein ganz normaler Abend“, erzählte der Erste der drei. Schließlich habe der Geschädigte einen Anruf von dessen Onkel bekommen und seinen Freunden berichtet, sein Onkel habe Streit mit dem Angeklagten „Er hat nachdenklich gewirkt“, sagte der Zeuge. Nach einem zweiten Anruf habe der Geschädigte das Café schließlich verlassen, nachdem er das Angebot der Freunde ausgeschlagen habe, mitzukommen.

Staatsanwalt Andreas Hellmich fragte: „Aus reiner Neugier: Wie heißt das Café?“ Darauf wusste der Zeuge zunächst keine Antwort. Hellmich hakte nach: „Sie erzählen uns, Sie spielen da regelmäßig. Da müssen Sie doch wissen, wie das Café heißt, in dem Sie sich treffen.“ Wieder zögerte der 35-Jährige. „Da müsste ich nachfragen.“ Auf Nachfragen von Verteidiger Thomas Scherzberg gab der Zeuge an, erst unmittelbar vor dem Gerichtstermin erfahren zu haben, worum es überhaupt ging und dass seine beiden Freunde auch vor Gericht aussagen sollten – man habe sich zufällig auf dem Parkplatz getroffen.

„Ich glaube dem Zeugen kein Wort“, stellte Scherzberg fest, als dieser den Saal verlassen hatte. „Der behauptet hier, er wisse nicht, warum er hier sei und liefert uns dann ungefragt einen chronologischen Ablauf mit präziser Erinnerung an Details.“ (Lesen Sie auch: 53-Jähriger sticht Ex-Freundin in Hals: Warum die Verteidigung Freispruch fordert)

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Die beiden anderen Zeugen berichteten daraufhin mal wortgleich dasselbe, mal widersprachen sie dem ersten Zeugen. So gaben beide an, dass man vorher zu dritt zusammengesessen und sich über den Gerichtstermin ausgetauscht habe. „Können Sie sich jetzt an dieses Treffen vor zwei Tagen erinnern?“ fragte der Vorsitzende Richter Josef Richter nun wieder den ersten Zeugen und ermahnte ihn mehrfach, die Wahrheit zu sagen. Der schwieg beinahe eine halbe Minute, bevor er antwortete: „Ich meine schon, ja.“ Der Richter hakte nach: „Wusste da einer von Ihnen, worum es heute gehen wird?“ Das verneinte der Zeuge zögernd. „Ihr Freund hat uns gerade eben aber noch was anderes erzählt“, sagte Scherzberg. „Der sagte, er wusste, dass es um den versuchten Totschlag geht.“ Das konnte sich der Zeuge nicht erklären.

Nach Vernehmen der drei Zeugen fiel das Urteil der Verteidigung eindeutig aus: „Dass die sich abgesprochen haben, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“ Der Prozess wird am 25. November fortgesetzt.

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