Weiter habe er „gebetsmühlenartig, an mindestens fünf Stellen seiner Ausführung“ betont, dass es gegen eine Affekttat spreche, wenn der Angeklagte nach den abgegebenen Schüssen die ausgeworfenen Patronenhülsen am Tatort aufgehoben hätte. Zu diesem Schluss könnte man gelangen, da keine Hülsen aufgefunden worden sind, zitierte Oestreich Knöchel. Keine Erwähnung würde jedoch finden, dass der Angeklagte noch vor der Erstattung des Gutachtens angegeben habe, dass es sich bei der Tatwaffe um einen Revolver gehandelt habe – und somit um eine Schusswaffe, die keine Patronenhülsen auswerfe.
Vergessen zu erwähnen hat der Sachverständige laut Oestreich auch, dass der Angeklagte das Auto, mit dem er nach Fulda gefahren sei, zurückgelassen habe. „Zielgerichtet wäre es gewesen, Fulda auch wieder mit dem Pkw zu verlassen, um kein Beweismittel zurückzulassen.“
Insgesamt sei ein „erhebliches Misstrauen gegen die Unparteilichkeit“ Knöchels begründet. Der Psychiater habe „zu Ungunsten des Angeklagten günstige Umstände außer Betracht gelassen und ungünstige Umstände übermäßig hervorgehoben. Mit einer unabhängigen, unparteilichen und ergebnisoffenen Herangehensweise hat dies nichts zu tun.“
Oberstaatsanwältin Dr. Christine Seban konnte die Ausführungen von Oestreich nicht nachvollziehen und gab an, keine Bedenken gegen Knöchel zu haben. Dies sah auch Nebenklagevertreter Rudolf Karras so: „Gebetsmühlenartig“ etwas darzulegen, von dem man überzeugt sei, sei nichts Falsches, sagte er.
Auch dass Knöchel das Ergebnis seines Gutachtens an den Anfang gestellt habe, spreche nicht für eine Befangenheit, es sei Geschmackssache. Zum Thema Tatwaffe sagte er, dass sich der Sachverständige an die Ausführungen der schriftlichen Einlassung gehalten habe. „Dass er daraus Schlüsse gezogen hat, kann man ihm nicht zum Vorwurf machen“, so Karras.
Die Kammer um Richter Josef Richter wies den Antrag der Verteidigung schließlich zurück. Die Kammer sehe keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit, wie der Vorsitzende erklärte. Die Plädoyers werden am Samstag, 26. Februar, um 9.30 Uhr gehalten.