Im März 2019 nahm die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder auf, nachdem ein Handy-Video aufgetaucht war, das Szenen vor der Auseinandersetzung des 19-Jährigen mit Beamten zeigte, aber nicht das Tatgeschehen selbst. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen im Juli 2019 ein zweites Mal ein.
Daraufhin legte Matiullahs Bruder Beschwerde ein. Nun ermittelte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt. Das Ergebnis blieb gleich: Auch die Generalstaatsanwaltschaft zeigte sich überzeugt, dass der Beamte in Notwehr handelte.
Trotz des Ergebnisses: Die politische Linke nutzt den Fall, um die Polizei zu attackieren. Den Jahrestag heute nimmt der Sozialistisch-Demokratische Studierendenverband SDS, der der Partei Die Linke nahesteht, zum Anlass, zur Demo aufzurufen (18 Uhr auf dem Uniplatz).
Im Demonstrationsaufruf heißt es, Sympathisanten sollten kommen, um sich „rassistischer und rechter Propaganda entgegenzustellen“. Der behauptete Zusammenhang zwischen den Schüssen und Rassismus wird nicht erklärt. Aber er erschließt sich, wenn man die linke Zeitung „nd“ (früher: Neues Deutschland) gelesen hat. Sie schrieb im August 2020, der Beamte, der in Notwehr handelte, werde „aus rechten und konservativen Kreisen unterstützt“. Damit will „nd“ offenbar nahelegen, der Beamte habe aus Rassismus gehandelt. Das „nd“ schreibt zudem von einer „angeblichen“ Notwehr.
Auch das Migrant Support Network (Migranten-Unterstützungs-Netzwerk) in Frankfurt schreibt im Internet, Matiullah sei „angeblich aus Notwehr“ getötet worden. Die Seite stellt die handelnden Beamten unter Extremismus-Verdacht, wenn sie schreibt, „2018 wurde bekannt, dass der rechtsextreme Polizeiskandal in Hessen auch das Polizeipräsidium in Fulda betrifft“. Tatsächlich war keiner der eingesetzten Beamten von dem Skandal betroffen.
Auch die Tageszeitung „taz“ berichtete vor zwei Jahren vom Vorwurf, bei der Fuldaer Polizei herrsche „institutioneller Rassismus“. Die Polizei erhielt aber keine Gelegenheit, sich zu äußern. Über die Ereignisse berichtet auch die Internetseite polizei-gewalt.com. Sie schreibt, es gebe weiter Zweifel am Geschehen.
In dem Demoaufruf beschreibt der SDS Umstände, die Zweifel an der Notwehr säen sollen: „Es wurden zwölf Schüsse aus nur einer Waffe abgegeben. Fünf Polizisten war es nicht möglich, einen Jugendlichen festzunehmen, ohne ihn zu töten.“ Die Staatsanwaltschaft habe „bereits“ im Frühjahr 2019 die Ermittlungen eingestellt. Zugleich seien einige Aktivisten, die sich um Aufklärung bemüht hätten, „mit (..) Repressionen geächtet“ worden. „Mindestens sechs Anzeigen für Aktivisten und zwei Geldstrafen stehen einem quasi-Freispruch gegenüber“, heißt es in dem Aufruf.
Die Staatsanwaltschaft Fulda hingegen hält die Kritik an den Ermittlungen für unberechtigt. „Wir haben bis heute keine Anhaltspunkte, die das Vorliegen einer Notwehr in Frage stellen“, sagt Oberstaatsanwältin Dr. Christine Seban. Es habe zwar Ermittlungen gegen Aktivisten unter anderem wegen des Vorwurfs der Beamtenbeleidigung gegeben. „Diese Ermittlungen haben aber nichts damit zu tun, dass die Arbeit der Polizei oder der Staatsanwaltschaft kritisiert wurde.“
Auch der Personalrat im Polizeipräsidium weist die Angriffe zurück. „Eine zunächst harmlos erscheinende Einsatzlage eskalierte und endete tragisch mit dem Tod des Angreifers sowie mehreren verletzten Kollegen“, sagt Vorsitzender Martin Mohr.
„Staatsanwaltschaften haben mehrfach festgestellt, dass der betroffene Kollege rechtmäßig handelte und eine Notwehrsituation gegeben war.“ Wenn das Gegenteil behauptet werde, dann sei das sehr belastend für die beteiligten Kollegen, sagt Mohr. „Die unabhängig und objektiv geführten Verfahren sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kollege in Notwehr gehandelt hat“, sagt Mohr. Für Zweifel daran hätten die Kollegen kein Verständnis.