Bagus könnte sich indes vorstellen, dass das Vorranggebiet für Windkraft „Am Steiger“ bei der Korridorvariante B50 eine Rolle gespielt haben könnte. Es liegt südlich von Heubach und westlich von Speicherz. Dort stehen nur Windrad-Stümpfe, die wahrscheinlich zurückgebaut und neu errichtet werden müssen. Doch Bagus glaubt, dass das Vorranggebiet später ausgedehnt wird. Eventuell kollidiere es dann mit einem möglichen Trassenverlauf an der A7.
Eine etwas andere Erklärung hat Jakob Euba aus Volkers. Das Mitglied der Bürgerinitiative „Sinntal gegen die Stromtrasse“ verweist darauf, dass auf bayerischer Seite geringere Mindestabstände für Stromtrassen herrschen als in Hessen. Der hessische Landesentwicklungsplan (LEP) hat Regelungen des Bundesbedarfsplans für dort aufgeführte Freileitungs-Projekte mit einer Spannung ab 220 Kilovolt übernommen – die P43 hat 380 Kilovolt.
Demnach gelten Mindestabstände von 200 Metern zu Wohnbebauung im Außenbereich und 400 Meter in Ortschaften. Deswegen verläuft der Vorzugskorridor von Tennet nicht mit der A7 mitten durch Uttrichshausen, sondern östlich daran vorbei. Mittlerweile spricht Tennet nicht mehr von Vorzugskorridoren. Habe der Gesetzgeber dies früher noch ausdrücklich gefordert, so dürfe davon nun nicht mehr die Rede sein – weil alle Varianten gleichberechtigt zu prüfen seien.
Im bayerischen LEP steht das nicht so klar geregelt. Die Abstandswerte seien Abwägungssache, heißt es aus dem Münchner Wirtschaftsministerium: „Eine Unterschreitung ist möglich, wenn es gewichtige Sachgründe dafür gibt.“
Ein Blick auf die Landkarte zeigt: Der Alternativkorridor B50 wäre eine direkte Verbindung zwischen dem Ostschwenk bei Uttrichshausen und der Vorzugstrasse bei Speicherz – aber um den Preis, dass die Stromtrasse auch dank schwammiger Abstandsregeln nah an die Orte auf bayerischer Seite heranrücken würde. Das gelte im Übrigen nicht nur für Motten und Speicherz, sondern im weiteren Verlauf auch für Volkers, Römershag und Schildeck. Mit der Einreichung der Anträge rechnet Tennet für Mitte/Ende 2024. (von Steffen Standke und Andreas Ungermann)