Wir können die Fulda schon seit drei Wochen nicht mehr unter der Brücke der Langebrückenstraße befahren.
Weniger Wasser in den Flussbetten hat auch Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt: „Der Lebensraum wird kleiner, Fische wandern dann flussabwärts, wo meist mehr Wasser vorhanden ist“, erklärt Löns-Hanna. Sinken die Pegelstände, dann folgt ein ganzer Rattenschwanz: Die Strömungsgeschwindigkeit wird geringer, und es kann zu Ablagerungen kommen.
Hinzu kommt, dass sich das Wasser durch die Sonneneinstrahlung stärker erwärmt und sich die Temperatur erhöht. Das führt dazu, dass der Sauerstoffgehalt im Wasser abnimmt, weil warmes Wasser weniger Sauerstoff binden kann als kaltes. Wasserinsekten, Krebstiere, Muscheln und Fische haben dann weniger Sauerstoff zum Atmen und verbrauchen durch schnelleres Atmen mehr Energie – was wiederum zu Stress führt.
Vor allem für Forellen, die sauerstoffreiches Wasser brauchen und sich am besten bei 14 Grad kaltem Wasser entwickeln, kann das zum Problem werden. (Lesen Sie auch: Im Edersee wird das Wasser knapp - zum vierten Mal in fünf Jahren)
„Im Sommer 2018, der sehr trocken war, haben es viele junge Forellen nicht geschafft. Das wird auch in diesem Jahr wieder passieren“, erklärt Biologe Christoph Dümpelmann. Er ist Experte für Fischbiologie und Gewässerökologie in Marburg. Junge Forellen seien empfindlicher als die älteren Tiere und bräuchten noch mehr Sauerstoff. „Wenn sie sich bei niedrigem Wasser in einzelne Ecken zurückziehen, kann es außerdem vorkommen, dass sie von den größeren Forellen gefressen werden.“
Fallen Uferbereiche trocken, haben es auch andere Fressfeinde leichter: „Hier ist der Waschbär ein Beispiel, der bei Niedrigwasser zu einer großen Gefahr für einheimische Muscheln werden kann, welche er in abgesenkten Wasserständen findet und frisst.“
Dass nach 2018 und 2020 nun wieder ein Jahr mit extremer Trockenheit folgt, habe in den Gewässern zwar noch zu keiner großen Veränderung geführt, Tendenzen seien aber erkennbar, wie Dümpelmann sagt.
Er geht davon aus, dass sich die Zusammensetzung der Lebewesen verändern wird: „Sauerstoff-empfindliche Arten – in der Fulda sind das zum Beispiel Bachforellen und Äschen – werden weniger, wohingegen sich Welse und andere wärmeliebende Arten stärker ausbreiten. Einige Fischarten wie die Kleinfischarten Bitterling und Steinbeißer, die das warme Wasser gut finden, werden davon profitieren“, erklärt Christoph Dümpelmann.