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Oberbürgermeister will Steuern nicht erhöhen - trotz steigender Schulden

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Von: Sabrina Mehler

Neben der Renovierung des Stadions wird der Neubau der Cuno-Raabe-Schule größtes Projekt im nächsten Jahr.
Neben der Renovierung des Stadions wird der Neubau der Cuno-Raabe-Schule größtes Projekt im nächsten Jahr. © Stadt Fulda

Der Etat-Entwurf der Stadt Fulda für nächstes Jahr schreibt rote Zahlen. Das Defizit beträgt fast neun Millionen Euro. „Vor uns liegt eine schwierige Zeit“, sagte Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld (CDU) beim Einbringen des Haushalts im Stadtschloss.

Fulda - Schon in den vergangenen Corona-Jahren hatten die Kommunen Schwierigkeiten, Einnahmen und Ausgaben fürs kommende Jahr vorauszusehen. Auch diesmal wird es nicht einfacher: „Der Haushalt 2023 ist ganz besonders von Unsicherheiten geprägt“, erklärte der Oberbürgermeister.

Fulda: Oberbürgermeister will Steuern nicht erhöhen - trotz steigender Schulden

Einige gute Nachrichten gibt es dennoch: Trotz der Herausforderungen wird Fulda weder die Hebesätze für die Grundsteuer noch die Gewerbesteuer erhöhen. „Unsere seit Jahren gelebte Praxis niedriger Hebesätze ist der beste Weg, um Menschen und Unternehmen zu unterstützen“, sagte Wingenfeld, der mit Gewerbesteuer-Einnahmen in Höhe von 52 Millionen Euro rechnet.

Ebenso erfreulich: Die Stadt erhält acht Millionen Euro mehr Schlüsselzuweisungen als in diesem Jahr – hauptsächlich deshalb, weil das Volumen des Kommunalen Finanzausgleichs gestiegen ist. Außerdem fließen 13,5 Millionen Euro mehr Zuweisungen und Zuschüsse: Insgesamt sind das 76 Millionen Euro.

Etat-Entwurf in Zahlen

Ergebnishaushalt

Erträge: 244,7 Mio. (Vergleich 2021: 224,97 Mio.)

Aufwendungen: 253,54 Mio. (227,13 Mio.)

Fehlbedarf: 8,84 Mio. (2,17 Mio.)

Finanzhaushalt

Einzahlungen: 41,20 Mio. (50,71 Mio.)

Auszahlungen: 119,69 Mio. (132,98 Mio.)

Fehlbedarf: 78,48 Mio. (82,27 Mio.)

Investitionen

114,38 Mio. (128,24 Mio.)

Schulden

62,49 Mio. (43,30 Mio. )

Erträge

Einkommensteuer: 36,49 Mio. (33,10 Mio.)

Gewerbesteuer: 52 Mio. (50 Mio.)

Schlüsselzuweisung: 58,02 Mio. (45,05 Mio.)

Aufwendungen

Personalkosten: 86,36 Mio. (79,34 Mio.)

umfasst: Personal,- Versorgungsaufwendungen, Aufwendungen für proCom-Beschäftigte, Honorarkräfte und ehrenamtliche Mitarbeiter

Kreisumlage: 30,76 Mio. (28,3 Mio.)

Größte Projekte 2023

1. Konzeption und Modernisierung des Stadions Johannisau (Gesamtkosten: 20 Mio.)

2. Neubau der Cuno-Raabe-Schule (Gesamtkosten: 10,8 Mio.)

Alle Angaben in Euro; Quelle: Stadtverwaltung 

Allerdings steigen die Aufwendungen: Zum Beispiel beim Personal, für das die Stadt neun Prozent mehr, nämlich 82,6 Millionen Euro, ausgeben muss. Mehr als 60 Millionen Euro wird Fulda für Sach- und Dienstleistungen aufwenden, vor allem aufgrund der gestiegenen Energiekosten. Bereits jetzt habe die Stadt umfassende Energiesparmaßnahmen ergriffen, machte Wingenfeld deutlich.

Steigerungen gibt es auch bei den Steuern und Umlagen: 2023 erhält der Landkreis von der Stadt fast 31 Millionen Euro Umlage – etwa zweieinhalb Millionen Euro mehr als 2022.

Heiko Wingenfeld stellt Haushalt für 2023 vor: Neun Millionen Euro Defizit

Größter Einzeletat ist wieder die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, in die 64,3 Millionen Euro fließen – das ist fast ein Drittel aller Aufwendungen. In den vergangenen zehn Jahren seien die Kosten für diesen Bereich um 141 Prozent gestiegen, erläuterte Wingenfeld. Trotzdem werde Fulda weiter in die Kinderbetreuung und auch in die Schulen investieren, versprach der Oberbürgermeister.

Unterstützt werden sollen auch die Vereine, die unter der Pandemie und den Energiepreisen leiden – aber „nicht populistisch mit der Gießkanne, sondern gezielt“. In Bürgerhäuser sollen neun Millionen Euro und damit so viel wie nie investiert werden. (Lesen Sie hier: Für Vereine wird es eng: Gemeinden reduzieren die Kapazitäten der Bürgerhäuser)

Kultur bleibe mit ihrer auch überregionalen Strahlkraft weiterhin enorm wichtig. Der Oberbürgermeister blickte auf den diesjährigen Musicalsommer mit seinen 188.000 Besuchern und versprach fürs nächste Jahr neue Kulturformate wie das Landesmusikfest.

Auch in schwierigsten Zeiten gibt es eine Pflicht zur Zuversicht.

Oberbürgermeister Heiko Wingenfeld zitiert Immanuel Kant

Eine ganz aktuelle Nachricht hatte Wingenfeld außerdem im Gepäck: Am 22. Juli wird wieder Roland Kaiser auf dem Domplatz singen. Mit „Vorfreude und Zuversicht“ blickte er auf die nahende Landesgartenschau. Sie solle einen nachhaltigen Beitrag zur Stadtentwicklung leisten. Auch angesichts der klimagerechten Gestaltung von Grünflächen sei sie eine „große Chance für Fulda“.

Das Schaffen von Wohnraum angesichts 70.300 Einwohnern nahm ebenfalls viel Raum in Wingenfelds Rede ein – ebenso wie die Entwicklung der Innenstadt und insbesondere des Kerber-Areals. Hier stünden nun Coworking-Spaces, Pop-up-Stores und kulturelle Angebote als Interimsnutzung im Blickpunkt.

Beim Thema ÖPNV wurde er mit Blick auf die Bundespolitik deutlich: „Wunschdenken und Realität klaffen immer weiter auseinander.“ Nahverkehr sei nicht kostenlos zu haben. Während viele andere Städte ihre Angebote reduzieren müssten, werde Fulda aber den ÖPNV ausbauen. Der Oberbürgermeister sprach etwa von einer neuen Anbindung der Fulda-Aue.

Wingenfeld: ÖPNV in Fulda soll ausgebaut werden

Neben den Herausforderungen für den Zivilschutz und der „existenziellen Herausforderung des Klimawandels“ ging er auch auf das Klinikum ein. Wingenfeld appellierte an den Bund: „Wir brauchen weniger Talkshowauftritte und stattdessen greifbare finanzielle Unterstützung.“

Weiterhin berichtete der Oberbürgermeister, dass die Investitionen auf hohem Niveau bleiben, aber im Vergleich zu diesem Jahr um 14 Millionen Euro auf 114,4 Millionen sinken. Damit erhielten die Firmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein „Signal der Verlässlichkeit“. Am Ende der fast 70-minütigen Rede blickte Wingenfeld auf die Schulden: Diese steigen insbesondere wegen der Unterstützung für das Klinikum auf 62,5 Millionen Euro, was einer Pro-Kopf-Verschuldung von 913 Euro entspricht.

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