1. Fuldaer Zeitung
  2. Fulda

9000 Fernsehbeiträge aus der Region: Offener-Kanal-Chef Rolf Strohmann geht in Ruhestand

Erstellt:

Von: Volker Nies

Rolf Strohmann
Rolf Strohmann hatte als Offener-Kanal-Chef viel zu lächeln. © Volker Fischer

Fast 25 Jahre galt die Gleichung: Rolf Strohmann ist der Offene Kanal, und der Offene Kanal ist Rolf Strohmann. Tausenden jungen Menschen hat er in dieser Zeit erklärt, wie Fernsehen funktioniert. Jetzt geht der 66 Jahre alte Pädagoge in Ruhestand.

Fulda - Im Mai 1998, als der Offene Kanal (OK) Fulda seine Arbeit aufnahm, war die Idee noch revolutionär, denn sie stellte das Verhältnis zwischen den Fernseh-Produzenten und den Fernseh-Konsumenten auf den Kopf. Zuschauer konnten jetzt selbst Fernsehen produzieren und verbreiten. In Zeiten von Social Media hat heute jeder Smartphone-Nutzer die Möglichkeit, selbst zum Sender zu werden. Vor 25 Jahren schufen erst die Offenen Kanäle diese Möglichkeit. Auch in Fulda.

Fulda: Offener-Kanal-Chef Rolf Strohmann geht in den Ruhestand

In Hessen entstanden vier Offene Kanäle: in Kassel, Gießen, Rhein-Main (Offenbach/Frankfurt) – und Fulda. Schon im Juni 1998 absolvierten in Osthessen die ersten Bürger-Journalisten in den Räumen des OK Kurse, wie man selbst Fernsehen macht – vom Drehen bis zum Schneiden.

Das Angebot, selbst Fernsehen zu machen, faszinierte viele Bürger – und fasziniert sie bis heute. Sie wurden zu ihrem eigenen Regisseur, Kameramann und Fernsehredakteur. Geld dafür bekamen sie nicht, aber sie mussten auch nichts dafür bezahlen, dass ihre Werke gesendet wurden. (Lesen Sie hier: „Wo die Kuh übers Gesicht leckt“ - hr zeigt Reportage über Heimattiergarten in Fulda)

Manche produzierten nur einen Film zu dem einen Thema, das ihnen wichtig war. Viele aber fanden so viel Spaß am Fernsehen-Machen, dass sie immer wieder Beiträge schufen. 360 Fernsehbeiträge werden pro Jahr produziert und gesendet. Das macht in 25 Jahren 9000 Beiträge über die Stadt und die Region, über Glauben und Garten, Kinder und Kochen. „Kein anderes Medienformat hätte eine solch hohe Zahl an Fernsehbeiträgen hervorgebracht“, sagt Strohmann.

Kein anderes Format hätte eine solche hohe Zahl an Fernsehbeiträgen hervorgebracht.

Rolf Strohmann, Offener-Kanal-Chef a.D.

Er hat den OK organisiert – von der Gründung bis jetzt. „Als ich in Fulda ankam, da gab es in den Räumen des Offenen Kanals nichts – außer Büromöbeln, Telefonen und einem Faxgerät“, erinnert er sich. Der Sozialpädagoge ist in Dortmund aufgewachsen, der Stadt, in der 1985 der bundesweit zweite Offene Kanal als Kabelpilotprojekt gestartet war. Strohmann fand das Konzept richtig gut. Er arbeitete einige Jahre beim Offenen Kanal in Dortmund, wechselte dann zum neu gegründeten Offenen Kanal nach Offenbach, den er mit aufbaute.

Als in Fulda ein Chef für den neuen OK gesucht wurde, da war Strohmann als Mann, der mit dem neuen Medium schon Erfahrungen gesammelt hatte, wie geschaffen für die Aufgabe. Zum offiziellen OK-Start im Oktober 1998 kam Oberbürgermeister Alois Rhiel (CDU) in die Räume Unterm Heilig Kreuz. Hier hat heute das Hotel Platzhirsch seinen Sitz. Denn der OK war 2013 an den Bahnhof gezogen. Nach Rhiels Drücken des offiziellen Startknopfs folgte eine Livesendung.

Livesendungen aus dem Studio waren ein wichtiges Element des OK. Der Fuldaer Rosenmontagszug wurde ebenso übertragen wie ein Gartenmagazin und das Jugendmagazin Jump. Oberbürgermeister Rhiels Sprecher Michael Schwab führte die Sendung „Das Stadtgespräch“ ein, bei dem sich der Oberbürgermeister regelmäßig live mit einem Redakteur unterhielt. Oberbürgermeister Gerhard Möller (CDU) führte die Reihe fort mit vier bis fünf Livegesprächen im Jahr. Zuschauer stellten live ihre Fragen – zu allen Themen, die ihnen auf den Nägeln brannten.

9000 Fernsehbeiträge aus der Region in fast 25 Jahren

Das Kerngeschäft des OK war es aber, Bürger – nicht zuletzt Studenten der Hochschule Fulda – dabei zu unterstützen, Fernsehbeiträge zu produzieren und zu senden. Die Medienarbeit an der Hochschule wurde in den vergangenen zehn Jahren zum mindestens ebenso wichtigen Schwerpunkt der Arbeit des „Medienprojektzentrums Offener Kanal“, wie die Einrichtung seit 2006 heißt. 100 bis 150 angehende Sozialpädagogen werden pro Jahr in Medienpädagogik ausgebildet.

Ein weiteres wichtiges medienpädagogisches Angebot ist „KinderKino + mehr“ , das gemeinsam mit dem Jugendbildungswerkes der Stadt Fulda für Kinder ab sechs Jahren stattfindet. Pro Jahr nehmen mehr als 1000 Kinder teil. (Lesen Sie auch: Helmer, Basler und Knop kommen nach Gersfeld: „Doppelpass on tour“ in der Stadthalle)

Strohmanns Nachfolger wird Andreas Rickert-Lützen (61), der schon lange für den OK tätig war. Wie es mit dem OK Fulda weiter geht, ist offen. Der hessische Landtag hat beschlossen, die Zahl der Offenen Kanäle in ihrer jetzigen Form zu halbieren.

Auch interessant