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„Ein Gotteshaus in Weiß“: Pfarrkirche St. Georg in Großenlüder nach Renovierung am Sonntag wiedereröffnet

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Pfarrkirche Renovierung
Nach der Behandlung mit Naturkalk erstrahlt die Kirche nunmehr wieder in Weiß. © Marcus Lotz

Mehr als zwei Jahre lang ist die Pfarrkirche St. Georg in Großenlüder renoviert worden. Am Sonntag (11. Dezember) findet die feierliche Wiedereröffnung mit Bischof Dr. Michael Gerber statt. Doch bis dahin war es ein langer Weg.

Großenlüder - Es war nur eine kurze Nachricht, die Pfarrer Joachim Hartel während seines Urlaubs im Jahr 2018 über sein Handy erreichte – doch sie sollte große Folgen haben. „Es ist Putz von der Decke gefallen“, las der Geistliche, der in eben diesem Jahr erst den Dienst als Pfarrer in Großenlüder angetreten hatte, auf dem Display. Klar war: Es musste gehandelt werden.

Fulda: Pfarrkirche St. Georg in Großenlüder nach Renovierung am Sonntag wiedereröffnet

Nachdem ein Unternehmen mit der Grundsicherung des schadhaften Bereiches beauftragt worden war, wurde die Decke von Fachleuten unter die Lupe genommen. Das Ergebnis war besorgniserregend: „Die Balken im Bereich des Dachstuhls und einige Hölzer waren so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass die Stabilität des Dachstuhls gefährdet schien“, berichtete Hartel. Durch die Schäden im Gebälk hätten sich zudem über die Jahre viele Risse in der Decke gebildet.

Die Ursachen waren zum Großteil auf den Bau der Barockkirche ab 1731 zurückzuführen. Beim Bau war zu frisches und zu nasses Holz verwendet worden.

Aber auch die Wände der Kirche in Großenlüder (Landkreis Fulda) waren schadhaft. Deutlich erkennbar war das Geflecht aus Rissen, das sich nicht nur über die Oberfläche zog, sondern durch den gesamten, etwa sieben Zentimeter dicken Putz. „Wenn wir das nur oberflächlich beheben, besteht die Gefahr, dass wir in ein paar Jahren wieder Probleme bekommen“, stellte Hartel damals fest.

Die Schäden waren akut, die Behebung wurde mit der ohnehin von der Kirchengemeinde beschlossenen Renovierung verbunden – denn das Gotteshaus war zudem stark verschmutzt. Ursache hierfür war das alte Heizsystem, welches eine ungünstige Luftzirkulation bewirkt hatte. (Lesen Sie hier: Diebe auf Kirchenbaustelle - „Man hat unser Allerheiligstes gestohlen“)

Aus der Renovierung wurde ein Mammutprojekt mit einem Kostenvolumen von 2,046 Millionen Euro. Nach der Schließung der Kirche im Juni 2020 begannen die vorbereitenden Arbeiten. Um Kosten zu sparen, setzte die Kirchengemeinde auf die Hilfe vieler tatkräftiger freiwilliger Helferinnen und Helfer – und auf Spenden, denn die Gemeinde brauchte jeden Cent. Hartel stand vor einer schweren Aufgabe: „Wenn ich daran denke, was vor uns liegt, habe ich manchmal schlaflose Nächte“, räumte er im November 2020 ein. Nichtsdestotrotz nahm sich die Gemeinde vor, bis zum Kirchenjubiläum 2022 fertig zu werden.

Pfarrkirche St. Georg: Gerüste im gesamten Kirchenschiff

Im Frühjahr 2021 waren erste Fortschritte erkennbar: Skulpturen, Gemälde und Kirchenbänke waren ausgeräumt, die Orgel verhüllt, der Boden teilweise mit Holz abgedeckt, mehrere Gerüste standen im Raum. Bauleiter Christian Diegelmann vom Lauterbacher Architekturbüro Neuraum überwachte die Arbeiten, die aus mehreren Baustellen bestanden: Zum einen wurde im Inneren der Kirche der Putz von den Wänden abgeschlagen und erneuert.

Außengerüst Pfarrkirche Bauarbeiten
Über ein Außengerüst konnte man zeitweise einen Blick in den Dachstuhl werfen. © Marcus Lotz

Das Abtragen erfolgte in Eigenleistung, und auch Pfarrer Hartel scheute sich nicht davor, das Stemmeisen in die Hand zu nehmen. Örtliche Unternehmen halfen zudem mit Materialspenden aus. „Die vielen helfenden Hände waren ein Signal für mich: Den Menschen liegt etwas an ihrer Kirche. Das ist für mich sehr beruhigend“, zeigte sich der Pfarrer erfreut.

Die zweite große Baustelle war die Deckenkonstruktion. Hier hatten sich zuerst Fäulnis, anschließend Pilze und Schädlingsbefall gebildet, sodass die befallenen Teile ausgetauscht werden mussten.

Im November 2021 fiel schließlich auch der offizielle Startschuss für die Renovierung. Mittlerweile hatte sich das Innere der Kirche in ein Labyrinth aus Gerüsten, Trittbrettern und Geländern in einem ansonsten leeren Raum verwandelt. „Es handelt sich hier um eine wirklich große Maßnahme und eines der größten Bauprojekte der Region, an dem das Bistum beteiligt ist“, sagte Astrid Schlegel von der Bauabteilung des Bistums, anlässlich des offiziellen Starts.

Das Bistum trägt 75 Prozent der Kosten, davon sind wiederum mehr als 300 000 Euro Zuschüsse vom Landesdenkmalamt. Nicht zuletzt beteiligte sich auch die politische Gemeinde Großenlüder mit 200 000 Euro. „Die Kirche war von Anfang an der Mittelpunkt der Gemeinde und ist heute nicht nur ein Gotteshaus, sondern auch ein Kulturdenkmal“, betonte seinerzeit Bürgermeister Florian Fritzsch (SPD).

Bistum Fulda trägt 75 Prozent der Renovierungskosten

Auch im laufenden Jahr schritten die Arbeiten zügig voran, sodass bereits im August zu erahnen war, dass sich das Kircheninnere deutlich verändert hatte: Die Wände erstrahlten durch den aufgetragenen Naturkalk in hellem Weiß. Diese Farbgebung entspricht nun wieder der ursprünglichen Optik, denn die Kirche war früher ebenfalls weiß, so steht es in den Befunden der Restauratoren.

Doch nicht nur Altbewährtes, sondern auch Neues wurde verbaut: Im Eingangsbereich befindet sich eine neue Vorkirche, die durch eine Glaswand vom Hauptraum getrennt ist. Die Vorkirche soll als Ort zum Beten sowie für Eltern mit ihren Kindern zur Verfügung stehen. Mit einem neuen Heizsystem soll zudem die gesamte Heizlast der Kirche zukünftig fast halbiert werden und der Raum gleichmäßiger und leichter beheizt werden können.

Etliche freiwillige Helferinnen und Helfer, die Tausende Stunden ehrenamtliche Arbeit verrichteten, trugen schließlich maßgeblich dazu bei, dass das Projekt bis heute nicht nur im Zeit-, sondern auch im Kostenplan blieb.

Programm

10 Uhr: Pontifikalamt mit Bischof Michael Gerber, mitgestaltet vom Projektchor

11.35 Uhr: Michael Gerber im Gespräch

12.15 Uhr: Mittagessen und Gemeinschaft im beheizten Zelt

ab 12.15 Uhr: Aktion „Lebendige Gemeinde“

ab 12.30 Uhr: Süßes und Gebasteltes

ab 13 Uhr: Einblick in die Sanierung

14 Uhr: Verabschiedung von Bischof Gerber mit der Katholischen Kita Abenteuerland

ab 14 Uhr: Verkauf Gepa-Produkte und „Aus Liebe Selbstgemachtes“

ab 14 Uhr: Kaffee und Kuchen

14.15, 15.15, und 16.15 Uhr: Kirchenführungen

ab 14.30 Uhr: Kinderprogramm, Bastelaktion Friedenslicht, Aktion Evangeliar, Spaß und Spiel

15 Uhr: Auftritt Grundschule St. Georg Großenlüder

ab 15.20 Uhr: Abholung des Friedenslicht

15.30 Uhr: Impuls „1200 Sekunden“

17.15 Uhr: Adventliche Weisen von den Glockenspielern aus dem Kirchturm

18 Uhr: Abendlob mit Aussendung des Friedenslichts

„Ich bin sehr dankbar für die vielen mitarbeitenden Hände. Sie waren alle mit Herzblut dabei“, sagt Pfarrer Hartel nun, da am Sonntag die große Wiedereröffnung geplant ist – für den Geistlichen der Höhepunkt des Jahres. „Das wird ein unvergesslicher Tag, an dem wir dieser Kirche, dem Haus Gottes, die Ehre erweisen wollen.“

Für die Kirchengemeinde ist damit auch das Ende einer buchstäblich langen Reise erreicht: „Zweieinhalb Jahre Tingelei haben jetzt ein Ende.“ Denn da die Kirche nicht zur Verfügung stand, musste die Gemeinde ausweichen – auf den Kirchplatz, den Sportplatz, das Feuerwehrhaus, die Kreissporthalle, die Schule und das Lüderhaus, wofür sich Hartel sehr dankbar zeigt.

„Das war eine Belastung für die Küster. Die haben das ganze Zeug immer wieder in Kisten und Wannen gepackt und haben alles hin und her geschleppt.“ Das ist nun vorbei. „Es ist tatsächlich ein bisschen irreal. Ich muss mir keine Gedanken mehr darum machen, wo wir am Sonntag eigentlich sind. Ich kann einfach hingehen und Messe feiern.“ Die Zeit der Entbehrung habe aber auch ihr Gutes gehabt, ist sich Hartel sicher: „Den Menschen wird bewusst: So eine Kirche zu haben, in die man auch einfach mal reingehen und beim Herrn sein kann, ist keine Selbstverständlichkeit.“

Auch wenn bis Sonntag noch nicht alles fertig sein wird – unter anderem fehlen noch einzelne Tafelbilder, und auch die Bestuhlung ist aktuell noch von der Gemeinde ausgeliehen – ist Hartel mit dem bisherigen Ergebnis sehr zufrieden. „Am besten gefällt mir die gesamte Raumwirkung. Ich habe die Kirche ja anfangs nur schmutzig und etwas düsterer erlebt. Jetzt ist sie richtig schön hell, und auch der Fußboden fügt sich wunderbar in dieses Bild ein.“

Welche Wünsche bleiben da noch für den Sonntag offen? „Ich wünsche mir viele Begegnungen und dass die Menschen die Gelegenheit nutzen, die renovierte Kirche zu genießen, ganz nach dem Motto: Kommt und sehet.“ (von Marcus Lotz)

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