Landwirte schlagen Alarm: Preisverfall zwingt so viele Schweinezüchter zur Aufgabe wie nie zuvor

An das kontinuierliche Auf und Ab bei den Schweinepreisen haben sich die Landwirte gewöhnt. Aber ein so langes Preistief mussten die Züchter noch nie verkraften. 14 Prozent der hessischen Tierhalter gaben deshalb 2021 endgültig auf – so viele wie noch nie.
Fulda - „Auch in Osthessen fragen sich immer mehr Schweinehalter, ob es sich für sie noch lohnt, den Betrieb weiterzuführen“, sagt Sebastian Schramm, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Fulda-Hünfeld. Hessenweit haben von 2008 bis 2019 rund 26 Prozent der schweinehaltenden Betriebe aufgegeben. Der wirtschaftliche Druck auf diese Höfe erhöhte sich dann so stark, dass allein im vergangenen Jahr 14 Prozent aufgaben.
Die Schweinehalter stehen von zwei Seiten unter Druck: Zum einen steigen die Preise für Strom, Gas und Diesel und zuletzt für Dünger. „100 Kilo von dem mineralischen Dünger, den jeder konventionell produzierende Landwirt braucht, kosteten vor einem Jahr 20 Euro. Heute muss der Landwirt für die gleiche Menge 105 Euro zahlen“, erklärt Schramm. (Lesen Sie hier: Düngerpreise verfünffacht: Landwirte warnen - „Kann zu extremer Hungersnot führen“)
Fulda: Preisverfall zwingt so viele Schweinezüchter zur Aufgabe wie nie zuvor
Zum anderen liegen die Fleischpreise, die der Landwirt erhält, ungewöhnlich tief. „Zwar muss der Verbraucher im Supermarkt und beim Discounter deutlich mehr fürs Fleisch zahlen, aber diese Preiserhöhung kommt beim Landwirt nicht an“, klagt der Geschäftsführer. In dieser schwierigen Situation sollen die Tierhalter nach den Wünschen der Bundespolitik jetzt sogar noch investieren – nämlich in größere Ställe, um für mehr Tierwohl zu sorgen.
„Wir wollen sehr gern in mehr Tierwohl investieren“, sagt Christian Hartmann, der in Hofbieber-Wiesen Schweine und Rinder hält. „Aber solche Investitionen müssen sich in einer überschaubaren Zeit rechnen“, sagt Hartmann. „Das ist derzeit sehr schwer – weil die Baupreise stark steigen, weil wir im Betrieb nur geringe Überschüsse erwirtschaften und wir nicht verlässlich planen können, da die Politik die Regeln sehr oft schnell wieder ändert.“
Die Bauern bitten die Verbraucher, ihr Fleisch regional einzukaufen, etwa bei einem Direktvermarkter. Mit einem Grillen machten Landwirte am gestrigen Freitag vor dem Möbelhaus XXXLutz Buhl Werbung für ihren Berufsstand. Ähnliche Aktionen fanden in Rotenburg, Limburg, Butzbach und Homberg statt.
Video: Schweinewohl: Ein Grunzen sagt mehr als 1000 Worte
Volker Lein, Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes, sagte, Hessens Schweine- und Rinderhalter wollten die Versorgung mit landwirtschaftlichen Produkten aus der Region auch in Zukunft gewährleisten. Das gelte auch für pflanzliche Erzeugnisse. Eine Versorgung mit Lebensmitteln aus der Region könne jedoch nur dann funktionieren, wenn es im Umfeld genügend landwirtschaftliche Betriebe gebe.
„Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges darf zudem die Ernährungssicherung nicht vernachlässigt werden“, sagte Lein. Die Stilllegung von Flächen sei kontraproduktiv, die Entscheidung gegen die Freigabe der ökologischen Vorrangflächen könne er nicht nachvollziehen.