Putenfarm unter dem Hammer? Betreiber wollen auf bessere Tierhaltungsbedingungen umstellen

Die „Proud Farmer’s Putenfarm“ am Rand der Ortslage von Ebersburg-Thalau in der Rhön steht vor der Zwangsversteigerung. Das geht aus den Online-Veröffentlichungen des Amtsgerichts Fulda hervor.
Thalau/Fulda - Wenn nichts dazwischen kommt, könnte die Anlage mit den großen Geflügelställen am 20. Mai den Besitzer wechseln. Denn für diesen Tag hat das Amtsgericht Fulda die Versteigerung terminiert. Das Amtsgericht gibt den Verkehrswert des Betriebs, mit 484.000 Euro an.
Ob es aber wirklich zu der Zwangsversteigerung des Betriebs, der über ein rund 28.000 Quadratmeter großes Grundstück verfügt, kommen wird, dahinter setzen die Inhaber der Anlage, die Brüder Matthias (34) und Markus Krista (22), ein Fragezeichen. Dass es zu diesem Schritt gekommen sei, liege an einer Auseinandersetzung zwischen ihnen und dem langjährigen Hauptabnehmer der in Thalau gemästeten Tiere.

Inzwischen wird dieser Streit vor Gericht ausgetragen. Kern der Auseinandersetzung sei der Plan der „Proud Farmer’s Putenfarm“, den Betrieb auf eine unter Tierwohl-Aspekt bessere Haltungsform umzustellen, bei der den Puten mehr Platz pro Tier zustehen würde (lesen Sie auch hier: Metzgermeister Paul Müller aus Flieden schlachtet selbst und verzichtet (fast ganz) auf Zukäufe).
Der Abnehmer habe massiv auf die Verlängerung der Lieferverträge zu den alten Konditionen gedrungen. Am Ende habe er die gemästeten Tiere abgenommen – und bis heute nicht bezahlt. Weil der Vermarkter sehr eng mit dem Geldgeber des Projekts verwoben sei und in Folge der Nicht-Zahlung das Geld gefehlt habe, sei die Finanzierung zusammengebrochen.
„Das Ziel ist offenbar, uns zu nötigen, nicht auf die tiergerechtere Haltungsform umzustellen“, sagt Matthias Krista. „Wir wollen das aber tun, denn wir finden das um der Tiere willen und auch aus wirtschaftlichen Gründen besser“, ergänzt sein Bruder Markus. Denn immer weniger Menschen wollten Fleisch essen, das so erzeugt werde.
Doch die Umstellungspläne haben auch eine baurechtliche Seite: Um die angestrebte Haltungsform 3 (Außenklima, mehr Platz, Futter ohne Gentechnik) umzusetzen, wäre ein drittes Gebäude mit einem Frischluft-Scharrraum erforderlich – was nach dem geltenden Bebauungsplan nicht erlaubt ist. Einen entsprechenden Bauantrag habe man vorgelegt, berichtet Matthias Krista.

Er beklagt, dass man seitens der Gemeinde den Plänen immer wieder Hindernisse in den Weg lege. Das bedauere er, denn man wolle weder die Zahl der gehaltenen Tiere noch die Belegung nach Kilogramm pro Quadratmeter steigern. Ebersburgs Bürgermeisterin Brigitte Kram (CDU) verweist darauf, dass der Bau eines weiteren Stall-Gebäudes einer Bebauungsplan-Änderung bedürfe.
Dazu sehe sie in der Gemeindevertretung „wenig Interesse“. Hintergrund dafür könnte sein, dass es aus Thalau wohl immer wieder Beschwerden gibt, weil sich Anwohner über Geruchsbelästigung beklagen. Die Ställe sind rund 600 Meter in nordwestlicher Richtung von der Bebauung entfernt.
Hintergrund: Die Ställe
Die Putenmastanlage in Thalau wurde 2009 gebaut. Neben der B 279 entstanden zwei 90 Meter lange Ställe. Sie werden nach Angaben der Betreiber derzeit für die Mast von rund 15 000 Tieren genutzt. Im Jahr 2018 beantragte das Unternehmen eine Erweiterung um einen dritten Stall, über die bislang noch nicht entschieden ist.
Gerade ist die Gemeinde dabei, dort ein weiteres Neubaugebiet zu erschließen. Kram betont, die baurechtliche Situation lasse auf dem Areal an der B 279 nur eine Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke zu, wie sie im Paragrafen 35 des Bundesbaugesetzes festgelegt ist. Eine andere gewerbliche Nutzung sei nicht möglich.
Die Brüder Krista verweisen darauf, dass es bei dem Betrieb weder seitens der tierärztlichen Aufsicht noch seitens der Immissionsprüfungen durch das Regierungspräsidium Einwände gegeben habe. Zudem, so Matthias Krista, sei es schade, dass die Bürgermeisterin in der gesamten Zeit bislang keine Zeit gefunden habe, sich den Betrieb einmal anzuschauen.
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Dem Versteigerungstermin sehen die Geschwister eher entspannt entgegen. „Wir haben eine Finanzierung gefunden, mit der wir, wenn wir die Genehmigungen bekommen, die Umstellung auf die Haltungsstufe 3 umsetzen können.“ Aber es gebe auch andere Wege, die Versteigerung abzuwenden.
„Es gibt aus dem Bereich der Putenmäster großes Interesse an solchen Anlagen, die für die entsprechende Tierhaltung zugelassen sind – da könnten wir sicherlich zu einem guten Preis verkaufen“, sagt der 34-Jährige und fügt hinzu, dass dies für Thalau möglicherweise belastender sein könne als die aktuellen Planungen der Kristas.
Solche Betreiber, so mutmaßt er, würden vermutlich die zugelassene Stall-Kapazität maximal ausnutzen (lesen Sie auch hier mehr: Schweinemäster Frank Scheibelhut setzt in Hainzell auf Bio - Hohe Kosten und fixe Preise).