1. Fuldaer Zeitung
  2. Fulda

Raiffeisenbank schließt kleine Filialen in der Region Fulda - aus Sorge vor Automatensprengern

Erstellt:

Von: Suria Reiche

Die VR-Bank Fulda schließt aus Sorge um Geldautomatensprengungen u.a. ihre Filiale in Johannesberg.
Die Raiffeisenbank im Fuldaer Land schließt aus Sorge um Geldautomatensprengungen unter anderem ihre Filiale in Johannesberg. © Suria Reiche

Dort, wo früher an einigen Orten rund um Fulda Bankautomaten standen, damit die Menschen nicht so weit fahren mussten, um Bargeld abzuheben, stehen sie jetzt vor verschlossenen Türen. Die Raiffeisenbank begründet dies damit, Menschenleben schützen zu wollen.

Fulda - Es ist Sonntagnachmittag. In Fulda-Johannesberg möchte ein junger Mann schnell noch ein paar Scheine in der Selbstbedienungsfiliale der Raiffeisenbank im Fuldaer Land holen. Doch die Schiebetüren öffnen sich nicht, als er davor steht. An der Glasscheibe hängen Schilder. Die Bankfilliale bleibt geschlossen – genau wie auch in Bimbach, Hainzell und Rückers.

Fulda: Raiffeisenbank schließt Filialen aus Sorge vor Automatensprengung

Auf der Internetseite der Raiffeisenbank im Fuldaer Land findet der junge Mann später eine Erklärung: Schuld an den geschlossenen Banken seien die Geldautomatensprengungen während der vergangenen Wochen und Monate. Die Räume, die nun von der Bank geschlossen wurden, weisen eine Besonderheit auf: Obendrüber oder nebenan befinden sich Wohnungen – und es sind ausschließlich Selbstbedienungsfilialen. Das heißt, dass keine Angestellten darin arbeiten, sondern nur Automaten für die Kunden bereitstehen.

Für Anton Balz, der mit seiner Familie im Dezember 2020 in die Wohnung über der Bankfiliale in Johannesberg gezogen ist, war diese kein Ausschlusskriterium. Der 36-Jährige sagt, er habe persönlich bisher keine Angst vor einer Sprengung im Raum der Bank gehabt. Auch von den Kunden der Bank habe er nichts mitbekommen oder gehört.

„Die Schließung der Filiale kam für uns sehr überraschend. Wir haben plötzlich gemerkt, dass die Kunden mit ihren Autos wieder unverrichteter Dinge vom Platz gefahren sind, als sie gemerkt haben, dass die Bank geschlossen ist.“ (Lesen Sie hier: Geldautomatensprengung in Schlüchtern - Polizei fasst 41-jährigen Tatverdächtigen)

„Der Gefahr einer Sprengung können und dürfen wir die dort ansässigen Bewohner keinesfalls aussetzen. Um sie zu schützen, werden die genannten Geschäftsstellen vorläufig komplett geschlossen“, heißt es aber wörtlich auf der Internetseite der Bank, die bei ihren Kunden um Verständnis bittet. Die Schließungen seien „mit Verständnis im Hinblick auf die Fürsorgepflicht gegenüber den betroffenen Menschen zur Kenntnis genommen worden“, sagt Tom Münker vom Vertriebsmanagement der Bank.

Bei Ortsvorsteher Erwin Stock gab es aber auch andere Reaktionen von den Einwohnern von Johannesberg und den Stadtteilen rundherum. Die SB-Filiale der Raiffeisenbank wurde nicht nur von Johannesbergern genutzt. Auch die Menschen aus Harmerz, Zirkenbach und Zell haben ihr Geld und Kontoauszüge geholt oder Briefe und Aufträge eingeworfen.

„Die Anwohner sind jetzt ganz schön sauer“, sagt Stock. Viele der Bewohner des sogenannten Kirchspiels seien zur Raiffeisenbank gewechselt, nachdem die Sparkassenfiliale im Ort geschlossen worden war. „Sie waren dankbar, dass es überhaupt noch eine SB-Filiale gab und haben sie gern genutzt“, so Stock.

Raiffeisenbank will Sicherheit der Filialen gewährleiten

Und auch Laufkundschaft, die es in Johannesberg durch den Durchgangsverkehr aufgrund der Nähe zur Bundesstraße und dem Westring gibt, habe das Angebot oft genutzt. Nun ist die Filiale auf unbestimmte Zeit geschlossen und Stock beklagt, dass in Johannesberg gerade alles schließe: „Der Laden hier im Stadtteil hat im Januar geschlossen, jetzt die Bank.“

Die Sprengungen von Geldautomaten in jüngster Zeit hatten gezeigt, was passieren kann: So hatten Unbekannte beispielsweise Ende vergangenen Jahres versucht, einen Geldautomaten in Dipperz zu sprengen und dabei hohen Schaden verursacht. Und das war nicht der einzige Fall in der vergangenen Zeit.

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Automatensprengungen hessenweit fast verdoppelt. Einige Banken haben bereits Anfang des Jahres darauf reagiert und Filialen nachts geschlossen. Für die Raiffeisenbank im Fuldaer Land sei die komplette Schließung alternativlos gewesen.

Video: Explosion im Landkreis Eichstätt: Geldautomaten-Sprengung in Lenting

„Die Serie von Automatensprengungen hat seit geraumer Zeit eine neue, schreckliche Dimension erreicht, von der auch unsere Region zuletzt betroffen war“, sagt Münker. Schon in der Vergangenheit habe die Bank zur Gewährleistung der Sicherheit verschiedene Maßnahmen ergriffen, zu der auch die Schließung der Selbstbedienungsbereiche bei Nacht zählte.

Da inzwischen fast ausschließlich Festsprengstoff zum Einsatz komme und das gewaltsame Eindringen in den Selbstbedienungsbereich nicht durch eine verschlossene Tür verhindert werden könne, reichten diese Sicherheitsmaßnahmen nicht mehr aus, um die dort wohnenden Personen zu schützen, argumentiert die Bank.

„Bevor unsere Entscheidung getroffen wurde, haben wir mit dem hessischen Landeskriminalamt sowie Spezialisten für Sicherheitstechnik eine Lagebeurteilung vorgenommen“, sagt Münker. Bei der Bank gehe man davon aus, in acht bis zehn Wochen mehr über die Dauer der Schließung sagen zu können.

Raiffeisenbank bietet Alternativen zu Schließung der Bankfilialen

Ältere und nicht mobile Kunden müssen aber nicht zwingend bis in die nächste Filiale in Haimbach fahren. Die Bank bietet einen Bargeld-Service an. „Unsere Kunden können das Bargeld bei uns bestellen und bekommen es am nächsten Arbeitstag geliefert“, erklärt Münker. Vollständig geschlossen wurden nur die sogenannten SB-Stellen.

Also Standorte, in denen der Kunde lediglich Geld abheben oder Kontoauszüge holen konnte. Die „Kompetenzzentren“, in denen Bankmitarbeiter zur Seite stehen, bleiben geöffnet. Die Sparkasse möchte indes keine Filialen schließen, sagt Richard Hartwig vom Vorstandsstab.

Auch interessant