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Zweite Chance für Legehennen: Josef Hasenauer schenkt Tieren neues Zuhause

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Von: Anne Burkard

Josef Hasenauer mit Hühnern
Josef Hasenauer ist stolz auf seine Hühner: Einige von ihnen graben sich wegen der Hitze kühle Löcher – für sie ist das pure Wellness. © Anne Burkard

Gemütliches Gackern hier, ein Kikeriki da – die Hühner auf dem Gieseler Freigelände von Josef Hasenauer und seiner Tochter Natalie genießen ihre Zeit. Doch das war nicht immer so, denn eigentlich waren die Industriehühner zur Schlachtung vorgesehen.

Giesel - Als der 68-jährige Rentner Josef Hasenauer mit seinem Auto zum Hühnergelände fährt, erkennen ihn seine Tiere sofort. Einige rennen zum Zaun und spekulieren auf Futter, andere graben sich aufgrund der Hitze kühle Löcher, reinigen sich im Sandbad oder genießen ihre Zeit in der Sonne direkt neben Hasenauers Streuobstwiese. Hühner sind neugierige und intelligente Vögel, die gerne in kleinen Gruppen leben. Umso trauriger, dass es in der Industrie immer noch qualvolle Zuchten von Legehennen in Käfig und Bodenhaltung auf viel zu engem Raum gibt.

Fulda: Rentner schenkt Hühnern in Giesel zweites Leben

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, retten Josef Hasenauer und seine Tochter Natalie Hühner aus Giesel (Landkreis Fulda) und schenken ihnen ein zweites Leben. Während sich seine Tochter überwiegend um Bürokratisches kümmert, versorgt er die Tiere. Der Hühner-Retter schaut bei den Vögeln drei- bis viermal täglich vorbei: Er füllt Futter und Wasser nach, sammelt Eier aus den Legenestern ein und sorgt für Ordnung. Damit ist der Rentner mindestens drei Stunden pro Tag beschäftigt.

Der 68-Jährige kümmert sich auf einer Fläche von 1250 Quadratmetern Freigelände und einem Hühnermobil um rund 120 Hühner im Alter von zwei bis vier Jahren. Neben von Hand aufgezogenen Hühnern von Privatpersonen, deren Tiere nicht mehr genug Eier legen, ist die Mehrheit über den Wolfsburger Verein „Rettet das Huhn“ nach Giesel gekommen. (Lesen Sie hier: Tierheime beobachten Trend zum „Problem-Hund“ als Abgabegrund)

Der Verein rettet Legehennen aus der Industrie vor der Schlachtung und vermittelt sie deutschlandweit an Tierfreunde, die ihnen ein artgerechtes Leben schenken. Die Hennen aus der Legebatterie werden bereits mit einem Jahr geschlachtet, weil sie nur noch die Hälfte an Eiern legen. Während ein freilebendes Huhn von Natur aus sogenannte Legepausen hat, in denen es keine Eier legt, müssen Industriehühner pausenlos Eier produzieren.

Paten

Hühner retten und Eier erhalten – so lautet das Motto des Projekts „Unser glückliches Huhn“ von Natalie und Josef Hasenauer, das sie 2018 ins Leben gerufen haben. Die Patenschaft geht ein Jahr lang. Dabei übernimmt der Hühnerpate für ein Huhn die Unterhaltskosten von 15 Euro pro Monat. ZumDank werden die Eier unter den Paten verteilt und können im Depot in Fulda oder am Hof in Giesel abgeholt werden.

Hasenauers Hühner legen pro Tag zwischen 60 und 70 Eiern. „Das ist immer tagesform- und wetterabhängig. Was sie legen, legen sie.“ Die qualvolle Zucht in der Industrie geht auch an dem Hühner-Retter nicht spurlos vorbei: „Ich sehe, wie schlecht es den Tieren geht. Das muss enden.“ Dem Großteil der gequälten Hennen fehlt das Federkleid. „Bei Stress fangen die Hennen an, sich gegenseitig anzupicken und rupfen sich die Federn aus“, erklärt Hasenauer betroffen und fügt hinzu: „Wenn es ihnen gut geht, werden sie sieben bis acht Jahre alt.“

Legehennen bekommen zweite Chance in Hühner-Oase

Nach dem Transport nach Giesel – auf dem tragischerweise auch schon von der Industrie zu erschöpfte Hennen gestorben sind – pflegt der 68-Jährige die traumatisierten Tiere übergangsweise in einem separaten Stall, bis sie sich wieder regeneriert haben.

Hasenauers Projekt zeigt Wirkung: „Es ist schön zu sehen, wie es dem Huhn besser geht. Mittlerweile kann man die Industriehennen nicht mehr von den mit Hand aufgezogenen unterscheiden.“ Das Mobil, in dem die Tiere schlafen, sei vom Tierschutz für 250 Hühner genehmigt. „Das ist abends mit 120 Hühnern schon voll genug“, sagt Hasenauer. Mittlerweile hat die Hühner-Oase aber erstmal Aufnahmestopp.

Das Hühnermobil ist bereits das Dritte. Das Netz über dem Freigelände war laut Hasenauer eine gute Entscheidung: „Ohne Netz haben wir pro Woche zwei Hühner durch Raubvögel wie den Habicht verloren. Es war zwar teuer, rettet ihnen aber das Leben“, betont der 68-Jährige. Sein Tipp für private Hühnerbesitzer: in ein Netz investieren. Ohne Netz würden sich die Tiere aus Angst verstecken und nicht nach draußen trauen. „Solche Hühner hatten wir auch schon. Zwei Stunden später haben sie bei uns das gesamte Gelände erkundet und sind richtig aufgeblüht.“

Das Engagement hat auch seine Kosten: Den Großteil zahlt der Rentner aus eigener Tasche: 42 000 Euro für das Mobil, rund 3000 Euro für das Netz über dem Freigelände, 400 Euro für Futterboxen und Kosten für Bio-Futter und Wasser. Der Rest der Kosten wird durch rund 40 Paten finanziert. „Ich wünsche mir aber noch mehr Paten“, äußert Josef Hasenauer.

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