Am Ende der Verhandlung, die mehr als eine Stunde gedauert hat, kommt es zur Entscheidung. Kläger und Beklagte einigen sich auf einen Vergleich, den Schütz vorgeschlagen hat. Der Beklagte muss 60 Prozent der Kosten übernehmen, der Kläger 40 Prozent. Dazu zählen auch die Kosten für das Verfahren und den Anwalt. Schütz wiederholt das Ergebnis mit dem Diktiergerät, damit diesem alle zustimmen können. Mit dem Satz: „Der Rechtsstreit ist somit vollumfänglich erledigt“, endet die Verhandlung.
Verhandlungen sind ein kleiner Teil der Arbeit eines Richters: „Die meiste Zeit verbringe ich im Büro. Häufig sitze ich am Schreibtisch. Daher ist meine Arbeit am Sozialgericht eigentlich a-sozial“, scherzt Carsten Schütz. Dass es viel am Schreibtisch zu tun gibt, wird beim Blick in sein Büro deutlich. Auf dem Tisch und im Regal sind Aktenstapel verteilt. Auch im Sekretariat stehen Regale voll. Bis zum 1. Januar 2026 sollen alle Akten digitalisiert werden. „Das ist in der Kommunikation unschlagbar und spart Ressourcen“, sagt er. (Lesen Sie auch: Dieselprozesse belasten Amts- und Landgericht massiv)
Einige seiner Fälle sind aus diesem Jahr, seine ältesten, nicht abgeschlossenen aus dem Jahr 2016. „Es gibt diesen Rattenschwanz. Darauf sind wir nicht stolz“, sagt er. Ein Grund: Bei einigen Fällen werden Gutachter oder Sachverständige benötigt, und diese seien schwer zu finden. „Ein guter Gutachter ist begehrt. Deswegen dauert es, bis er Zeit hat“, erklärt der Richter.
In der Serie „Berufen zum ....“ stellen wir Berufe vor, die eher eine Berufung sind, und stellen den Alltag der Menschen vor, die sich berufen fühlen. Im ersten Teil der Serie ging es um den Beruf des Polizisten. Alina Komorek war nachts auf Streife mit zwei Beamten der Fuldaer Polizei. Im zweiten Teil der Serie begleitete Sophie Brosch einen Landwirt bei seiner Arbeit. Uwe Müller de Vries hat dabei unter anderem verraten, wie das Wetter seine Arbeit beeinflusst.
Der dritte Teil der Serie befasste sich mit dem Beruf des Profifußballers. Celina Lorei besuchte einen Tag Kenan Mujezinovic vom FSV Frankfurt. Im vierten Teil der Serie hat Noél Urner den Pfarrer Togar Pasaribu besucht.
Spannend am Sozialgericht ist für ihn, dass es meist um persönliche Schicksale von Menschen geht. Anders als im Amts- oder Landgericht sind die Fälle „aber nicht so spektakulär“, sagt Schütz. Die persönlichen Schicksale der Menschen lässt er nicht an sich ran. „Das liegt am Charakter. Für mich sind die Fälle in der Regel nach dem Ergebnis abgeschlossen.“ Es gibt aber einen Fall, der den 50-Jährigen in seiner Zeit als Strafrichter beschäftigt hat: „Ich musste jemanden freisprechen, obwohl ich überzeugt war, dass er schuldig war. Es gab aber zu wenige Beweise gegen ihn. Das hat mich lange geärgert.“
Richter sind Kammern zugeordnet. Am Sozialgericht Fulda gibt es 13 Kammern, die jeweils an bestimmten Wochentagen Verhandlungen führen. Es arbeiten sieben Richter am Gericht, weswegen einige Richter mehrere Kammern besetzen. Bestandteil einer Kammer sind zwei ehrenamtliche und der hauptamtliche Richter. Carsten Schütz kümmert sich in seiner Kammer um Eltern-, Erziehungs-, Kinder- und Betreuungsgeld. Außerdem behandelt er Fragen, was ein Krankenhaus für eine Behandlung bekommt oder zurückzahlen muss.
Carsten Schütz und Bettina Ditzel, ebenfalls Richterin am Fuldaer Sozialgericht, haben im Gespräch mit unserer Zeitung fünf Fragen zu ihrem Beruf beantwortet. Die Antworten lesen Sie in der gedruckten Samstagausgabe (16. Oktober) der Fuldaer Zeitung sowie im E-Paper.
Ehrenamtliche Richter unterstützen bei einer Verhandlung den hauptamtlichen. „Sie treffen unvoreingenommen Entscheidungen und beteiligen das Volk an den Verhandlungen“, erklärt Schütz. Sie können den Hauptamtlichen überstimmen, da alle Stimmen gleich zählen.
„Für die Durchführung des Ehrenamtes muss man Deutscher, 25 Jahre alt sein und etwa von einer Gewerkschaft, einem Sozial- oder Arbeitgeberverband vorgeschlagen werden“, so Schütz. Einer kommt aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem der Versicherten. „Man wird für fünf Jahre benannt und benötigt keine spezielle Ausbildung.“