Von größerem Interesse sind für Wingenfeld jedoch die beiden vollständig erhaltenen Individuen. Auffällig daran: Während das eine Skelett, das auf der Seite zum Dom hin gefunden wurde, ordentlich bestattet war, war das Skelett auf der anderen Mauerseite verschoben. Der Kopf lag deutlich tiefer als das Becken, die Beine waren angewinkelt. Ob dieser Körper durch Erdverschiebungen oder bei den Mauerarbeiten möglicherweise in diese Lage kam, ist ungeklärt.
Unerwartet erscheint indes, die gesamte Auffindesituation. Wäre der sorgfältiger beigesetzte Körper innerhalb des vermeintlichen Friedhofsareals, der verdrehte hingegen außerhalb aufgefunden worden, hätte das eine Schlussfolgerung nahegelegt. „Tatsächlich ist es eine These, dass der Leichnam, der auf der Seite zum Dom hin gefunden wurde, vielleicht zu einem Mönch gehörte, der Suizid begangen hat. Der hätte dann nämlich nicht auf geweihtem Boden bestattet werden dürfen“, erklärt die Archäologin mit Blick auf die theologischen Hintergründe und Gepflogenheiten im Mittelalter.
Wenn es darum geht, mehr über die Menschen zu erfahren, dann wären Anthropologen oder Mediziner gefordert. Die könnten etwa Erkenntnisse zu Geschlecht und auch möglichen Krankheiten liefern. Gelungen ist so etwas unter anderem bei Funden am Franzosenwäldchen. „Damals konnten wir anhand von Knochen nachweisen, dass er Mensch an Syphilis erkrankt war“, erinnert sich Wingenfeld, die den Fund der beiden vollständigen Skelette am Michaelsberg als durchaus bedeutend für die Stadt einstuft.
Möglich sei so etwas immer wieder, denn die Behauptung, dass Archäologen in erschlossenen Gebieten nichts Neues mehr finden, die stimme schlichtweg nicht. Bester Beweis seien die Arbeiten in der Langebrückenstraße vor drei Jahren gewesen. „Da haben wir genau dort gegraben, wo Joseph Vonderau über 100 Jahre zuvor gegraben hat.“
„Und wie er haben wir auch Schaufeln von Mühlrädern gefunden“, erinnert sich Wingenfeld. Inzwischen jedoch lassen sich solche Stücke im Hinblick auf die Siedlungsgeschichte Fuldas mit neuen Methoden anders interpretieren als Vonderau dies tat. Er war davon ausgegangen, dass sich einst Pfahlbauten in den Auen befanden.