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Skilager noch zeitgemäß? - Auch Schulen in Fulda hinterfragen Wintersportwochen

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Von: Sophie Brosch

Schüler einer Realschule, die ein Skilager besuchen, folgen auf einer Piste den Anweisungen ihrer Lehrkraft.
Schüler einer Realschule, die ein Skilager besuchen, folgen auf einer Piste den Anweisungen ihrer Lehrkraft. © Angelika Warmuth/dpa

Der Skiausflug in die Alpen ist für viele Schüler eine willkommene Abwechslung zum Schulalltag. Doch viele Eltern müssen dafür tief in die Tasche greifen. Und auch der Umweltaspekt der Reise sorgt zunehmend für Kritik. Schulen in Fulda halten dennoch an Skifreizeiten fest.

Fulda - Mit Skiern im Gepäck für eine Woche in die Alpen. Immer mehr Schulen im Süden Deutschlands streichen das bei vielen Schülern beliebte Skilager, das in der Vergangenheit oft nach Österreich oder Südtirol führte. Denn: Durch Inflation und Energiekrise sind auch die Kosten für Busreise, Unterkunft, Skipass und Ausrüstung gestiegen.

Doch nicht alle lassen sich davon abschrecken. Das Deutsche Jugendherbergswerk etwa stellt keinen Rückgang der Übernachtungen von Schulklassen in Skigebieten fest. Sprecher Justin Blum berichtet sogar von einem leichten Anstieg in den Mittelgebirgen. Gründe dafür seien unter anderem die kürzere Anreise und günstigere Preise. 

Fulda: Skilager noch zeitgemäß? - Schulen hinterfragen Wintersportwochen

Neben den hohen Reisekosten spielt auch der ökologische Aspekt zunehmend eine Rolle. Durch den Klimawandel fehlt es in vielen Skigebieten an Schnee. Sie müssen Kunstschnee erzeugen. Technischer Schnee oder Kunstschnee wird mit Wasser – meist aus Schmelzwasserbächen oder künstlich angelegten Stauseen – hergestellt. 

Pro Hektar Kunstschnee braucht man nach Angaben des Westdeutschen Rundfunks (WDR) pro Saison etwa drei Millionen Liter Wasser. Auch der Energieverbrauch bei der Produktion von Kunstschnee ist extrem hoch. Die Schneekanonen aller Skigebiete in den Alpen verbrauchen laut WDR pro Jahr etwa so viel Energie wie 500.000 Haushalte.

Kunstschnee hat eine andere kristalline Struktur als Naturschnee: Er ist luftundurchlässiger, kompakter und weniger wärmedämmend. Dadurch bleibt er im Frühjahr bis zu vier Wochen länger liegen. Das kann sensible Naturräume schädigen, wie der Nabu mitteilt. Die Vegetationsperiode verkürzt sich demnach, Pflanzen haben weniger Zeit zu gedeihen. Das gefährdet die Artenvielfalt.

Außerdem stört der Lärm von Schneekanonen Wildtiere. Abends unterbricht er die Ruhephasen der Tiere und kann Stress auslösen.Dennoch ist Kunstschnee nicht per se schlecht für das Klima: Er kann die Erde sogar abkühlen, wie eine neue Studie des Forschungszentrums Joanneum Research in Österreich zeigt. Denn Schnee- und Eisflächen reflektieren Sonnenstrahlen und kühlen die Erde dadurch ab.

Wir sind Umweltschule und möchten auch in diesem Zusammenhang unseren Beitrag leisten.

Anke Schüler, Schulleiterin der Konrad-Adenauer-Schule

Den Ergebnisse der Studie zufolge überwiegt der positive klimatische Effekt der beschneiten Pistenflächen den negativen Emissionseffekt der Kunstschneeerzeugung. Der positive Klimaeffekt von Kunstschnee werde dabei umso größer, je mehr erneuerbare Energieträger bei dessen Produktion zum Einsatz kommen.

Zwar ist Naturschnee in Deutschland rar geworden, in den Mittelgebirgen ist er aber noch zu finden – wie auch hierzulande in der Rhön. Dass Mittelgebirge ein attraktives Ziel für Schulklassen bleiben, bestätigen die hohen Buchungszahlen auf der Wasserkuppe. „Einige Schulklassen aus der Region kommen zum Skifahren hierher“, berichtet Jeremias Kömpel, Sprecher der Wiegand Erlebnisberge GmbH. 

Skilager haben an den Schulen oft eine lange Tradition

„Der Stellenwert der Schneesportschulwoche ist hoch“, sagt Anke Schüler, Schulleiterin der Konrad-Adenauer-Schule. Das Skilager wird für alle 8. Klassen angeboten, Ziel ist das Ahrntal in Südtirol. „In diesem Winter hatten wir 55 Interessenten, konnten aber nur 36 Teilnehmer mitnehmen, weil nicht genügend freie Betten zur Verfügung standen.“

Die Preise steigen jährlich um etwa 10 Prozent, wie Anke Schüler sagt. So lagen die Kosten ohne Leihgebühren pro Schüler 2019 bei 390 Euro, 2023 bei 460. Euro. Eine kostenbedingte Anpassung des Angebots – zum Beispiel einen Tag weniger Skifahren oder in nähergelegene Skigebiete zu reisen – könnte in den nächsten Jahren erfolgen.

Ökologische Überlegungen spielten für die Familien keine Rolle, wie die Schulleiterin sagt. „Letztendlich hängen am Skitourismus sehr viele Arbeitsplätze, wie man es während der Corona-Pandemie in den Alpenländern schmerzhaft feststellen musste.“ Für die nahe Zukunft wolle sich die Schule aber zu diesem Punkt Gedanken machen. „Wir sind Umweltschule und möchten auch in diesem Zusammenhang unseren Beitrag leisten“, sagt Anke Schüler.

Die Sportklassen 7 der Bardoschule und des Domgymnasiums fahren jährlich gemeinsam ins Axamer Lizum, ein Skigebiet bei Innsbruck, wie Martin Aschenbrücker, Konrektor der Bardoschule, erklärt. Damit alle Schülerinnen und Schüler an der Reise teilnehmen können, gebe es an der Haupt- und Realschule ein Ansparkonzept, bei dem lange im Voraus monatliche Beiträge gezahlt werden.

Der Stellenwert der Reise sei hoch, man wolle den Schülern Bergerfahrung im Schnee ermöglichen. Seit 2020 seien die Reisekosten um etwa 30 Prozent gestiegen. „Dabei sind die Buskosten der stärkste Preistreiber“, sagt Aschenbrücker. Vonseiten der Schüler und Eltern habe es bislang keine kritischen Stimmen zum Umweltaspekt gegeben.

Skilager noch zeitgemäß? Schul-Freizeit planen im Klimawandel

An der Freiherr-vom-Stein-Schule hat das Skilager in Tirol eine lange Tradition, wie Direktor Ulf Brüdigam sagt. „Die Wintersportwoche ist ein wichtiges Element, um sich im Jahrgang besser kennenzulernen, neue Erlebnisse zu teilen und klassenübergreifend zu kooperieren.“ Die Kosten hätten nahezu konstant gehalten werden können.

Es fahre stets der komplette Jahrgang 7, in diesem Jahr seien es 130 Schülerinnen und Schüler. „Die ökologischen Aspekte des Skifahrens sind allen Beteiligten sehr wohl bewusst“, sagt Brüdigam. „Natürlich wird eine Wintersportwoche noch nicht ökologisch, weil wir ein möglichst nahes Ziel wählen, mit dem Bus anreisen und die Skiausrüstung zum großen Teil nur geliehen wird.“

Auf der Suche nach einer Alternative sei der Schule aber noch kein anderer Sport eingefallen, den bis zu 200 Schülerinnen und Schüler auf unterschiedlichem Leistungsniveau gleichzeitig ausüben können. Außerdem lasse sich das Bewegungsfeld „Gleiten“ durch Skifahren so gut wie durch keinen anderen Sport abdecken.

Video: Sommersportwoche statt Skilager - Alternative in Zukunft?

Jährlich fährt auch die Jahrgangsstufe 7 der Heinrich-von-Bibra-Schule nach Südtirol. „Da wir einen festen Anbieter haben, waren die Steigerungen moderat“, berichtet Schulleiter Thorsten Retzlaff. Die Kosten für eine Woche Unterkunft, Bus, Vollpension und Skipass seien seit 2019 von 380 auf 420 Euro gestiegen.

„Da wir genügend ausgebildete eigene Skilehrer haben, sparen wir dort die Kosten“, so Retzlaff.  Etwa 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler finanzierten die Reise über Sozialhilfeleistungen. Wer nicht mitfahren kann, erhält Unterricht in den Hauptfächern.  „Der Anbieter leistet einen CO₂-Ausgleich“, antwortet der Schulleiter auf die Frage nach ökologischen Bedenken.

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