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Stadt-Koalition auf der Kippe? Streit um Erbsensuppen-Stand auf dem Weihnachtsmarkt

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Von: Sabrina Mehler

Fulda: Weihnachtsmarkt offiziell eröffnet
Die Standvergabe für den Weihnachtsmarkt sorgt für Unmut bei der CWE - und Ärger in der CDU/FDP/CWE-Koalition. © Memento36

Vor anderthalb Jahren haben CDU, FDP und CWE in Fulda den Koalitionsvertrag unterschrieben, jetzt steht das Bündnis offenbar auf der Kippe. Der Streit entzündet sich an den Vergabekriterien für einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt. Die Wähler-Einheit ist erzürnt.

Fulda - Es ist ein Streit zwischen der Christlichen Wähler-Einheit (CWE) und dem hauptamtlichen Magistrat, der wohl nur der Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen bringen könnte. Seit Langem kritisiert die CWE als Teil der Koalition in der Stadtverordnetenversammlung, dass sie bei wichtigen Entscheidungen nicht mitgenommen werde und von Magistratsbeschlüssen oft erst aus der Zeitung erfahren müsse. Nun hat die Stadt Fulda eine Entscheidung getroffen, den die Gruppe unter Vorsitz von Martin Jahn scharf verurteilt.

Fulda: Stadtpolitik streitet über Standvergabe am Weihnachtsmarkt

Was ist geschehen? Die Fuldaer Traditionsfleischerei Schneider, seit langer Zeit am Weihnachtsmarkt vertreten, durfte diesmal nicht teilnehmen. Seit mehr als 40 Jahren verkauft Christoph Schneider seine beliebte Erbsensuppe, heiße Wurst und Schmalzebrot. Im Vergabeverfahren, bei dem eine Jury Punkte für verschiedene Kriterien vergibt, hatten nun aber andere Standbesitzer die Nase vorne.

Trotzdem sagt CWE-Chef Martin Jahn: „Von dieser Entscheidung distanzieren wir uns ganz klar.“ Aus seiner Sicht müssten bei den Vergabekriterien heimische Firmen bevorzugt werden. „Wir sind Kommunalpolitiker, und wir machen Kommunalpolitik – und keine Politik für Bund und Land. Wir wollen unsere Heimat stärken. Dafür sind wir gewählt worden.“

Die Familie Schneider habe sich in der Vergangenheit enorm sozial engagiert, unter anderem in der Dompfarrei und bei der Flüchtlingsarbeit. „Und jetzt darf das Traditionsunternehmen nicht am Weihnachtsmarkt teilnehmen? Das darf nicht wahr sein“, wettert Jahn. Er mahnt ein klares Bekenntnis der Stadt dazu an, dass das Konzept im nächsten Jahr überdacht wird. „Wir wollen nicht mehr, dass man so mit Einheimischen umgeht.“ (Lesen Sie auch: Ruhetag abgeschafft: Weihnachtsmarkt in Fulda öffnet jetzt auch montags)

Weihnachtsmarkt in Fulda: Metzgerei Schneider bekommt keinen Stand

Doch egal wie die aktuelle Auseinandersetzung ausgeht, so weiß Jahn noch nicht, wie es mit der Koalition weitergeht. „Nach den vergangenen eineinhalb Jahren gibt es mehr Zirkus und Ärger als sonst was.“ Es sei daher möglich, dass die CWE künftig auch einmal Entscheidungen in der Stadtverordnetenversammlung blockiere: „Wir stehen kurz vor der Explosion“, sagt der Sprecher der zweiköpfigen Gruppe, die aufgrund der zu geringen Anzahl an Mandatsträgern nicht als Fraktion gilt.

Damit wäre das Dreierbündnis passé. Derzeit stellen die Koalitionspartner von CDU, FDP und CWE mit 31 von 59 Sitzen in der Fuldaer Stadtverordnetenversammlung eine knappe Mehrheit. Die Wählereinheit, die mit der Union schon in der vorigen Wahlperiode eine Koalition gebildet hatte, besteht aus den Mandatsträgern Martin Jahn und Elke Diegelmann. Rainer Kohlstruck gehört als ehrenamtlicher Stadtrat dem Magistrat an. Sollte die CWE aus dem Koalitionsbündnis ausscheren, verschöbe sich die Mehrheit knapp zugunsten der Opposition.

Die Koalitionspartner geben sich überrascht. Dass es in der Zusammenarbeit knirscht, will CDU-Fraktionschefin Patricia Fehrmann „ganz und gar nicht“ bestätigen. „Wir arbeiten sehr gut und vertrauensvoll zusammen. In regelmäßigen Sitzungen des Koalitionsausschusses arbeiten wir alle anstehenden Themen und Projekte gründlich ab. Die Haushaltsberatungen liefen sehr konstruktiv und harmonisch.“ Naturgemäß gebe es auch unterschiedliche Ansichten. Dann tausche man sich aus und wäge intensiv ab, um Ergebnisse zu bekommen, die alle Koalitionspartner mittragen können.

Ähnlich reagiert Michael Grosch, Vorsitzender der FDP-Fraktion: „Die Zusammenarbeit mit der CDU und CWE funktioniert hervorragend.“ Strittige Themen gebe es im Moment keine. „Und sollte es welche geben, dann setzt man sich eben zusammen.“ Insofern könne er die Vorwürfe der CWE nicht nachvollziehen. Zum Ärger des Koalitionspartners wegen des Weihnachtsmarkts sagt Grosch: „Regeln, die aufgestellt wurden, sind einzuhalten.“

Video: OB Heiko Wingenfeld eröffnet Fuldaer Weihnachtsmarkt

„Verwundert“ zeigen sich auch Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld und Bürgermeister Dag Wehner (beide CDU). Die CWE-Vertreterinnen und -Vertreter hätten bei den Beschlussfassungen über die Weihnachtsmarktsatzung in allen Gremien zugestimmt und an keiner Stelle Veränderungsvorschläge eingebracht. Weil der Platz begrenzt sei, müsse gemäß der gesetzlichen Vorgaben der Gewerbeordnung ein Auswahlverfahren praktiziert werden. Dieses sei in der Satzung der Stadt geregelt. (Lesen Sie auch: Weihnachtsmarkt auch am Montag geöffnet: So reagieren Stand-Betreiber und Händler)

Zum Zustand der Koalition erklären Wingenfeld und Wehner: „Darüber hinaus sind die bisherigen Beratungen und Beschlussfassungen zum Haushalt 2023 von der Koalition in großem Einvernehmen und mit Geschlossenheit erfolgt.“

Was die Traditionsmetzgerei Schneider zum Thema sagt, wie sich Kunden äußern und ob sich Christoph Schneider noch einmal um einen Stand bewerben möchte, das lesen Sie in der Mittwochausgabe der Fuldaer Zeitung und im E-Paper.

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