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16 neue Stolpersteine verlegt: Angehörige aus fernen Ländern kommen nach Osthessen

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Von: Leon Weiser

In Schmalnau sind 16 Stolpersteine verlegt worden. Angehörige aus den USA, Mexiko und Südafrika waren anwesend, um auf diese Weise ihrer Vorfahren zu gedenken.
In Schmalnau sind 16 Stolpersteine verlegt worden. Angehörige aus den USA, Mexiko und Südafrika waren anwesend, um auf diese Weise ihrer Vorfahren zu gedenken. © Reinhold Kreis

In Schmalnau sind am Dienstag insgesamt 16 Stolpersteine zur Erinnerung jüdischer Opfer während der Zeit des Nationalsozialismus verlegt worden. Aus diesem Anlass kamen Angehörige aus den USA, Mexiko, Israel und Südafrika in den Ort – und führten ihre Familien zusammen.

Schmalnau - 16 Stolpersteine wurden auf Initiative des Heimatvereins Schmalnau am Dienstag im Ebersburger Ortsteil in den Boden eingelassen, um der ehemaligen jüdischen Mitbürger zu gedenken, die Opfer des Nazi-Regimes geworden waren. Zu diesem laut Bürgermeister Benjamin Reinhart (parteilos) „historischen Tag“ reisten Nachkommen der jüdischen Familien an. Sie wohnen in den USA, in Mexiko, Israel und Südafrika.

Fulda: Neue Stolpersteine - Angehörige reisen aus fernen Ländern an

Es wirkte wie das Zusammentreffen einer Großfamilie, die dasselbe Schicksal eint, sich aber nie darüber austauschen konnte. Beispielsweise Familie Freedberg aus den USA, die bereits im August zu Gast in Schmalnau war. Sie sind Nachkommen der jüdischen Familie Kupfer, die in Schmalnau gelebt hatte. Sie besuchten mit weiteren 24 Nachfahren den jüdischen Friedhof in Weyhers – die Gräber ihrer Familien.

In einem emotionalen Vortrag erinnerte Brigitte Füller-Jerwin, die sich mit der Geschichte Schmalnaus auseinandersetzt, an die Familien und berichtete über die damalige Zeit. „Der Weg in die Vernichtungslager zeichnete sich für die jüdischen Mitbürger mit der Zeit ab. Es gab kein Entrinnen“, erklärte sie.

Während ihres Vortrags zeigte sie mithilfe einer Power-Point-Präsentation historische Bilder von Schmalnau und den jüdischen Familien, die in dem Ort gewohnt hatten. „Sie wirkten alle am öffentlichen Leben mit“, erzählte sie. So waren einige Mitglieder dieser Familien im Musik- oder Sportverein aktiv und Bestandteil der Gemeinschaft.

Das änderte sich jedoch ab 1933 und mit der Deportation der Juden in Konzentrations- und Vernichtungslager. „Die Kaufleute mussten nach Frankfurt ziehen, weil ihre Geschäfte hier geschlossen wurden“, merkte sie an. Die ehemalige jüdische Synagoge im Ort sei im Jahr 1984 abgerissen worden. Aus diesem Grund sei es wichtig, die Erinnerungen an die Geschehnisse lebendig zu halten.

Dem schloss sich Ortsvorsteher Daniel Kreis an, der zudem im Heimatverein Schmalnau aktiv ist. „Wir müssen uns mit der NS-Zeit auseinandersetzen. Durch die Stolpersteine sind die Taten und Gedenken jederzeit im Ort präsent.“ Die Steine sind vor den jeweiligen Häusern und Geschäften der Familien verlegt worden. Jeder, der den Stein betrachtet, müsse sich bücken – beziehungsweise verbeugen –, um zu erkennen, was auf dem Stein geschrieben steht. „Diese Steine sind ewig und unvergänglich und mahnen uns rund um die Uhr“, ergänzte Bürgermeister Reinhart. Auch in Tann sind kürzlich Stolpersteine verlegt worden.

Nach den Reden bedankte sich David Freedberg „von ganzem Herzen“ stellvertretend für alle Nachkommen, die den Weg nach Schmalnau auf sich genommen haben. „Es ist ein Privileg für uns, hier in Schmalnau zu sein. Die Steine halten die Erinnerungen am Leben“, sagte er. Die Veranstaltung wurde von einem zwölfköpfigen Chor sowie von der Sängerin Ruth Sternberg mit jüdischen Liedern begleitet, die die Anwesenden emotional berührten.

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