Streit um Smart City wird persönlich: Bürgermeister und Bürgerliste-Chef ringen um Digitalprojekt

10,6 Millionen Euro erhält Eichenzell über mehrere Jahre vom Bund, um Modellprojekte für die Digitalisierung von Kommunen zu entwickeln. In der Eichenzeller Kommunalpolitik sorgt das Thema Smart City aber für mehr Streit als Freude.
Eichenzell - Bürgerliste-Chef Joachim Weber und in abgeschwächter Form FDP-Chef Claus-Dieter Schad hatten der Gemeindespitze und dem Projektteam vorgeworfen, sie arbeiteten bei dem Thema unprofessionell und verschwenderisch.
Fulda: Streit um Smart City in Eichenzell wird persönlich
Am Donnerstag meldete sich Bürgermeister Johannes Rothmund (CDU) zu Wort. Die Kritik sei absolut unberechtigt. „Die Mitarbeiter des Teams arbeiten mit hoher Kompetenz, viel Leidenschaft und Engagement“, lobt Rothmund. Leider erhöben einzelne Kommunalpolitiker gegen Mitarbeiter des Teams persönliche Vorwürfe. „Ich bin entsetzt, wie einige ehrenamtliche Kommunalpolitiker über das Personal der Verwaltung sprechen. Die erhobenen Vorwürfe weise ich mit Nachdruck zurück“, sagt Rothmund. „Die dauernde unberechtigte Kritik und der politische Streit auf dem Rücken der Verwaltung führen zu Demotivation und Resignation. Ist das der neue Eichenzeller Weg?!“ Er danke öffentlich allen Mitarbeitern, die solche Anwürfe teilweise sogar Jahre aushalten mussten.
„Seit Beginn des Smart City Projekts in Eichenzell wird es in regelmäßigen Abständen torpediert“, kritisiert der Bürgermeister. „Die in den Erklärungen der Fraktionsvorsitzenden der Bürgerliste und der FDP geäußerte Kritik ist falsch, unberechtigt und in Teilen geschmacklos.“
Die politischen Mandatsträger seien umfassend über das Projekt informiert worden. Das Projekt „Smart Cities – Made in Germany“ sei in seinen Förderbedingungen sehr komplex, aber auch flexibel und damit eine große Chance für Eichenzell, sich in Sachen Digitalisierung, auch auf Basis des Breitbandnetzes in Eichenzell, weiterzuentwickeln. Dabei solle die Lebensqualität der Bürger noch weiter verbessert werden.
Rothmund warnt: „Smart City wird nur zum Millionengrab, wenn dem Wunsch der Bürgerliste nachgegangen und das Projekt beendet wird. Dann müssen wir nämlich zum einen unsere Kosten zu 100 Prozent selbst tragen. Zum anderen müssten wir aber auch Fördermittel in Höhe von über 1,5 Millionen Euro für bereits getätigte Ausgaben in den Wind schreiben. Zudem gibt es laufende Verträge, die nicht so einfach aufzulösen sein werden.“ Rothmund berichtet, dass Weber ihm ein Gespräch angeboten habe. Dieses Angebot werde er gern annehmen. Auch den anderen Fraktionen biete Rothmund ein Gespräch an.
Weber erneuert jedoch seine Kritik. Rothmunds Aussagen seien „Augenwischerei und Ablenkungsmanöver“. Weber äußert: „Anstatt Fakten zu Missständen zu benennen, liefert Rothmund keine einzige Antwort auf drängende Fragen.“Weber äußert weiter: „Es brennt lichterloh im Smart City Projekt, und alles was kommt, ist heiße Luft und Angstmacherei mit „wir verlieren alles“. Rothmund ignoriere Probleme und zeige Führungsschwäche. Webers Kritik gipfelt in der Aussage: „Bürgermeister Rothmund zeigt mit seiner Äußerung eindrucksvoll, wie sehr er Teil des Problems ist. Durch sein Verhalten treibt er das Scheitern des Projektes weiter voran.“
Bürgerliste-Chef fordert: 3,5-Millionen-Euro-Auftrag neu verhandeln
CDU-Fraktionschef Julian Rudolf sagt, er sei überzeugt, dass Smart-City ein Gewinn für Eichenzell sei: „Wir möchten mit den Millionen vom Bund und aus unserem Haushalt Eichenzell voranbringen. Wir wollen endlich über die einzelnen Projekte beraten, entscheiden und diese umsetzen.“ Offene Fragen zu dem Projekt solle der neue Ausschuss für Digitales und Smart City am 8. Februar in einer öffentlichen Sitzung klären.
Der CDU-Sprecher betont: „Auch wenn Äußerungen der vergangenen Tage anderes vermuten lassen: Eichenzell ist eine der Spitzenkommunen Hessens. Hierfür haben in den vergangenen Jahrzehnten kluge Kommunalpolitiker von CDU, SPD und CWE Verantwortung getragen. Viele Ansätze hierfür kamen stets von den engagierten Mitarbeitern aus der Verwaltung“, sagt Rudolf. Die positive Entwicklung weiter voranzubringen, sei oberstes Ziel der CDU: „Bürgerliste und FDP laden wir ein, die Totengräberschippen für das Smart City Projekt aus der Hand zu legen und diese gegen einen Stift für die Erfolgsgeschichte Eichenzells einzutauschen“, sagt Rudolf.
FDP-Fraktionschef Claus-Dieter Schad kritisiert Rudolfs Äußerung. Schad fordert, die Gemeinde müsse besprechen, welche Projekte sie wirklich wolle. „Brauchen wir Bodensensoren auf dem Parkplatz vor dem Eichenzeller Schlösschen, um per App abrufen zu können, ob noch Parkplätze frei sind? Brauchen wir sprechende Bäume, die ihre Vitalität über eine elektronische Sensorik melden? All das kostet viel Geld.“ Eichenzell verrenne sich in teure Projektideen, die kaum Nutzen stiften. „Über Sinn oder Unsinn mancher Teilprojekte hätten wir schon längst sprechen müssen“, fordert Schad. Die Gemeindevertreter hätten zu wenige Informationen über Kosten und Folgekosten. Schad berichtet, er habe deshalb ein Gespräch mit dem Bürgermeister vereinbart.
Ein solches Gespräch will auch Bürgerliste-Chef Joachim Weber führen. Er äußert, es geht es nicht um „das Ende von Smart City“, sondern um das Ende von Geldverschwendung und Projekten ohne Nutzen für Bürger. Von Julian Rudolf fordert Weber Mut für radikale Veränderungen. Nur damit könne er zur Rettung des Projektes beitragen. Weber sagt, er werde weiter bei eklatanten Fehlern öffentlich Rechenschaft von den verantwortlichen Führungspersonen einfordern. Der 3,5-Millionen-Euro-Auftrag für Server müsse neu verhandelt werden, fordert Weber.