Wenn Opfer hohe Geldsummen abheben: Was Banken beim Enkeltrick dürfen

Wenn Trickbetrüger ihre Opfer so weit bearbeitet haben, dass diese Geld online überweisen oder abheben, dann sind die Mitarbeiter an den Bankschaltern, oft die einzigen, die noch einschreiten könnten. Doch: Was dürfen Banken in solchen Fällen überhaupt tun?
Fulda - Eigentlich hat jeder schon einmal von Schockanrufen oder Enkeltricks gehört. Eigentlich denkt jeder, dass er solch eine Masche durchschauen würde. Doch die Realität zeigt: Das stimmt nicht. Und es sind nicht immer Senioren, die getäuscht werden. Erst vor kurzem ist ein 35-Jähriger aus der Rhön auf falsche Bankmitarbeiter hereingefallen, die ihn dazu gebracht haben, online eine Tastenkombination in seinen TAN-Generator einzugeben. Schlussendlich erbeuteten sie damit 15.000 Euro. Im Vogelsberg wiederum tricksten Betrüger eine 58-Jährige aus und ergaunerten einen hohen fünfstelligen Betrag mit Online-Transaktionen.
„Es kann wirklich jeden treffen. Lehrer, Beamte, Unternehmer, es ist keiner davor gefeit, auf einen Trickbetrug hereinzufallen“, betont Richard Hartwig vom Vorstandsstab der Sparkasse Fulda. Die Täter würden ihre Opfer wie Marionetten anleiten, um Transaktionen online durchzuführen. Eine Handhabe vonseiten der Bank gebe es in solchen Fällen nicht. „Wenn die Überweisung vom Kunden selbst ausgeführt wird, ist da nichts zu wollen. Das Geld wird häufig in Echtzeit überwiesen und ist dann weg.“ Anders ist es, wenn Betrüger mit gefälschten Unterschriften versehene Überweisungen in Papierform einreichen. Dann haftet die Bank. Sie ist verpflichtet, die Unterschriften zu prüfen.
Fulda: Wenn Opfer viel Geld abheben - Was Banken beim Enkeltrick dürfen
Online-Banking habe heute ein hohes Sicherheitsniveau, betont Hartwig. Er rät trotzdem dazu, immer aufmerksam zu bleiben – besonders bei Mails, die angeblich von Bank oder Sparkasse kommen und dazu auffordern, irgendwelche Links zu aktivieren. „Und natürlich sollten Computer, Tablet oder Smartphone technisch ausreichend geschützt sein gegen Viren, Trojaner und Co. – so steht es auch in den Geschäftsbedingungen für das Online-Banking mit drin“, sagt Hartwig. (Lesen Sie auch: 69-Jähriger wittert Betrug in letzter Sekunde)
Weil bei einer Online-Überweisung oft ein Limit eingestellt ist, Überweisungen ins Ausland mitunter extra beantragt werden müssen und außerdem oft Rückschlüsse auf den Empfänger möglich sind, versuchen viele Betrüger nach wie vor an Bargeld zu gelangen. Der Barverkehr sei noch immer das „Einfallstor“ für Trickbetrüger, wie Patrick Harnier, Leiter für den Bereich Servicebank bei der VR Bank Fulda eG, sagt.
Die Tat beginnt häufig mit einem sogenannten Schockanruf, der das Opfer auch zeitlich unter Druck setzt: „In dem Zusammenhang wird zum Beispiel erzählt, dass ein Verwandter einen Unfall hatte oder an Corona leidet und nur dann die notwendigen Behandlungen erhält, wenn Geldbeträge gezahlt werden“, erklärt Harnier.
Kampagne
Das Polizeipräsidium Osthessen setzt mit der Kampagne „Senioren sind auf Zack“ einen Schwerpunkt und informiert über Betrugsmaschen.
Seit dem Auftakt der Kampagne im Jahr 2018 ist eine deutliche Sensibilisierung feststellbar. Dennoch werden nach wie vor vollendete Betrugsstraftaten gemeldet, wobei die Betroffenen meist einen hohen Vermögensschaden erleiden und oft um die Ersparnisse ihres ganzen Lebens gebracht werden, wie die Polizei in Osthessen erklärt.
www.senioren-sind-auf-zack.de
Diese Maschen seien bei den Bankmitarbeitern bekannt. „Wir arbeiten da eng mit der Polizei zusammen und geben hausintern Informationen weiter.“ Bei größeren Barverfügungsbeträgen oder wenn die Bankmitarbeiter den Eindruck haben, der Kunde könnte gerade Opfer eines Trickbetrugs sein, dann wird am Schalter ein Fragebogen ausgehändigt.
Dieses Formular enthält zentrale Fragestellungen, etwa: Sind Sie bei Ihrer Bank, weil sie ein Anrufer darum gebeten hat? Hat dieser Anrufer eine Geldnotsituation geschildert oder um Geld beten? Wurde geschildert, dass er nicht selbst zu Ihnen nach Hause kommen kann? „Wenn solche Fragen auch nur in Teilen mit ,ja‘ beantwortet werden, weisen wir darauf hin, dass der Sachverhalt mit einer Person des Vertrauens oder auch mit der Polizei besprochen werden sollte“, erklärt Harnier.
Video: Trickdiebe nutzen Corona-Angst - So schützen Sie sich vor Betrügern
Auch wenn den Kunden von den Tätern bereits Formulierungen mit auf den Weg gegeben werden – mit solchen Nachfragen seien schon Taten vereitelt worden. Das berichtet auch die Sparkasse: „In diesem Jahr hatten wir circa zehn Fälle, bei denen Kunden Schockanrufe erhalten haben. Die Geldübergabe konnte in allen Fällen rechtzeitig verhindert werden“, sagt Hartwig. Wenn der Kunde jedoch darauf besteht, das Geld abzuheben, dann müssen Banken diesen Wunsch erfüllen: „Wir können auf Trickbetrüger hinweisen, aber die Zahlung verweigern, das können wir nicht“, sagt Hartwig.