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Ein Besuch im Wert Markt in Fulda – Keine Spaltung zwischen Ukrainern und Russen spürbar

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Von: Daniela Petersen

Den Lebensmittelmarkt Wert Markt in der Leipziger Straße gibt es seit 2003.
Den Lebensmittelmarkt Wert Markt in der Leipziger Straße gibt es seit 2003. © Daniela Petersen

Menschen mit osteuropäischen Wurzeln finden im Wert Markt, im Partner Markt oder im Mix Markt in Fulda Waren, die sie aus ihrer Heimat kennen. Ein Besuch zeigt: Hier kommen viele Nationalitäten zusammen – trotz des Krieges.

Fulda - Buchweizen, Wodka, Pelmeni-Teigtaschen und eine ganze Wand mit losen bunten Bonbons, die nach Gewicht bezahlt werden: Wenn man durch den Wert-Markt in der Leipziger Straße in Fulda läuft, dann ist der Krieg weit weg. Weder ist ein Mangel zu erkennen, weil Produkte ausverkauft wären, noch ist eine Spaltung zwischen Russen und Ukrainern spürbar.

„Wir sind ein Volk. Ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte“, sagt Swetlana Steinhauer. Sie arbeitet seit 1998 für Wert Markt – zusammen mit 15 anderen Angestellten. Viele kommen aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion: Russland, Kasachstan, zwei Mitarbeiter stammen auch aus der Ukraine.

„Alle leiden unter dem Krieg“, sagt die 52-Jährige. Anfeindungen von Ukrainern oder Menschen, die den Markt boykottieren, gebe es nicht. „Gott sei dank. Wir hatten hier vor kurzem ukrainische Flüchtlinge, die eingekauft haben. Wir sprechen alle Russisch, das verbindet.“ (Lesen Sie auch: Flüchtlinge aus der Ukraine: Wie man in der Region Fulda am besten helfen kann)

Fulda: Keine Politik im Supermarkt – Russen und Ukrainer kaufen zusammen ein

Auch Inhaber Juri Wertmüller, der aus der Nähe von Sochi in Russland stammt, hat ukrainische Freunde, die er in diesen schweren Zeiten beherbergen will. „Nikolai stammt aus Tschernigow, die Situation dort ist katastrophal. Er und seine Frau werden in den nächsten Tagen zu uns kommen“, erklärt der 58-Jährige.

Der Krieg soll dann aber nicht thematisiert werden. „Wir wollen über positive Sachen sprechen. Wir sind seit vielen Jahren befreundet“, betont Wertmüller. Auf eine Seite schlagen möchte er sich nicht: „Wenn ich gefragt werde, ob ich eine russische oder ukrainische Flagge aufhängen würde, dann sage ich, dass ich höchstens eine deutsche aufhänge. Wir sind hier in Deutschland.“ Er kam 1994 hierher.

Arbeiten alle bei Wert Markt (von links): Swetlana Steinhauer, Svetlana Weigel, Swetlana Kotlinska und Elena Kononov-Schulz.
Arbeiten alle bei Wert Markt (von links): Swetlana Steinhauer, Svetlana Weigel, Swetlana Kotlinska und Elena Kononov-Schulz. © Daniela Petersen

In Hünfeld und in Bad Neustadt betrieb er ebenfalls Lebensmittelmärkte, seit 2003 ist er nun mit dem Wert Markt in der Leipziger Straße. „Es tut uns weh, was passiert. Der Krieg ist schlecht. Wir sind aber keine Politiker“, erklärt Wertmüller. (Lesen Sie auch: „Ich musste die Kinder da rausholen“ - Ukrainische Mutter kommt mit Hilfskonvoi nach Fulda)

„Wir sind keine Politiker“: Russen und Ukrainer in Fulda wollen keinen Krieg

Wir sind keine Politiker: Diesen Satz sagt auch Larisa Gert. Sie kauft gerade im Wert Markt Pelmeni ein, die es so nur in osteuropäischen Geschäften gebe, genau wie das Kringelgebäck oder die gerösteten Sonnenblumenkerne sowie Buchweizen, der hauptsächlich in der Ukraine produziert wird und zu den Lebensmitteln gehört, die langsam knapp werden. Am Regal hängt ein Zettel, dass pro Haushalt nur zwei Päckchen mitgenommen werden dürfen.

Larisa Gert kauft regelmäßig bei Wert Markt ein.
Larisa Gert kauft regelmäßig bei Wert Markt ein. © Daniela Petersen

„Die ganze Wahrheit kennen wir nicht. Ich bin nicht in der Politik und kann es nicht nachvollziehen.“ Die Situation sei für beide Seiten schlimm. „Die Tochter meiner Freundin, die auch aus Russland kommt, wurde neulich gehänselt, dass es wegen den Russen so wäre. Sie wurde gefragt, ob ihre Eltern jetzt auch in den Krieg ziehen.“ Die 37-Jährige hat Freunde in der Ukraine. Auf welcher Seite sie steht, diese Frage sollte nicht gestellt werden, sagt sie. „Ich stehe auf der Menschenseite.“

Nachfrage bei Mix Markt in Fulda

Die Kette Mix Markt, die ebenfalls osteuropäische Produkte vertreibt, hat verkündet, dass sie Putins Politik verurteilt und Waren aus Russland aus dem Sortiment nehmen möchte.

Auch in Fulda gibt es in der Michael-Henkel-Straße einen Mix Markt. Inhaber Sergej Lichtenwald erklärt jedoch, dass dort russische Lebensmittel weiterhin erhältlich sind. „Bis jetzt läuft alles so weiter. Wir haben nur einen kleinen Anteil an russischen Produkten.“ 

Dieser Krieg zwischen zwei Ländern, die viel gemeinsam haben – im Wert Markt wird deutlich, dass die Menschen, die hier leben, diesen Krieg nicht wollen. Nicht die Ukrainer, nicht die Russen. Und nicht die Deutschen.

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