Preise für Lebensmittel gehen aktuell durch die Decke - aus mehreren Gründen
Corona, Klimawandel, Krieg in der Ukraine - die Preise für Lebensmittel steigen gerade aus verschiedenen Gründen stark. Viele Supermärkte haben die Preise bereits erhöht. Wir haben im Landkreis Fulda, im Main-Kinzig-Kreis und im Vogelsbergkreis nachgefragt.
Fulda/Schlüchtern - Jetzt kommt viel zusammen: Steigende Energiekosten, ausbleibende Ernten und Rohstoffpreise auf Rekordniveau. Lebensmittelpreise sind in einem Monat durchschnittlich um fast 13 Prozent gestiegen. Aber wie sieht es beim Bäcker und Metzger um die Ecke im Landkreis Fulda, im Main-Kinzig-Kreis und im Vogelsbergkreis aus?
Käse und Milch - Landwirt aus dem Vogelsberg verbucht Minus bei der Milch
Zwischen fünf und zehn Prozent machen die Preissteigerungen bei den Fuchshöfen in Herbstein-Altenschlirf (Vogelsbergkreis) aus, die sich auf Käse spezialisiert haben. Noch seien die Steigerungen im Rahmen. „Aber man weiß nicht, wie es weitergeht. Ich denke, wir sind erst am Anfang“, erklärt Inhaber Jürgen Kemmet.
Als Grund führt er die steigenden Energiekosten, aber auch die Kosten für Transport und das Futter der Tiere an. Das alles sei in den vergangenen Monaten stark angestiegen. Der Landwirt Klaus Hügel vom Milchhof Hügel in Fulda-Edelzell beschreibt die Lage als dramatisch: „Aktuell sieht es so aus, als würden uns die Kosten in unvorstellbaren Dimensionen davongaloppieren.“
Er hofft zwar auf Besserung – „Aufgeben ist einfach keine Option“ –, vermutet aber, dass die Lage noch eine Weile unverändert bleiben wird. „Momentan werden Leute reich, die mit Nahrungsmitteln spekulieren – aber beim Bauern kommt nichts an.“ Im Direktvertrieb der Milchprodukte würde Hügel die Kosten auf den Verkaufspreis umlegen. „Aber nicht in dem Umfang, in dem es notwendig wäre.“
Weil die Verträge in der Landwirtschaft alle paar Monate angepasst werden, wird der Abnahmepreis an größere Kunden erst verzögert angepasst. Das führt dazu, dass Landwirt Hügel pro Liter Milch aufgrund der steigenden Kosten für Energie, Futtermittel und Dünger ein Minus von zehn Cent zu verbuchen hat (lesen Sie auch hier: Düngerpreise verfünffacht: Landwirte warnen vor „extremer Hungersnot“).
„Ich brauche die Ersparnisse auf, um Dünger und Futtermittel zu kaufen – das macht mir schon graue Haare.“ Er hofft, dass die Verkaufspreise oben bleiben, auch wenn die Kosten wieder fallen: „Sonst zieht sich die Schlinge bei vielen Landwirten immer enger zu.“ Was schließlich bedeuten könnte, dass manche Betriebe doch aufgeben.
Eier und Geflügel - Hof berichtet von Preissteigerung von zehn bis 15 Prozent
Wenn das Getreide teurer wird, dann steigen auch die Preise für Tierfutter – und das wiederum führt zu höheren Preisen – auch bei Eiern und Geflügel. „Wir haben eine Preissteigerung von zehn bis 15 Prozent, ich gehe aber davon aus, dass es nach Ostern nochmal ansteigen wird“, sagt Bernd Petersen von Geflügel Petersen in Hünfeld-Mackenzell.
Auch das Fleisch sei teurer geworden: Das Kilo Hähnchen-Filet koste nun 80 Cent mehr. Beim Geflügelhof Bleuel in Hofbieber ist das Hähnchenfilet nun ebenfalls zehn Prozent teurer als noch vor einem halben Jahr. „Die Eier werden wohl drei bis vier Cent teurer werden“, schätzt Alexandra Bleuel.
„Das hängt mit gestiegenen Futter- und Energiekosten zusammen.“ Auch die Preise für Jungtiere seien im Einkauf enorm gestiegen. „Und wir beliefern einige Kunden im Frankfurter Raum, hier machen sich zusätzlich die Spritpreise bemerkbar.“ (lesen Sie auch hier: Lebensmittel werden knapp: Bei Landwirten in Fulda schrillen „alle Alarmglocken“).
Wurst - Preissteigerung kommt aufgrund der Schweinepest
Fleisch und Wurstwaren sind ebenfalls teurer geworden. Die Metzgerei Der Ludwig aus Schlüchtern im Main-Kinzig-Kreis hat die Preise um zehn Prozent erhöht. „Ein Rinderfilet kostete vorher 54,90 Euro pro Kilo, jetzt sind es 59,90 Euro. Und zum Beispiel der Preis für das Kilo Salami lag bei 24,90 Euro und jetzt bei 26,30 Euro“, erklärt Inhaber Dirk Ludwig.
Es gebe ganz verschiedene Faktoren: gestiegene Löhne für die Mitarbeitenden, höhere Energie-, Verpackungs- und Logistikkosten. Auch Gewürze seien teurer geworden. Außerdem gebe es weniger Angebot auf dem Schlachtmarkt – nicht zuletzt durch die Schweinepest, die Teile Deutschlands inzwischen erreicht habe.
„Beim Rindfleisch aus Deutschland haben sich die Schlachtzahlen um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr reduziert. Deshalb ist hier auch weniger Fleisch auf dem Markt, das teurer bezahlt werden muss. Teilweise haben sich der Einkaufspreis für Fleisch von einer Woche auf die andere um 35 bis 50 Prozent erhöht. Und es ist vorherzusehen, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist“, sagt Ludwig.

Um etwa 15 Prozent hat die Metzgerei Schön in Mackenzell die Preise erhöht. Schon im Laufe des vergangenen Jahres habe die Verteuerung begonnen. „Der Einkaufspreis für Rindfleisch ist um 80 Prozent gestiegen“, erklärt Inhaber Thomas Schön. Auch Schweinefleisch sei momentan knapp.
„Obwohl es vor einigen Wochen noch hieß, dass es eine Schweineschwemme gibt”, sagt Schön. Das liege zum Beispiel daran, dass der große Schlachtbetrieb Tönnies kein Schweinefleisch mehr aus dem Ostblock bekomme. „Tönnies kauft hier nun den Markt leer. Mit dem Ukrainekrieg sind die Preise innerhalb von vier Wochen um 20 Prozent gestiegen.“
Getreide - Bäcker spricht von Preissteigerung um 75 Prozent
„Ich schätze die Lage mit den sich verteuernden Rohstoffen als bedrohlich ein, weil Rohstoffe sich auf breiter Front überdurchschnittlich verteuern, und wir eine solch dynamische Lage aus der Vergangenheit nicht kennen“, erklärt Thomas Katzer von Katzers Backstube in Fulda.
„Wenn Rechnungen an uns gestellt werden, die in dieser Form noch nicht einkalkuliert sind, erwächst für uns Handlungsdruck“, fügt der Betriebswirt hinzu. „Ungewöhnlich ist, dass viele Rohstoffe kontinuierlich verteuert werden, ohne dass wir Ursachen erkennen.“ Am schlimmsten sei die Situation beim Getreide: „Verglichen mit dem letzten Jahr haben sich diese Preise um 75 Prozent erhöht.“
Weitergegeben habe er die gestiegenen Kosten noch nicht. Seine optimistische Sicht: „Dass die Preise sich wieder normalisieren werden.“ Ansonsten müssten die Preise spürbar um einige Prozentpunkte steigen – ohne dabei durch die Decke zu gehen. Katzer möchte als Unternehmer nicht den Kopf in den Sand stecken, „sondern lieber gegenhalten und versuchen, zu gestalten.“
„Momentan verzeichnen wir eine unheimliche Dynamik bei allen Rohstoffen. Die steigenden Preise vor allem für Mehl, Butter und Eier müssen wir weitergeben, aber das müssen wir in einem verantwortlichen Rahmen machen“, erklärt Michael Happ, Geschäftsführer bei Bäckerei Happ aus Neuhof.
Bislang habe er noch keine Preise erhöht. Das werde zwar noch folgen, sei aber kein Grund zur Panik: „In den kommenden Wochen müssen wir uns die gestiegenen Preise der Rohstoffe genau anschauen, um dann in vernünftigen Dimensionen zu schauen, wie wir reagieren.“
Ein Lager an Mehl oder anderen Produkten, die er für die Herstellung der Backwaren benötigt, sei nicht gefüllt, alle Rohstoffe würden verderblich sein, Mehl bekomme Happ zweimal pro Woche geliefert. Für die Preisanpassungen möchte er das Sortiment überdenken – manche Backwaren würden wegen knapper Rohstoffen eventuell nicht mehr angeboten werden können.
Die Bäckerei Happ arbeitet mit Müllereien in der Region zusammen – doch auch die spüren die Verschiebungen, die sich gerade weltweit abspielen. „Die Märkte sind so vernetzt, dass man als Bäcker in Fulda die Auswirkungen spürt“, sagt der Geschäftsführer. Aus diesem Grund setzt Happ vor allem auf stabile Beziehungen zu den Lieferanten: „Wir sind ein Handwerksbetrieb, und wir halten mit anderen Betrieben zusammen, eben weil es jetzt gerade schwer wird.“
Müllermeister Jörg Schönherr von der Erlenmühle in Kleinlüder beschreibt, dass er zwar regional arbeitet, aber die globalen Entwicklungen durchaus zu spüren bekommt. „Zu Beginn des Ukraine Krieges ist die Nachfrage im Mühlenladen, bei Direktvermarktern und im Lebensmitteleinzelhandel, die von uns beliefert werden, sprunghaft angestiegen.“
„So wie vor zwei Jahren am Anfang der Corona-Pandemie.“ Schönherr erklärt, dass es aufgrund der Hamsterkäufe zu Lieferengpässen und leeren Regalen kommt: „Die Produktion und Abfüllung in Kilo-Packungen und die Belieferung der Abnehmer ist nicht auf diesen sprunghaften Anstieg der Verkaufszahlen ausgelegt.“ Mittlerweile habe sich das Kaufverhalten nahezu normalisiert.
Getreide und Mehl seien in der Erlenmühle ausreichend vorhanden. Die Preise müsse der Müllermeister aber trotzdem erhöhen: „Aufgrund gestiegener Getreide- und Erzeugerpreise und höherer Herstellungskosten, darunter Strom für Maschinen und Diesel für die Fracht, wird Mehl mittelfristig teurer.“ Aber auch Saaten wie. Sonnenblumen und Hartweizengrieß für Nudeln würden teurer.

Die Gründe liegen im angespannten Getreidemarkt, denn der Preis für Weizen und Roggen sei ungefähr um ein Drittel gestiegen. Zu den Gründen zählt Schönherr höhere Produktionskosten in der Landwirtschaft, weil Diesel- und Düngerkosten massiv gestiegen sind, den Wegfall der Ukraine beziehungsweise Russlands für den Weizen-Export und die zerstörte Hafenanlagen am Schwarzen Meer mit den Getreideterminals.
„Durch den Wegfall der Ukraine als Getreideexporteur erhöht sich auch der Druck auf den hiesigen Markt, weil der Getreide- beziehungsweise Weizenpreis vom Weltmarkt abhängt“, sagt Schönherr. Der Sprecher der Bäckerei Pappert aus Poppenhausen, Thomas Bertz, erklärt: „Obwohl wir regional kaufen, hat der Weltmarkt Einfluss.“ Eine Preiserhöhung sei aktuell nicht in Planung, könne aber auch nicht ausgeschlossen werden.
Gemüse - Ernteausfälle durch Frost im April
Anja Lindner vom Lindengut in Dipperz erklärt zur aktuellen Preissituation: „Natürlich verteuern sich auch bei uns vereinzelt Lebensmittel. Vor allem Getreide und deren Erzeugnisse wie Nudeln, Brot und Backwaren.“ Obst und Gemüse seien ebenfalls von den Verteuerungen betroffen. „Gerade schneit es“, sagt Lindner. „Mir erfriert das Obst und Gemüse. Das wird kein gutes Erntejahr.“
Betroffen seien vor allem Pflaumen-, Kirschen- und Apfelbäume: Hier wird die Ernte aufgrund des späten Frostes noch im April schlecht ausfallen. „Außerdem sind die Energiekosten auf das Sechsfache gestiegen“, sagt die Geschäftsführerin. „Die Jungpflanzen von unserem Salat wachsen zum Beispiel im Gewächshaus auf – da gehen die Kosten durch die Decke.“
„Auch Versand- und Logistikpartner mussten aufgrund der Energie- und Kraftstoffpreise ihre Preise anziehen – was sich dann auf die einzelnen Produkte umlegt“, erklärt Lindner. Auf die Frage, ob das Lindengut und der Hofladen die gestiegenen Betriebskosten auf die Kundschaft umlegen müsse, antwortet Lindner: „Ja, das müssen wir – der Betrieb kann nicht alles kompensieren.“
Hinsichtlich der Corona-Pandemie fügt sie hinzu: „Die vergangenen zwei Jahre haben uns als Gastronomen und Erzeuger schon viel Geld gekostet.“ (lesen Sie auch hier: Spargel wird in dieser Saison teurer - Ernte in Hessen startet bald).
Kaffee - Klimawandel lässt die Preise ansteigen
Enorm hohe Preissteigerungen gibt es beim Kaffee: „Es sind alle Sorten teurer geworden. Bei manchen zahlen wir im Einkauf bis zu 70, 80 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das haben wir so allerdings nicht an die Kunden weitergegeben. Sonst würde der Kaffee im Pfund um die 20 Euro kosten“, erklärt Wolfgang Klose von der Rösterei Kaffeekultur in Fulda.
Durchschnittlich seien die Preise für die Kunden 15 bis 20 Prozent höher als zuvor. Die Sorte Yirgacheffe aus Äthiopien beispielsweise kostete 12,50 Euro, jetzt sind es 14,50 Euro. Gründe gebe es mehrere: „Es hat mit moderaten Preissteigerungen bereits im Sommer 2021 angefangen, als der Osten Afrikas von einer Dürre betroffen war.“
Der Klimawandel führe dazu, dass Kaffeeanbaugebiete – etwa am Kilimandscharo – in höhere Lagen verlegt werden müssen. Und dann gab es im Spätsommer in Brasilien einen großen Ernteausfall. „Dort gingen bis zu zwei Millionen Sack à 60 Kilo verloren.“ Und Klose nennt noch drei weitere Gründe für die steigenden Preise: die Nachfrage in China ist gestiegen.
Durch Corona gibt es enorme Engpässe in den Seehäfen, der Transport wird teurer, und an der New Yorker Börse wurden die Preise für einige börsennotierte Sorten durch Leerverkäufe künstlich nach oben gepusht. „Diese Spekulationsgeschichten betreffen uns zwar nur indirekt, weil wir Sorten kaufen, die nicht an der Börse gehandelt werden, aber die Händler orientieren sich daran“, erklärt Klose.
Auch Familie Sezgin vom Siblings Coffee in Fulda berichtet von gestiegenen Kaffeepreisen. „Was uns betrifft sind es fast zwei Euro pro Kilo, einige Sorten sind im Einkauf noch teurer. Entkoffeinierter Kaffee zum Beispiel kostet jetzt vier Euro mehr. Und wir rechnen mit einer weiteren Preiserhöhung im Juni oder Juli.“