Umgestaltung von Jerusalemplatz und Synagoge in Fulda - Umsetzung geht nur langsam voran

In der Stadtpolitik ist man sich einig: In Fulda sollen zwei jüdische Gedenkorte neu gestaltet und aufgewertet werden – der Jerusalemplatz und das Areal der ehemaligen Synagoge am Stockhaus. Doch mit der Umsetzung geht es nur langsam voran – aus verschiedenen Gründen.
Fulda - Nur wenig erinnert daran, dass auf dem Parkareal zwischen Rabanus- und Sturmiusstraße in Fulda jahrhundertelang Menschen bestattet wurden. Lediglich ein Gedenkstein weist auf den alten jüdischen Friedhof hin, der während der NS-Zeit dem Erdboden gleichgemacht wurde. Ein Gedenkstein erinnert an den alten Friedhof.
Fulda: Umgestaltung von Jerusalemplatz und Synagoge - langsame Umsetzung
Im Gedenkraum des Zollamts ist eine Tafel angebracht mit der Inschrift: „Dieser Raum sei geweiht der Erinnerung an die Seelen aller Heiligen, Frommen und Großen in Israel, aller Männer und Frauen der altehrwürdigen Gemeinde Fulda, die hier ihre Ruhestätte fanden bis zur gewaltsamen Auflösung des Friedhofes zur Zeit der Schreckensherrschaft.“
300 Meter Luftlinie von dem alten Friedhof entfern in der Straße Am Stockhaus, wo einst die Synagoge stand, war im Jahr 2010 eine „Wand der Erinnerung“ enthüllt worden. Doch die Fläche wird heute als Parkplatz genutzt. Das soll sich bald ändern.
„Als Stadt legen wir großen Wert darauf, eine Erinnerungskultur zu entwickeln, die diesem Erbe gerecht wird“, erklärt Monika Kowoll-Ferger von der Magistratspressestelle. Die Historie der Juden in Fulda reiche mindestens bis ins 12. Jahrhundert zurück. Auf Stolpersteine als verzichtet die Stadt Fulda indes als eine Form des Gedenkens.
Die jüdische Gemeinde habe die Geschichte der Stadt wesentlich mitgeprägt. Daher sei 2021 eine Beauftragte für das jüdische Leben eingestellt worden, die sich um die Erforschung und Bewahrung der jüdischen Kultur vom Mittelalter bis heute sowie um die Kontaktpflege mit den Nachfahren jüdischer Familien kümmere.
Die jüdische Gemeinde hat die Geschichte unserer Stadt wesentlich mitgeprägt.
„Vor diesem Hintergrund sind die Umgestaltung des Jerusalemplatzes und die Errichtung einer Begegnungsstätte am Platz der Alten Synagoge Projekte von übergeordneter Bedeutung für unsere Stadt, die einer besonders sorgfältigen Planung und Vorbereitung bedürfen“, heißt es seitens der Stadt.
Beide Projekte befänden sich noch im Planungsstadium. „Dabei legen wir großen Wert auf die Beteiligung sowohl der jüdischen Gemeinde als auch der Nachfahren jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger.“
2021 hatte es am Stockhaus zunächst archäologische Untersuchungen gegeben. Dabei wurden im Erdgeschoss des Hauses Am Stockhaus 2 zwei gut erhaltene Mikwen – Ritualbäder – aus der Zeit der Jahrhundertwende freigelegt. Diese können seitdem mit einer kleinen Ausstellung von der Straße her betrachtet werden.
Hintergrund: Alter Friedhof
Der jüdische Friedhof zwischen der heutigen Sturmius- und Rabanusstraße bestand seit Ende des 16. Jahrhunderts. Bis 1906/07 fanden hier Beisetzungen der jüdischen Gemeinde statt. Während der NS-Zeit wurde der Friedhof eingeebnet: „Im Interesse der Schönheit des Stadtbildes ist es notwendig, dass dieser Friedhof baldmöglichst verschwindet“, hieß es in einem Schreiben des Gauamtsleiters im August 1938. An der Stelle wurde ein Park angelegt, der heute Jerusalemplatz heißt. Er erhielt den Namen in der Zeit, als der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Hamberger den Kontakt zur jüdischen Gemeinde Fuldas intensivierte.
Weitere archäologische Grabungen sind am ehemaligen Synagogenstandort geplant. Diese werden beginnen, sobald die dortige Halle frei ist – voraussichtlich im Laufe des Sommers. Sowohl für dieses Areal als auch für den Jerusalemplatz können aktuell keine Planungen präsentiert werden, erklärt die Stadt.
Die Konzepte, die in der Zusammenarbeit zwischen Bauplanern, Kulturamt, jüdischer Gemeinde und Nachfahren entwickelt werden, sollen zunächst in den städtischen Gremien behandelt werden. Für den Jerusalemplatz hatte es schon einen künstlerischen Entwurf aus der Feder von Franz Erhard Walther gegeben.
Dieser sah vor, durch eine flachgehaltene Umfassung den Friedhof im Stadtbild sichtbarer zu machen und durch eine Wiesenfläche mit neuem Gedenkstein zum Erinnerungsort umzufunktionieren. In einer Gremiensitzung im Frühjahr 2022 hieß es allerdings, dass die Ideenskizzen technisch nicht direkt umsetzbar seien.
Daher hatte es damals neue Überlegungen gegeben, den Friedhof durch eine Art Zaun aus Buchstaben einzufassen, die einen hebräischen Psalm wiedergeben. Kürzlich hatten sich FDP-Bundestagsabgeordneter Jürgen Lenders sowie weitere Mitglieder der Freien Demokraten Fulda mit der Jüdischen Gemeinde ausgetauscht.

„Wichtig ist, dass die Jüdische Gemeinde Fulda und der Landesverband mit eingebunden werden. Idealerweise empfinden sie es als ihr Projekt“, machte Lenders dabei klar. Sibylle Herbert ergänzte: „Die Begegnungsstätte ist als ein Ort des Austausches, der Diskussion und des gegenseitigen Kennenlernens eine große Chance für die Stadt.“
Sie „wäre gerade in diesen so unversöhnlichen Zeiten wichtig. Eine auch architektonisch ansprechende Begegnungsstätte würde die Innenstadt aufwerten.“ Für ein solches zukunftsweisendes und stadtteilprägendes Projekt wäre ein Förderverein wünschenswert, der dieses spannende Unternehmen begleiten und unterstützen könnte.
Hintergrund: Ehemalige Synagoge
Die Fuldaer Synagoge wurde in den Jahren 1858/1859 im neu-orientalischen Stil erbaut und 1927 erweitert. Während der Novemberpogrome 1938 wurde sie unter dem SS-Ortskommandanten Otto Grüner zerstört. In den frühen Morgenstunden des 10. November ging das Gotteshaus in Flammen auf. Die Feuerwehr wurde zwar alarmiert, griff aber nicht ein, sondern schützte nur die angrenzenden Gebäude. Anfang 1939 wurden die Reste komplett abgerissen. Die Kosten wurden der jüdischen Gemeinde auferlegt.